Mit Quintzeps und Pullunder

Der sächsische Kabarettist und Comedian Olaf Schubert präsentierte sich wortgewandt auf der Bühne der Kongresshalle.
Gießen. Er habe festgestellt, dass viele gar nicht mehr wissen, wie sie sich auf so einer Veranstaltung verhalten sollen, begann Olaf Schubert seinen Auftritt in der Kongresshalle. »Soll ich schlafen, gähnen, klatschen?« Deshalb habe sein Team das licht-dramaturgische Bühnenkonzept angepasst und eine rote Lampe mitgebracht: »ein Indikator für Freude. Wenn sie angeht, könnt ihr euch wie vom wilden Hans gebissen gebären«, gab der Dresdner Wortakrobat die Richtung des Abends vor. In den folgenden zwei Stunden feuerte der selbsternannte »Weltbürger« und »Freidenker« aus allen verbalen Rohren, überzeugte musikalisch und versuchte sich sogar als »Verkuppler«.
Vorschläge vom »Date-Doktor« v
Bevor es aber zum Treffen der Herzen kommen konnte, musste Vorarbeit geleistet werden - in Form des Musikstücks »Mirko und Sabine«. »Sabine ist sehr hübsch, das findet Mirko auch. Dann ziehen sich beide nackig aus und Mirko legt sich auf Sabines Bauch«, trällerte Schubert, der wie immer mit seinem Markenzeichen auf der Bühne stand: dem »sexy« Pullunder. Fortan drehte sich der Auftritt um die Frage: Mit wem praktiziert man den Geschlechtsverkehr? »Vielleicht ist der heutige Abend hier in Gießen der magische Moment der Offenbarung und das Objekt der Begierde ist »inhäuslich«. Deswegen bat Schubert seine Besucher alle mal nach links und rechts zu schauen: »Gibt es da was attraktives zu sehen?«, fragte der »Date-Doktor«, der selbst anschließend ernüchtert berichtete, von der Bühne aus nicht fündig geworden zu sein.
Doch nicht nur die zahlreichen Zuschauer bekamen vom Comedian standesgemäß einen auf den Deckel. Auch vor seinen Begleitmusikern machte die »ostdeutsche Sexbombe« keinen Halt. Im Song »Ein Junge wurde geboren« berichtete Schubert dann von einem sehr hässlichen Jungen ohne Fähigkeiten, der durch einen gut aussehenden Kerl aus der Gasse geholt wurde. Der Junge sei nun ein Mann, zwar immer noch untalentiert, aber immerhin stünde er mit dem unglaublich hübschen Mann auf einer Stage. Die Moral von der Geschichte: »Ein Happy-End ist nicht immer die beste Lösung.«
Aber nicht nur gesanglich überzeugte der 54-Jährige sein Publikum, sondern vor allem durch seinen Hang zur Wortakrobatik und witzigen Exkursen. So beschwerte sich der Kabarettist über den Kapitalismus, der schon zu Zeiten der Ägypter herrschte. »Als Sklave sah es zappedi-düsterschwarz aus. Da wurde man beim Bau so einer Pyramide schnell mal aus statischen Gründen ins Fundament eingegipst. So eine tragende Rolle ist heute kaum mehr vorstellbar.«
Auch bei »Reizthemen« wie der Impfung trumpfte der Sachse mit Spezialwissen auf. »Impfleugner sind Menschen, die geimpft sind, es aber abstreiten. Dann gibt es noch die Fanatiker, die sich alles reinnageln. Schaschlikspieße holen und rein damit.« Aber es gäbe auch diejenigen, die sich aufgrund von anatomischen Besonderheiten nicht impfen lassen könnten. »Bei mir war es so: Die Impfnadel ist einfach an meinem Oberarm zerschellt. Wahrscheinlich, weil zwischen Bizeps und Trizeps gestochen wurde, am sogenannten »Quintzeps«. Er sei also doppelt ungeimpft, bekannte der Sachse.
Eine tierische Sichtweise legte er in Bezug auf den Klimawandel dar. Es würden zwar gewisse Pflanzen- und Tierarten aussterben, aber es gäbe auch Tiere, die sich vermehren würden, etwa Schweine oder Hühner. »Die Tiere, die sich bemühen, werden nicht aussterben. Um die wird sich der Mensch weiterhin so liebevoll kümmern.« Ein Gegenbeispiel hatte Schubert aber auch gleich zur Hand. »Einfach nur herumzufliegen als Vogel ist völlig sinnlos. Tiere müssen erkennen, dass das Leistungsprinzip auch für sie gilt.«
Schubert fühle sich ebenfalls als Opfer des Klimawandels. Schließlich würden die Heizkosten stetig steigen, was vor allem Menschen mit großen Wohnungen beträfe. »Ich habe den Nordflügel über den letzten Winter kaum warm bekommen und musste fast die halbe kalte Jahreszeit in der Karibik verbringen.« Und wie es sich für eine schräge Stimmungskanone gehört, hatte er nicht nur schlechte Nachrichten im Gepäck, sondern auch Gründe für Optimismus. Etwa beim Song »Nur auf dich kommt es an.« Darin heißt es: »Nicht auf all die anderen, nur auf dich kommt es an. Egal wie dein Geschlecht ist, sei ein Mann. Sei optimistisch, oh fürchte dich nicht. Ich puste dir Rückenwind ins Gesicht.« Ein Corona-Vorschlag in Sachen Sicherheit hatte Schubert auch parat: Die wichtigste Regel sei die »Verdunklung«. So könne sich das Virus nicht orientieren.
Flachs und Frühstück
Zum Ende seines zweistündigen »Flachs-Spektakels« plauderte der in Plauen geborene Komiker passenderweise über den letzten Moment eines jeden Lebens. Er wolle während des Vollzugs am liebsten »sinnlich hinübergleiten«, »kommen und gehen« oder »Aufhören, wenn es am schönsten ist.« Die Antwort auf die Frage, was man vorher machen muss, um einen solchen Lebensabend genießen zu können, lieferte ein Mann aus dem Publikum: »Frühstücken!« »Wir haben schon viel gehört, aber das war noch nicht dabei. Punkt für Gießen, klare Sache. Ohne Frühstück geht nichts«, stellte Schubert amüsiert fest.