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Müllabfuhr fällt aus, einige Kitas bleiben zu

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Von: Benjamin Lemper

Die Gewerkschaft Verdi weitet die Streiks aus, denn das bisherige Angebot der Arbeitgeber sei »unzureichend«. In einigen Bereichen in Gießen kommt es dadurch zu Einschränkungen. (Symbolbild)
Die Gewerkschaft Verdi weitet die Streiks aus, denn das bisherige Angebot der Arbeitgeber sei »unzureichend«. In einigen Bereichen in Gießen kommt es dadurch zu Einschränkungen. (Symbolbild) © Roland Weihrauch/dpa

Die Warnstreiks, zu denen Verdi aufruft, treffen am Dienstag auch Gießen. Die Gewerkschaft rechnet mit 300 bis 400 Teilnehmern. Mit Einschränkungen ist in verschiedenen Bereichen zu rechnen.

Gießen. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes erhöht die Gewerkschaft Verdi den Druck und weitet ihre Warnstreiks aus. Die nächste Runde trifft nun am Dienstag, 28. Februar, auch die Stadt und den Landkreis Gießen. Beschäftigte der Kommunen und des Bundes, von Verwaltungen, Kitas, Bauhöfen, der Agentur für Arbeit, der Sparkasse und sozialen Einrichtungen wie zum Beispiel der Arbeiterwohlfahrt und der Vitos-Klinik sind aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Dieser Schritt könne »nach dem unzureichenden Angebot der Arbeitgeber« in den jüngsten Verhandlungen die einzige Antwort sein, um die andere Seite »zur Einsicht« zu bringen.

Vom Pendlerparkplatz an den Hessenhallen führt der Demonstrationszug durch die Innenstadt bis zum Kundgebungsort am Kirchenplatz. Treffpunkt ist um 9 Uhr. »Wir rechnen mit etwa 300 bis 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern«, sagt Gewerkschaftssekretärin Saskia Teepe vom Verdi-Bezirk Mittelhessen im Gespräch mit dem Anzeiger. Die Ausstände in Marburg und Wetzlar hätten zuletzt aber gezeigt, »dass immer doppelt so viele Leute erschienen sind wie prognostiziert - wir sind jedes Mal überrannt worden«. Die Gießenerinnen und Gießener sollten sich also auf einige Beeinträchtigungen einrichten.

Stadt Gießen : Müllabfuhr und Straßenreinigung fallen am Dienstag komplett aus. Alle davon betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner werden gebeten, ihre Abfallbehälter und gegebenenfalls ihren Sperrmüll erst am Abend - zur Abholung am Mittwoch - bereitzustellen. Die Behältnisse, die regulär mittwochs bis freitags geleert werden, können »ganz normal« platziert werden. Für den Fall, dass sie doch nicht abgeholt werden, sollten sie jedoch einen weiteren Tag stehen gelassen werden, informiert die Stadt. Auch die telefonische Erreichbarkeit des Servicezentrums sei stark eingeschränkt. Sperrmüll könne am Dienstag zumindest telefonisch nicht angemeldet werden; über das Online-Formular auf der Internetseite der Stadt sei dies aber weiterhin möglich.

Vollständig geschlossen bleiben darüber hinaus die Kitas »Die Schatzinsel«, »Krofdorfer Straße«, »Alter Wetzlarer Weg«, »Märchenland« (Kleinlinden) und »Die Wilde 13« (Lützellinden). Ob in den übrigen, nicht komplett geschlossenen städtischen Kitas »durch Zusammenschluss untereinander Notbetreuungen angeboten werden«, müsse noch geklärt werden. Die Kita-Leitungen stünden mit den Eltern in Kontakt.

Längere Wartezeit

Beim Vitos-Klinikum Gießen-Marburg geht Susanne Richter-Polig von der Unternehmenskommunikation nicht von Einschränkungen bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten aus. Zuvor hatte Verdi bereits erklärt, dass sich aus Kliniken ohnehin stets nur ein Teil der Beschäftigten beteiligen könne, »um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten«.

»Gut aufgestellt« sieht sich zudem die Sparkasse Gießen , sollten einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Streikaufruf folgen. Erfahrungsgemäß, so Unternehmenssprecherin Gina-Maria Lich, könne der Betrieb in solchen Fällen dennoch aufrechterhalten werden.

Abgesehen von längeren Wartezeiten an manchen Stellen erwartet auch die Agentur für Arbeit »keine großen Einschränkungen im Dienstablauf«, berichtet Pressesprecherin Nadine Speier. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass es aufgrund der angekündigten Demo für die Kundinnen und Kunden auf dem Weg zur Nordanlage 60 »zu verkehrstechnischen Problemen und somit zu zeitlichen Verzögerungen« kommen könnte.

Arbeiterwohlfahrt (Awo) Gießen : Awo-Geschäftsführer Jens Dapper bedauert, dass durch die relativ kurzfristige Streikankündigung nur wenig Zeit geblieben sei, sich als Arbeitgeber darauf vorzubereiten. Betroffen seien die Kitas, die Pflegeheime sowie die Wohnungslosen- und Suchtkrankenhilfe. »Wir gehen allerdings davon aus, dass sich unsere Mitarbeitenden trotz des nachvollziehbaren Wunsches nach besseren Löhnen ihrer Verantwortung gegenüber den Betreuten sehr bewusst sind«, betont Dapper. Bei früheren Streikaktivitäten habe das für gewöhnlich gut geklappt. »Das heißt, es waren kaum bis wenige Beeinträchtigungen zu spüren, weil wir Zeit hatten zu reagieren.«

Dennoch ist der Awo-Chef besorgt - vor allem aus zwei Gründen: Erstens sei die Personalsituation angesichts der aktuell hohen Krankheitsrate nicht vergleichbar mit den Vorjahren, weshalb sich die Lage bei einem zusätzlichen Ausfall von Arbeitskräften als deutlich angespannter erweisen würde. Und zweitens »sind gerade in Kitas die Eltern sowie in der Pflege die Kunden und Angehörigen nach all den Belastungen in der Corona-Pandemie besonders sensibel«.

Verdi verlangt in der laufenden Tarifrunde für die Angestellten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Auszubildende sollen 200 Euro mehr im Monat erhalten. Das Arbeitgeber-Angebot sieht eine tabellenwirksame Erhöhung von drei Prozent Ende 2023 und zwei Prozent Mitte 2024 über eine Laufzeit von 27 Monaten vor. Hinzu kommt eine Inflationsausgleichsprämie in zwei Raten von 1500 und 1000 Euro.

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