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Neue Chororgel als großer Zugewinn

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Mächtiger Klangkörper: Christof Becker, die Marienstiftskantorei, Cappella instrumentalis und Solisten in Lich. Foto: Schultz © Schultz

Ein stimmungsvolles Weihnachtskonzert boten Cappella instrumentalis, die Marienstiftskantorei und Solisten in Lich.

Lich. Ein rundum gelungenes Weihnachtskonzert erlebten die Besucher der voll besetzten Licher Marienstiftskirche am Sonntag. Unter der Leitung von Kantor Christof Becker gespielt wurden Werke von Mendelssohn Bartholdy, Bach und Saint-Saëns; Eva-Maria Anton spielte erstmals die neue Chororgel. Die Zuhörer zeigten sich begeistert.

Kantor Becker machte eingangs in einem luziden Überblick einige wissenswerte Aspekte der musizierten Werke deutlich. Bachs erster Satz geriet »locker leicht, es gibt Einstreuungen in die weihnachtliche Idylle«. Zu Saint-Saëns Weihnachtsoratorium (»Im Werk bedeutend, hier zum erstem Mal aufgeführt«) betonte der Experte die ganz andere Klanglichkeit als bei Bach, gründend auf der sanfteren Art der französischen Kirchenmusik. »Sie werden ganz neue Klänge hören«, versprach Becker dem Publikum.

Vertraut war den Zuhörern Felix Mendelssohn Bartholdys (1809-1847) Kantate »Vom Himmel hoch da komm ich her«. Das Orchester Cappella instrumentalis eröffnete das Stück mit einnehmenden Elan. Die Marienstiftskantorei musizierte warm, mit vollem Klang und zeigte sich als erfahrenes Ensemble. Bariton Jonathan Macker setzte mit schönem Klang und deutlicher Artikulation gleich ein Glanzlicht. Besonders wirkungsvoll war die Mitwirkung der Orgel. Eva-Maria Anton musiziert mit großem Feingefühl und schuf so mit dem warmen, klaren Ton ihres Instruments eine exzellente Abrundung des Ensembleklangs - ein großer Zugewinn. Genau das habe bislang immer gefehlt, hieß es. Zudem zählt der Text zu den am weitesten verbreiteten Weihnachtschorälen und stimmt ein auf das nahende Fest.

Ein sehr gutes Zusammenspiel boten Sopranistin Suh Yoon Chang, das Orchester und die Organistin. Die klanglichen Erwartungen stiegen - und wurden noch übertroffen. Eva-Maria Anton musizierte Johann Sebastian Bachs (1685-1750) »Pastorale« in vier Sätzen für Orgel solo, BWV 590, aus dem Jahr 1720 einfühlsam und stellte peu à peu die zahlreichen klanglichen Facetten des Instruments vor.

Dabei erwies sich die Orgel im einführenden Satz Alla siciliana im Bassbereich als ebenso deutlich wie im folgenden zart musizierten Allemande. Auch der etwas größer musizierte dritte Satz (Aria) im charakteristischen Bachschen Duktus klang transparent. Sehr angenehm waren die sanften doch klaren Tiefen. In der abschließenden »meisterlichen Fuge« (Becker) war ein weiches, elegantes Fließen der Melodielinien im unterschiedlich instrumentierten Klang zu erleben. Eine bessere Einführung konnte das neue Instrument kaum erleben.

Der Abschluss mit Camille Saint-Saëns (1835-1921) Weihnachtsoratorium von 1858 führte dann alle guten Wirkungen nochmals zusammen. Eine attraktive Prelude mit Orgel und Orchester, eine Reminiszenz an Bach, setzte einen besinnlichen Akzent. Das Orchester bewies erneut seine optimale Disposition und lieferte makellosen Wohlklang in größter Transparenz, die Kooperation mit der Orgel war famos.

Der musikalische Leiter Christof Becker legte sein einleuchtendes, harmonisches Programm vor. In seinem präzisen und zugleich emotional engagierten Dirigat führte er die Solisten und Ensembles verlässlich und hatte vor allem die Nuancen voll im Griff. Die Musiker zeigten sich sämtlich bestens disponiert und sicher in der Ausführung, was zu einem kraftvollen, transparenten Klangerlebnis führte.

Die Solisten Suh Yoon Chang, Dorotea Pavone (Sopran), Dalila Dienic (Alt), Jongyoung Kim (Tenor) und Jonathan Macker (Bariton) erwiesen sich nicht erst jetzt ausnahmslos als gelungene Besetzungen. Sie harmonierten auch in den mehrstimmigen Passagen, an Klarheit der Artikulation und Tragfähigkeit der Stimmen gab es nichts auszusetzen, vokale Höhen waren nie grell. So einheitlich ist das selten zu erleben.

Chor und Orchester sorgten dafür, dass die Eigenheiten der sanfteren französischen Kirchenmusik deutlich zutage traten. Der sakrale Duktus führte zu einem strahlenden finalen Halleluja, die Orgel lieferte einen machtvollen Klang. Die Kantorei musizierte erneut ausgewogen, transparent und klangsicher. So ergab sich ein formal wie inhaltlich wunderbar ästhetischer Abschluss. Am Ende gab es dafür minutenlangen Beifall.

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