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Momente aus dem Flüchtlingsleben

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Claudia Dewald begleitete einen GAIN-Hilfstransport in die Ukraine. Ihre dabei entstandenen Fotografien sind jetzt im Foyer des Stadttheaters zu sehen. Foto: Schultz © Schultz

Gießen. Den Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nahm das Stadttheater zum Anlass für verschiedene Veranstaltungen zu diesem Thema. Dazu zählt auch die Fotoausstellung »Hoffnung Splitter« im Foyer des Großen Hauses, die von Menschen aus der Ukraine und deren Geschichten erzählt.

»Wir sind froh, dass es Menschen gibt, die uns ein Bild von der Lage in der Ukraine geben«, sagte Intendantin Simone Sterr bei der Eröffnung. »Mich hat diese Ausstellung sehr berührt und ich finde sie sehr wichtig, weil sie die Menschen hinter den Nachrichten zeigt.» In der Ukraine werde etwas verteidigt, was uns allen sehr wichtig sein sollte. »Wir sollten da große Solidarität zeigen und daran denken, dass Menschen und Schicksale hinter diesen Bildern stehen, aber auch ein großer Mut und eine große Lebenslust von ihnen ausgehen«, betonte die Intendantin.

Der Gründer der Gießener Hilfsorganisation GAIN (Global Aid Network), Klaus Dewald, berichtete, dass »wir am 24. Februar 2022 mit dem ersten Hilfstransport in die Ukraine gestartet sind«. Bei einem der letzten Transporte fuhr auch GAIN-Fotografin Claudia Dewald mit. Der geplante Grenzübergang in die Ukraine bei der polnischen Grenzstadt Przemysl gelang ihr allerdings nicht. Denn bei der Passkontrolle stellte sich heraus, dass sie nur die leere Hülle dabei hatte und folglich nicht einreisen konnte. Dafür erlebte die Fotografin, wie die Flüchtlinge aus der Ukraine bei -10 Grad warten mussten - nachts im Freien. Sie bemerkte aber auch, wie der örtliche Bürgermeister einen leerstehenden Supermarkt als Unterkunft herrichten ließ. Die GAIN-Leute halfen dabei. »Da kamen am Tag bis zu 35000 Flüchtlinge«, sagt Dewald. »Ich hab dann mitbekommen, wie gut das organisiert war.« Die Polen hätten sich ins Zeug gelegt, um den Menschen zu helfen und der Bürgermeister habe das sehr gut organisiert. »Sie mussten sich registrieren lassen, dann kamen gleich Busse aus verschiedenen Ländern. Unsere Lkw sind dann weiter bis nach Riwne in der Ukraine gefahren«, berichtet Dewald. Dort gebe es eine Kirche, die mit GAIN zusammenarbeitet und von der aus die Waren ins gesamte Land verteilt werden. Dewalds Fotos sind zusammen mit Aufnahmen ihrer ukrainischen Kollegin Margarita Taranenko zu sehen. Hinzu kommen Texttafeln, die emotionale und manchmal auch bedrückende Momente aus dem alltäglichen Flüchtlingsleben schildern.

»Es hat nur eine einzige Mail gebraucht, bis Frau Sterr zusagte«, sagte GAIN-Sprecher Harry Weiss. »Wir wollten nicht nur das Grauen zeigen, sondern Begegnungen ermöglichen. Vielleicht können Sie das ja aus den Biografiefetzen mitnehmen, die wir Ihnen zeigen. Und vielleicht sehen Sie auch Hoffnung in der Zerstörung.« Weiss dankte Schauspieler Roman Kurtz und Orchestermitglied Alexander Schmidt-Ries, die nach dem Kriegsbeginn etwas tun wollten und wie viele Gießener Hygiene- und Lebensmittelpakete organisierten. Außerdem wurde nach den Vorstellungen im Theater Geld gesammelt. »Es kamen enorme 10000 Euro zusammen, dafür sind wir sehr dankbar. Und wir hatten in unserer Lage vergangenes Jahr unvorstellbare 2987 freiwillige Helfer, wir haben Nachtschichten eingelegt, um sie alle einzusetzen.«

Weiss berichtete, wie ihn ein Zehnjähriger in einer Unterkunft am Arm nahm und sagte: »Danke, dass du mich besuchst. Du sieht aus wie mein Papa, du hast nur weniger Haare. Bitte komm wieder. Mein Papa kann nicht wiederkommen, er muss das Land verteidigen.« Dies sei eine Geschichte, »die mich bis heute antreibt, diese Arbeit zu tun.« Wichtiger als das Hilfsgut sei die Umarmung, »denn die bleibt.«

Darüber hinaus schickt GAIN gerade auch Hilfsgüter in die von dem schweren Erdbeben getroffenen Länder Türkei und Syrien.

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