Nachhaltigkeit im Alltag leben

Bem Thema Nachhaltigkeit stellt sich auch die Frage, was jeder Einzelne tun kann, um sich umweltschonender zu verhalten. Der »Makerspace« in Gießen hatte dazu ein Angebot gemacht.
Gießen. Funktioniert Wirtschaftswachstum nur mit einer Wegwerfwirtschaft? Und wie verträgt sich das mit Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit - das Wort, das derzeit in aller Munde ist. Unter anderem geht es dabei um die Substitution von fossilen Energieträgern und die Schonung von natürlichen Ressourcen. Beim Googeln des Begriffs steht er einerseits als Schlagwort für Konzepte, die gegen den weiteren Raubbau an natürlichen Ressourcen - insbesondere fossiler Energieträger wie Öl - gerichtet sind und umfassende Energieeinsparmaßnahmen vorsehen sowie eine effektive Nutzung erneuerbarer Energien anstreben. Als Beispiel ist energiesparendes Bauen angeführt.
Andererseits sind auch Konzepte gemeint, mit denen unter Beachtung ökologischer Aspekte gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten - wie die bezüglich der Generationen - überwunden werden sollen. Konzepte, mit denen eine stärkere Teilhabe aller Beteiligten an gesellschaftlichen Prozessen angestrebt wird.
Agendagruppe
Eine Agendagruppe, die sich für die stärkere Vernetzung bestehender Nachhaltigkeits-Initiativen engagieren will, wurde dieser Tage in der Stadt Gießen ins Leben gerufen. Bei der Thematik Nachhaltigkeit stellt sich auch die Frage, was der Einzelne tun kann, um sich in seinem Leben umweltschonender zu verhalten. Der »Makerspace« in der Walltorstraße hatte dazu nun ein entsprechendes Angebot an Interessenten gerichtet: »In unserem sehr kompakten Nachhaltigkeits-Kurs lernst du, aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit umzugehen. Was bedeutet Nachhaltigkeit und welche Auswirkungen hat das alles auf dein Leben? Wo liegen die größten Hebel und was kannst du konkret tun?« hieß es. Diese Ankündigung hatte meine Neugierde geweckt, sodass ich mich zu dem Kurs anmeldete.
Johannes Schmid, Soziologe, und Nils Seipel, Umweltmanagement, sind die Initiatoren und zugleich Betreiber des Projektes »Makerspace«, einer innovativen Bildungseinrichtung und zugleich offenen Werkstatt in der Walltorstraße. Ein gutes Dutzend, im Gegensatz zu mir fast ausschließlich jüngere Interessierte sind der Einladung gefolgt. Für die beiden Macher des »Makerspace« existiert Nachhaltigkeit nur in dem kleinen Bereich, wo sich Ökonomie, Ökologie und Soziales gemeinsam überlappen. »Nachhaltig ist nur das, was nicht nur wirtschaftlich, sondern sowohl umweltgerecht als auch gemeinnützig ist.«
Jeder könne sich selbst die Fragen stellen: »Was kann ich sein lassen? Was kann ich tun?« So sei statt einer Ein-Weg-Richtung zur Deponie der Weg der Kreislaufwirtschaft zu bevorzugen. Reduce! - Reuse! - Recycle! (zu Deutsch Reduzieren, Wiederverwenden, Wiederverwerten) sei dabei wichtig. Dafür hält der »Makerspace« unter anderem Näh- und Stickmaschinen für Textilreparaturen bereit. An 3D-Druckern kann sich jedermann für seine defekten Geräte Ersatzteile ausdrucken, nachdem von der Online-Plattform 3dmake.de/thema/thingiverse die Anleitung heruntergeladen ist. Ansonsten steht ein 3D-Scanner zur Verfügung, der das Ersatzteil für den 3D-Drucker abbilden kann. Hingewiesen wird auf die Website de.ifixit.com im Internet, wo es kostenlose Reparaturanleitungen für fast alle Elektrogeräte gibt. All diese Leistungen kosten im »Makerspace« den Nutzern keinen Cent.
Danach der Wechsel zum Workshop-Teil. Ich bin gespannt, was der mir bringt. Gemeinsam können Möglichkeiten zum Energiesparen erkundet werden. Vorgeführt wird, dass ein Liter Wasser im Wasserkocher ein ganzes Viertel weniger an Energie bis zum Kochen verbraucht als das Erhitzen im Kochtopf auf der Herdplatte. Das war mir bekannt. Auch dauert es darauf zweieinhalbmal länger: drei zu siebeneinhalb Minuten. Sei die Herdplatte zu groß für den Topf, könne dies die Hälfte mehr an Energieverbrauch bedeuten. In Versuchen der Teilnehmer wird sodann herausgefunden, dass eine starke, jedoch kaum wahrnehmbare Reduzierung der Helligkeitseinstellung von Monitor und Fernseher mehr als die Hälfte an Strom einspart. Das muss ich zuhause unbedingt ausprobieren. Dagegen verursacht das Stand-by von neueren Geräten selbst aufs ganze Jahr hochgerechnet nur Cent-Beträge und ist deshalb zu vernachlässigen. Gut zu wissen, so mein Gedanke.
CO2-Rechner
Der heimische Kühlschrank, belehrt Seipel, sei meist falsch eingestellt; nämlich zu kalt. »Im mittleren Fach sind sieben Grad ausreichend.« Darüber habe ich mit meiner anderen Haushaltshälfte nicht nur einmal gestritten. Jetzt werde ich herausfinden, wer Recht hat. Selbst einfache Thermometer zum Nachmessen kann man sich neben Strommessgeräten im »Makerspace« kostenlos ausleihen. Jetzt noch schnell meine eigene CO2-Bilanz mithilfe des CO2-Rechners des Bundesumweltamtes uba.co2-rechner.de ermitteln: Mein Resultat ist gar nicht so schlecht - jedenfalls besser als der Deutschland-Durchschnitt. Allerdings erscheint mein Stromverbrauch als viel zu hoch. Da muss ich zuhause unbedingt ran.
Nach dem Kurs haben wir Teilnehmer diverse Möglichkeiten, uns im »Makerspace« in den kommenden Wochen zu betätigen: Wir können uns beispielsweise eine eigene kleine Solaranlage bauen - ein Anschauungsexemplar steht im »Makerspace« - und verschiedene Geräte nutzen. Was man nicht gleich tut und somit auf die lange Bank schiebt, gerät in Vergessenheit. Das weiß ich auch aus eigener Erfahrung. Also nicht abwarten, sondern zeitnah machen hefte ich mir in mein Gedächtnis. »Machen!«