Neue Klangdimensionen

Lich. Zwar nicht in vollem Umfang, doch musikalisch nicht weniger niveau- und glanzvoll lief das Dozentenkonzert der internationalen Meisterklasse für klassisches Saxofon am Wochenende im Mönchssaal der Stiftsruine Kloster Arnsburg ab. Diesmal kam als Instrument noch das Klavier hinzu, was sich als gelungener Einfall und Klangbereicherung erwies.
Vor 18 Jahren fand die erste internationale Meisterklasse für klassisches Saxofon in Laubach statt. Vor zehn Jahren begannen dann die Abschlusskonzerte im Kloster Arnsburg. »Seit zwei Jahren konnte keine Meisterklasse mehr stattfinden, die nächste wird in 2023 laufen«, berichtete Dr. Holger von Paucker, der Initiator der Reihe. Das Konzert wurde tags darauf in Bad Homburg wiederholt.
Meisterklasse wieder 2023
Im Mönchssaal nahmen Jan Schulte-Bunert (Sopransaxophon) und Pianist Florian von Radowitz beim Auftakt mit der Flötensonate g-Moll, BWV 1020 von Johann Sebastian Bach zunächst mit einem wunderschönen Saxofonklang für sich ein: warm, strahlend und mit perfekter Reinheit erfüllten sie den Raum. Der Klang war träumerisch, das Klavier glitt angenehm fließend dahin, bis sich im dritten Satz der barocke Charme wunderbar entfaltete.
Simone Ehinger (Sopransaxophon) und von Radowitz am Klavier musizierten dann drei Romanzen von Robert Schumann für Oboe und Klavier op. 94 und zeigten ein wunderbar emotionales Spektrum. Ehinger musizierte mit klarem, schönem Klang, anscheinend mühelos. Das Klavier, zeigte sich sensibel, es gab kleinere tänzerische Einschübe.
Schulte-Bunert entpuppte sich zudem als eloquenter und witziger Moderator, als er Paul Hindemiths (1895-1963) Sonate für Altsaxofon und Klavier ankündigte. Er setzte am Altsaxofon mit Florian von Radowitz am Klavier einen besonderen Akzent der Rezeption (»Hindemith saß nicht nur im kalten Keller und dichtete karge Verse«). Die Musiker machten in der Klosterruine die Gleichzeitigkeit von sperrigen modernen sowie harmonischen Elementen reizvoll deutlich. Mit narrativem Duktus, rhythmisch und dynamisch und im dritten Satz einfach nur schön, war das etwas Besonderes.
Es folgte ein Saxofontrio mit Jan Schulte-Bunert (Sopran), Arno Bornkamp (Bariton) und Simone Ehinger (Alt), optisch etwas verloren auf der großen, von mächtigen Mauern eingefassten Bühne, im Klang dafür aber umso überzeugender. Sie realisierten Bachs Orgelsonate Nr. 2 in c-Moll, BWV 526. Das klang im sanften Hall der Stiftsruine glockenklar, in barockem Fluss und leichter Stimmung. Im zweiten Satz ein sanftes Gleiten, schön und geradezu lyrisch, schließlich mit Bachschem Groove: toll.
Simone Ehinger (Alt) musiziert sodann solo Thierry Escaichs (geboren 1965) »Lutte«. Zu hören waren einige Gluckser und Knackser wie im Free Jazz, und auch ansonsten herrschte große musikalische Freiheit. Die Ruine ließ den Klang wandern und sich verändern.
Es gab auch besinnliche Momente und schließlich ein sanftes Klappenstakkato.
Das Finale fand wieder im Saal statt, César Francks (1822-1890) Sonate für Violine und Klavier in A-Dur. Arno Bornkamp (Alt) und am Klavier Stanislav Boianov waren bestens disponiert. Es begann mit einem lyrischen, anmutigen Saxofonmonolog. Boianov spielte farbenreich und transparent, zum Ende hin immer dramatischer. Ein nachdenklicher Start des dritten Satzes und einige leicht jazzige Glissandi schlossen das Stück ab. Großartig die zum Ende hin gemeinsame immer intensivere Phase.
So war das Konzert ein hochbefriedigendes Musikerlebnis, erweitert um eine neue klangliche Dimension.