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Netzwerk »Nachhaltigkeit«

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Auch das ist Nachhaltigkeit: Mehrweg-Verpackungen für Speisen »to go«. © Schäfer

Eine weitere Agendagruppe hat sich in Gießen gegründet: Das »Netzwerk Nachhaltigkeit« will drängende ökologische und soziale Probleme angehen.

Gießen. Warum noch eine Agendagruppe? Diese Frage stellte sich bei dem Gründungsvorhaben einer weiteren mit dem Namen »Netzwerk Nachhaltigkeit«. Das städtische Büro Bürgerbeteiligung und Lokale Agenda 21 hatte dazu eingeladen. In der Stadt gibt es bereits neun an der Zahl, von denen sieben aktiv sind. Die Initiative für die neue Gründung ging von Teilnehmern der Arbeitsgruppe »Konsum« des städtischen Klimaschutzmanagements aus. Den Hintergrund bilden drängende ökologische und soziale Probleme wie der Klimawandel, das Artensterben oder soziale Ungleichheiten. Diese erforderten es, alle Kräfte zu bündeln und ergebnisorientiert zusammenzuarbeiten. Wichtig sei eine umfassende Transparenz des politischen und administrativen Handelns. Nur so entstehe ein dafür notwendiges Vertrauen der interessierten Öffentlichkeit. Die genannten Problemlagen, so die Initiatoren, könnten nur in der Beteiligung verschiedenster Akteure bewältigt werden. Neben Unternehmen, Politik und Kommunen seien auch Bürger gefragt.

Prozesse beschleunigen

Um Prozesse nachhaltiger Entwicklung in verschiedenen Themenbereichen in der Region zu beschleunigen (Ernährung, Mobilität, Konsum, Kleidung u. a.), sollen bestehende Initiativen stärker vernetzt, der Austausch intensiviert und neue Allianzen geschmiedet werden. Die Agenda-Gruppe will hierzu einen Beitrag leisten, indem sie Netzwerke intensiviert und verstetigt und neue Kooperationen und Projekte nachhaltiger Entwicklung in Gang setzt.

Michael Bassemir vom städtischen Büro Bürgerbeteiligung und Lokale Agenda 21 leitete die konstituierende Versammlung, an der gut zwei Dutzend Interessierte teilnahmen. Mit der Agenda 21 haben 1992 auf dem UN-Gipfeltreffen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro über 170 Staaten ein internationales Abkommen für ein Aktionsprogramm verabschiedet mit dem Ziel, wirtschaftliche und soziale Entwicklung dauerhaft in Einklang mit Umwelt- und Naturschutz zu bringen, d. h. eine nachhaltige Entwicklung anzustreben.

»Nur wenn viele Menschen auf vielen Ebenen aktiv werden, sind globale Programme wirksam«, heißt es darin. Deshalb haben auch die Kommunen in Kapitel 28 der Agenda den Auftrag erhalten, im Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eine kommunale »Agenda 21« zu erarbeiten. Bürger können sich so mit Ideen und konkreten Projekten an einer nachhaltigen Stadtentwicklung beteiligen.

Das Besondere an dieser Art des bürgerschaftlichen Engagements ist die Beschlussfassung im Konsens, d. h. Beschlüsse können nur gefasst werden, wenn es keine Gegenstimmen gibt. Das erfordert einen intensiven Austausch aller Beteiligten und ein Sich-Aufeinander-Einlassen und Aufeinander-Zugehen. Die Stadtverordnetenversammlung hatte 1998 beschlossen, eine »Lokale Agenda 21 Gießen« aufzustellen. Damit fiel der Startschuss für den Beteiligungsprozess in der Stadt. Gemeinsam erarbeiteten Interessierte, die Politik und die Stadtverwaltung ein Leitbild der Lokalen Agenda 21 für eine nachhaltige Stadtentwicklung, das 2001 von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet wurde. Im Laufe der Zeit fanden sich immer mehr Interessierte in lokale Agenda-21-Gruppen zusammen und arbeiteten dort aktiv zu verschiedenen Themenschwerpunkten. Bassemir erinnerte daran, dass 2018 auf dem Kirchenplatz das 20-jährige Jubiläum dieses Beschlusses gefeiert worden war.

Konsensprinzip kritisiert

Kritik entzündete sich bei der Gründung der neuen Agendagruppe an dem Konsensprinzip. Ein Beschluss könne immer dann nicht gefasst werden, wenn auch nur ein Einziger damit nicht einverstanden sei, so Dietmar Jürgens. Bassemir entgegnete, dass diese Konsensvorgabe sich durch alle Ebenen ziehe. So wird ein Konsensbeschluss einer Agenda-Gruppe bei nachfolgendem Konsens im Treffen der Gruppensprecher an den Agenda-Rat weitergeleitet, dem auch der Ausländerbeirat und der Magistrat angehören. Von hier wird - bei erneutem Konsens - der Antrag zur Entscheidung in die Stadtverordnetenversammlung weitergeleitet. »In den letzten zwei Jahren sind neun Anträge dort einstimmig beschlossen worden«, informierte Bassemir. »Es gibt auch Anträge, die im Agenda-Rat nicht weiterkommen«, merkte er an. Eine umfangreiche Themensammlung für die künftige Arbeit hat sich die neue Agenda-Gruppe bereits erarbeitet.

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