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Neue Brücken bauen

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Von: Felix Müller

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Elisabeth Heine, Johannes Giesler, Elke Hopf, Friederike Meyer, Gerda Weigel-Greilich, Mirjam Aasman, Doris Wirkner und Kerstin Seip (v.l.) stehen für die drei Teilprojekte des Förderprogramms »Jugend stärken« in Gießen. Foto: Müller © Müller

Das bundesweite Programm »Jugend stärken« greift auch in Gießen . Viele niedrigschwellige Angebote werden ausgeweitet, beispielsweise gibt es ein mobiles Büro der Aufsuchenden Sozialarbeit.

Gießen. Das bundesweite Programm »Jugend stärken: Brücken in die Eigenständigkeit - JUST BEst« unterstützt Kommunen dabei, Angebote für junge Menschen bereitzustellen, die besondere Hilfe für ihren Weg in die Selbstständigkeit benötigen. Im Rahmen dieser Aktion hat das Jugendamt der Stadt Gießen drei Teilprojekte initiiert, die durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die Europäische Union gefördert werden. Bei einem Pressegespräch wurden diese nun näher vorgestellt.

Um einen möglichst niedrigschwelligen sowie sozialraumorientierten Zugang zu der Zielgruppe zu ermöglichen, die sich im Alter von 14 bis 26 Jahren bewegt, wurden diese drei Projekte an bekannte, lokale Institutionen angegliedert: Die Jugendwerkstatt Gießen GmbH, die AKTION - Perspektiven für junge Menschen und Familien und die Aufsuchende Jugendsozialarbeit der Universitätsstadt. Letztere erweitert dank der Förderung ihr bestehendes Angebot durch eine »mobile Kontakt- und Beratungsstelle - was viele Vorteile mit sich bringt.

»Durch das bereitgestellte Fahrzeug, dass wir als mobiles Büro ausstatten, sind wir sehr flexibel aufgestellt und können auf Zurufe im ganzen Stadtgebiet reagieren. Zudem gibt es uns die Möglichkeit, die jungen Menschen direkt dort anzusprechen, wo sie sich aufhalten, wie etwa im Skatepark,« erläuterte Johannes Giesler, Mitarbeiter der Aufsuchenden Jugendsozialarbeit. Durch den persönlichen, aber auf freiwilliger Basis beruhenden Kontakt mit den Jugendlichen, sei die Hemmschwelle für diese deutlich geringer, auf Angebote oder Hilfestellungen einzugehen. »Wir arbeiten in deren Tempo, versuchen sie zu aktivieren und motivieren, nicht zu überfordern.«

»Wir haben eine Komm- und Geh-Struktur bei unseren Angeboten in den Sozialräumen der Nordstadt, am Eulenkopf, sowie der Weststadt. Die Institutionen sind bei den Jugendlichen bekannt und auch anerkannt. Wir nutzen diese als Multiplikatoren und bauen Brücken, indem wir die Heranwachsenden an bestehende Unterstützungsangebote heranführen. Dabei gehen wir ganz individuell auf die Bedürfnisse der Personen ein,« erläuterte Elisabeth Heine, von der Koordinationsstelle »Jugend stärken: Brücken in die Eigenständigkeit«. Diese Bedürfnisse können bei den 14- bis 26-jährigen ganz unterschiedlicher Natur sein. »Manche benötigen einfach nur Hilfe bei bürokratischen Angelegenheiten, wie ein Bewerbungsschreiben oder eine Antragsstellung. Andere wiederum müssen an Suchtstellen oder psychosoziale Angebote vermittelt werden,« gab Elke Hopf, Mitarbeiterin der Jugendwerkstatt, Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Zwar müsse hin und wieder viel Motivationsarbeit geleistet werden, allerdings sei es eine »sehr schöne und erfüllende« Arbeit. »Ich kann wirklich dem nachgehen, was die Jugendlichen wollen.«

Die Jugendwerkstatt kann dank der Förderung ihr Beratungsangebot im Nordstadtzentrum, dem Gemeinwesen am Eulenkopf und in der Jugendwerkstatt erweitern und bietet seit dem 1. Januar zwei mal pro Woche eine Beratungsmöglichkeit. Sofern ein erhöhter Unterstützungsbedarf vorliegt, besteht die Möglichkeit, die Beratung zu langfristiger Fallarbeit mit Förderplan auszuweiten. »

Wir möchten die alten, institutionellen Brücken weiter nutzen, aber auch neue Brücken bauen und andere Zugänge schaffen,« kündigte die Geschäftsführerin der AKTION - Perspektiven für junge Menschen und Familien, Doris Wirkner, an. Neben dem bereits beliebten »Internationalen Müttercafé« im Nordstadtzentrum (dienstags 9 bis 12 Uhr), richtet sich das neue Angebot speziell an junge Mütter (bis 26 Jahre). Diese können an dem wöchentlichen »Aktino Plus Müttercafé« teilnehmen, wo jeden Mittwoch von 13 bis 15 Uhr, neben einem kostenlosen Mittagessen für Mutter und Kind, eine Beratung erfolgen kann. »Wir wollen anders und viel unverbindlicher auf die Zielgruppe einwirken. Zwanglos, aber trotzdem zielführend,« so Wirkner.

Oftmals ist der Gang zu den klassischen Behörden, wie dem Jugendamt oder der Jobbörse, für die 14 bis 26-Jährigen mit einer hohen Hemmschwelle verbunden, es gibt oft Vorbehalte gegenüber diesen. Oder es scheitert an ganz praktischen Dingen und die jungen Menschen können die Ämter nur schlecht erreichen. »Wir haben die Möglichkeit, da etwas freier zu agieren und bieten mit unseren auf freiwilliger Basis beruhenden Unterstützungsangeboten einen niedrigschwelligen Zugang und können sie hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsentwicklung und stabilen Lebensführung unterstützen,« erläutert Elisabeth Heine.

Dass es generell mehr Hilfsangebote für diese Altersklasse gibt, sei zwar »gut und wichtig«, aber auch »alternativlos«. »Es gibt immer weniger junge Menschen, dabei brauchen wir sie als Gesellschaft. Wir dürfen nicht nur die Investitionen in die junge Generation sehen, sondern den gesellschaftlichen Mehrwert der folgt,« meint Doris Wirkner. »Im Zuge der Digitalisierung und Individualisierung ist die Chancenungleichheit nur größer geworden. Gleichzeitig wird den Heranwachsenden immer mehr Verantwortung abverlangt. Wir müssen auch sozial schwache Elternhäuser fördern und stärken,« forderte Elke Hopf. Berechtigte Kritik, die allerdings nicht zwingend auf den Standort Gießen bezogen ist - da waren sich alle Beteiligten sicher.

»Generell sind wir ganz gut aufgestellt, wenn es um Angebote im Familien- und Jugendbereich geht. Und durch die enge und gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden haben wir ein tolles, gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut, aber Verbesserungspotenzial gibt es immer,« resümiert Stadträtin Gerda Weigel-Greilich abschließend.

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