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»Müssen Arbeit leichter machen«

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Das »Cray X« unterstützt den Mitarbeiter vom »Premio. Reifen- und Autoservice Gräf« beim Heben der Reifen. © Scholz

Der »Premio. Reifen- und Autoservice Gräf« testet die Hebehilfe »Cray X«. Sie soll Muskel-Skelett-Erkrankungen vorbeugen.

Gießen. Die Krankenstandsanalyse im Gesundheitsreport 2021 der DAK spricht eine deutliche Sprache. »Den größten Anteil am Krankenstand hatten 2021 Probleme des Muskel-Skelett-Systems, psychische Erkrankungen und Verletzungen wie Beinbrüche. Die meisten Fehltage gab es wegen Rückenschmerzen oder anderer Muskel-Skelett-Probleme. Mehr als ein Fünftel des Arbeitsausfalls ließ sich damit begründen«, heißt es in der Analyse. »Wir müssen die Arbeit leichter machen, sonst finden wir keine Leute mehr«, betont Michael Stephan. Er arbeitet für die Firma »German Bionic Systems«, die das »Cray X« anbietet. Das ist ein aktives Exoskelett, das Mitarbeiter beim Heben von Lasten unterstützt. In einem Langzeittest bei »Premio. Reifen- und Autoservice Gräf« konnte die Firma die Praxistauglichkeit des Gerätes unter Beweis stellen.

Lösung für bekanntes Problem

Ein leises Surren schallt durch die Werkstatt in der Marburger Straße. Es stammt vom »Cray X«, einer Art kleinem Rucksack, der an Beinen, Bauch und Schultern des Mitarbeiters fixiert ist. Mit stoischer Ruhe und scheinbar mühelos wuchtet er einen Reifen nach dem anderen in die Waschanlage. Das aktive Exoskelett nimmt dem Mitarbeiter einen wesentlichen Teil der Last ab. »Es unterstützt ihn, indem es bis zu 30 Kilogramm Kraft aufbaut«, erzählt Stephan. Mit ihrem Gerät bietet »German Bionic Systems« somit einen Lösungsansatz für ein Problem, das bekanntermaßen nicht neu ist.

Das belegen unter anderem auch die Gesundheitsreporte 2021 vom Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) und der Techniker Krankenkasse (TK) » ›Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems‹ waren, bezogen auf das Gesamtjahr 2020, mit einem Anteil von 17,88 Prozent - wie in den beiden Vorjahren - für den zweitgrößten Anteil an den gemeldeten Fehltagen verantwortlich zu machen. Für den Krankenstand relevant sind aus diesem Kapitel insbesondere Diagnosen von Rückenschmerzen, Bandscheibenschäden, Schulterläsionen sowie Gelenkkrankheiten«, heißt es im TK-Bericht. National und international seien diese Erkrankungen nicht nur die häufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeit, sondern auch von Schwerbehinderung, eingeschränkter beruflicher Einsatzfähigkeit und vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit, schreibt die »Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)« auf ihrer Internetseite. Mehr noch: Die Erkrankungen verursachten auch 21 380 neue Renten pro Jahr durch Minderung der Erwerbsfähigkeit, 17,2 Milliarden Euro Produktionsausfall sowie 30,5 Milliarden Euro Ausfall an Bruttowertschöpfung pro Jahr. Mit ihrem Gerät will »German Bionic Systems« möglichen gesundheitlichen Folgen von schwerem Heben vorbeugen.

Kräfte werden umgeleitet

Das »Cray X« entlaste den Rücken beim Bewegen von Lasten. »Die Kräfte werden von der Lendenwirbelsäule umgeleitet«, erklärt Stephan die Funktionsweise des Exoskeletts. Durch das Brustgeschirr werde der Körper nach oben gezogen, was zu einer graden Haltung führe. Als präventive Maßnahme setzten Unternehmen das Gerät vor allem im Logistikbereich und überall dort ein, wo schwer gehoben werden müsse. Beispiel sei das Kofferband des Flughafens Stuttgart. In Gießen teste man auf Initiative von Premio. Vor allem in der Reifenwechselsaison müssten die Mitarbeiter hier schwere Lasten bewältigen, resümiert Stephan.

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