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Neue Gesichter, Formate, Projekte

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Neues Logo, neue Köpfe: Bei einem Pressegespräch stellte das künftige Leitungsteam um die designierte Intendantin Simone Sterr (Mitte) den Spielplan 22/23 vor (von links): Constantin Hochkeppel, Ayse Güvendiren, Mathilde Lehmann, Sebastian Songin, Lena Meyerhoff, Ann-Christine Mecke, Tim Kahn und Andreas Schüller. © Gauges

Das künftige Leitungsteam des Stadttheaters stellt das Programm der Spielzeit 2022/23 vor. Zu entdecken sind vor allem viele zeitgenössische Stoffe.

Gießen. Noch ist die aktuelle Spielzeit in vollem Gange, noch wird an den nächsten Premieren im Großen Haus und in der kleinen taT-Studiobühne gefeilt, da rückt bereits die kommende Saison ins Blickfeld. Das neue Leitungsteam des Stadttheaters Gießen stellte gestern bei einem Pressetermin den Spielplan 2022/23 vor. Und so viel ist sicher: Es wird sich vieles ändern in dem Haus, dessen Leitung die im Sommer scheidende Intendantin Cathérine Miville nach 20 Jahren an ihre Nachfolgerin Simone Sterr übergibt.

Diese Neuausrichtung beginnt schon mit dem Logo, dass künftig zum grafischen Erkennungszeichen des Hauses und als »Bekenntnis zur Stadt« verstanden werden soll, wie Sterr sagte. Vor allem aber werden neben der Intendanz auch alle weiteren Leitungspositionen der vier Sparten neu besetzt. Und auch die Künstlerensembles, Schauspiel, Musiktheater, Tanz, Kinder- und Jugendtheater, bekommen viele neue Gesichter hinzu - und damit ein ganz neues Gesicht. Die Neuzugänge, darunter alleine vier feste Sänger im Musiktheater, sollen als »Bekenntnis zu festen Ensembles in allen Sparten« verstanden werden, wie die künftige Intendantin betonte.

»Niemals belehren«

Inhaltlich vorgenommen haben sich die Theatermacher ein Programm, das die Realität »beschreibt, ihr bestenfalls etwas hinzufügt, aber niemals belehrt«, wie Sterr formulierte. »Wir werden tunlichst vermeiden, etwas besser zu wissen.« Gleichzeitig soll das Stadttheater seinem Publikum »ein verlässlicher Ort sein, der aber auch beweglich ist, der überrascht und inspiriert.« Schließlich sei »im Theater alles möglich«.

Diesen Anspruch zu erfüllen verspricht schon der Auftakt des Programms am 30. September. Eröffnet wird die Spielzeit mit der Produktion »Posthuman Journey«, eine Trilogie des aus Hongkong stammenden Autors Pat To Yan. Bei dieser von allen Sparten gemeinsam gestalteten Uraufführung werde die Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum aufgehoben und das Theater zum öffentlichen Platz, auf dem die »Bedingungen für eine freie Gesellschaft verhandelt werden«, wie es in der Ankündigung heißt.

Zum weiteren Programm der künftig von Simone Sterr verantworteten Schauspielsparte steht viel Zeitgenössisches und Mit Georg Büchners »Dantons Tod« (Premiere: 23. Oktober) nur ein Klassiker. Stattdessen gibt es auf der Bühne des Großen Hauses die Uraufführung von »Hundepark« (9. Dezember) nach einem erst vor wenigen Wochen erschienenen Roman der Finnin Sofi Oksanen. Um das Aufbegehren der Jugend im Kampf für eine bessere Zukunft steht das aus dem Spanischen übertragene Schauspiel »Mädchenschule« (5. März). Und eine Theateradaption des preisgekrönten Filmdramas »Der Staat gegen Fritz Bauer« folgt am 21. April. Sie erzählt von dem hessischen Generalstaatsanwalt, der in den frühen 1960er Jahren bei den Frankfurter Auschwitzprozessen die Holocaust-Täter vor Gericht brachte.

Im Musiktheater sind bekannte Komponistennamen zu entdecken: Benjamin Brittens »Sommernachtstraum« (11. Februar) steht ebenso auf dem Spielplan wie Puccinis »Tosca« (25. März) und Mozarts »La clemenza di Tito« (19. Mai). Aber auch Entdeckungen kann das Publikum im von der Künstlerischen Leiterin Ann-Christine Mecke und dem neuen Generalmusikdirektor Andreas Schüller verantworteten Programm erwarten. Für den Auftakt im Großen Haus sorgt die »Gefährliche Operette« von Gordon Kampe, zu der auch Texte von zeitgenössischen Schriftstellern wie Sybille Berg, Schorsch Kamerun und Wiglaf Droste gehören. Es folgt Donizettis »Caterina Cornaro (26. November), ein Stück, das vom Leben der titelgebenden Königin von Zypern aus dem 15. Jahrhundert inspiriert ist. In Gießen erlebt dieses Spätwerk seine deutsche szenische Erstaufführung.

Geplant sind darüberhinaus auch neue Formate wie »Previews« am Vorabend der Symphoniekonzerte, bei dem die »Werke im Kleinformat vorgestellt werden und damit auch Menschen ansprechen sollen, die sich sonst vielleicht nicht in den Theatersaal trauen«, wie Andreas Schüller berichtete.

Zu größeren Änderungen kommt es auch in der Nachwuchssparte, die ab der kommenden Saison unter dem Namen »Junges Theater« firmiert. Das von Neuzugang Mathilde Lehmann verantwortete Programm beginnt mit der Uraufführung des Stücks »Luft nach oben« von Fabienne Dürr, das sich an Besucher ab neun Jahren richtet. Darin geht es um drei Kinder, die selbst daran mitwirken wollen,wie ihr Bildungsweg aussieht und welche weiterführende Schule von wem besucht wird. Hinzu kommen unter anderem das Musiktheaterstück »Ente, Tod und Tulpe« (6. November) ab fünf Jahren, das alljährliche Familienstück, diesmal »Das kalte Herz« nach Wilhelm Hauff (12. November), und die Filmadaption »Kriegerin« (11. Februar), die von rechtsradikalen Jugendlichen erzählt.

Neue Stelle

Außerdem übernimmt der aus zahlreichen Gießener Theaterproduktionen bekannte Schauspieler Sebastian Songin die neugeschaffene Stelle eines Theaterpädagogen. Er wird sich mit dreimonatigen Workshops an verschiedene Altersgruppen wenden, um gemeinsame Projekte auf die Bühne zu bringen. »Wir wollen zum Sprachrohr der jungen Leute werden«, kündigt Songin an, der damit zugleich eine Einladung an die hiesigen Schulen richtet: »Kommen Sie zu uns, schließen Sie Kooperationen!«

Und auch der Tanz startet unter seinem neuen Künstlerischen Leiter Constantin Hochkepppel mit einer Uraufführung. »My body a stranger that protects me that kills me« (21. Oktober) heißt das Stück der kubanischen Tänzerin Maura Morales, in der das »Spannungsverhältnis des menschlichen Körpererlebens« verhandelt wird. Hochkeppel hat sich vorgenommen, auch aktuelle gesellschaftliche Fragen in den Blick zu nehmen, etwa mit dem von ihm inszenierten Stück »where we are (at)« (13. Januar), bei dem Individuum und Gesellschaft gegenübergestellt werden.

Ergänzt wird das Programm durch verschiedene Projekte, die über die gesamte Spielzeit angeboten werden sollen. Dazu gehört etwa das von der neu nach Gießen gekommenen Ayse Güvendiren geleitete »Jahr der Erinnerungskultur«, das mittels Performances, Lesungen, Podiumsgesprächen rassistische Anschläge wie Hanau, Solingen, Mölln in dem Blick nimmt und sich dazu unter anderem mit einem mobilen Teegarten in den Gießener Stadtraum begeben wird.

Das komplette Programm der Spielzeit 2022/23 soll ab Mitte Juni als Heftform vorliegen.

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Mit einer »Posthuman Journey« wird die kommende Spielzeit des Stadttheaters Gießen am 30. September eröffnet. © Stadttheater

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