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Mutige Menschen im Porträt

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An inhaftierte und ermordete Menschenrechtler in der Türkei erinnern die Texte und Zeichnungen, die im ZiBB zu sehen sind. Foto: Müller © Müller

Gießen. Die Menschenrechte werden weltweit immer wieder missachtet und verletzt. Es gibt politisch motivierte Morde, Inhaftierungen von Unschuldigen oder Folter und Misshandlungen. Auch in der Türkei ist die Menschenrechtslage von ständigen Rückschlägen betroffen. Ein aktueller Schwerpunkt der Amnesty International Gruppe Gießen gilt der Situation der Menschen vor Ort.

In Zusammenarbeit mit dem Kunstprojekt »Wahrheitskämpfer« ist eine Ausstellung mit Porträts, Bildern und begleitenden Texten entstanden, die jetzt im Zentrum für interkulturelle Bildung und Begegnung (ZiBB) eröffnet wurde.

»Verhaftungen, Folter, Hinrichtungen. Die Tinte einer einzigen Unterschrift reicht, um solche Urteile zu vollstrecken. Doch deine, unsere Unterschrift kann diese Schicksale auch verhindern. Denn es sind gewöhnliche Menschen wie du und ich, die Regierungen daran erinnern, dass sie nicht tun können, was sie wollen«, eröffnete Marion Adloff mit eindringlichen Worten den Abend. Die Ausstellung solle nicht nur über einzelne Schicksale von Journalisten und Journalistinnen in der Türkei aufklären, sondern auch aktiv helfen. Mit Hilfe von Postkartenaktionen und vorgefertigten Briefen, die an den türkischen Justizminister adressiert sind, konnten die Besucher für die Freilassung von unschuldig Inhaftierten unterschreiben. »Verwenden Sie Ihre Tinte und somit Ihre Stimme für die Gerechtigkeit«, fasste Adloff zusammen.

Ein Porträt beleuchtet etwa das Schicksal der Rechtsanwältin Eren Keskin, die sich seit Jahrzehnten für Menschenrechte einsetzt. Für ihre symbolische Tätigkeit als Chefredakteurin einer pro-kurdischen Zeitung wurde sie zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Vorgeworfen, aber nie nachgewiesen wurde ihr die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation. Mittlerweile ist Keskin in über 140 Verfahren angeklagt worden. Mit Nedim Türfent, einem Reporter der Nachrichtenagentur DIHA, der seit 2016 im Gefängnis sitzt, standen Marion Adloff und Lina Kost, ebenfalls Mitglied bei der Amnesty International Gruppe Gießen, regelmäßig in Kontakt. Er wurde nach mehr als einjähriger Isolationshaft, ebenfalls wegen angeblicher »Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation«, zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Als Beweise wurden 19 Zeugen herangezogen, von denen 18 vor Gericht erklärten, sie hätten unter Folter ausgesagt.

Die ebenfalls an der Ausstellung beteiligte Künstlergruppe »Wahrheitskämpfer« hat es sich zur Aufgabe gemacht, an inhaftierte und ermordete Medienschaffende aus der ganzen Welt zu erinnern. Unter dem Motto »Remember their Faces - Remember their Stories«, gibt es eine Online-Gedenkstätte für »Helden und Heldinnen der Pressefreiheit«. Die Gruppe aus Frankfurt besteht aus über 50 Künstlern. Seit 2015 malen und zeichnen die »Wahrheitskämpfer« und kommen dabei auf eine beachtliche Sammlung von über 550 Bildern, die in einer Online-Ausstellung zu sehen sind sowie als Wanderausstellung gezeigt werden. Ein Teil davon ist momentan im ZiBB zu sehen. »Es ist Ausdruck von Dankbarkeit und Bewunderung von Journalisten, die Schandtaten der Mächtigen aufdecken und dafür bestraft werden«, erklärte Mitglied Fritz Giersbach, der selbst solche Porträts zeichnet.

Die Ausstellung »Die Menschenrechte in der Türkei« ist noch bis zum 20. Juli geöffnet und kann heute und am 20. Juli von 15 bis 17 Uhr im ZiBB (Hannah-Arendt-Straße 10) besucht werden. Eine zusätzliche Veranstaltung mit Vorträgen und einer Lesung findet am 19. Juli ab 18 Uhr statt. Dort beschreiben die »Wahrheitskämpfer« ihr Kunstprojekt und stellen weitere Beispiele ihrer Aktionen vor. Martin Gärtner vom Stadttheater Gießen liest Ausschnitte aus dem Buch des türkischen Journalisten und Autors Ahmet Altan »Ich werde die Welt nie wiedersehen - Texte aus dem Gefängnis«. Außerdem beschreibt ein Mitglied der deutschen »Amnesty-Türkei-Koordinationsgruppe« die Lage der Menschenrechte in der Türkei. Anschließend besteht die Möglichkeit für Fragen und Austausch. An diesem Tag ist die Ausstellung bereits ab 17 Uhr geöffnet. Weitere Infos: www.amnesty-giessen.de und www.wahrheitskaempfer.de. (lix)

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