Neuzugang ist 460 Jahre alt

Der umtriebige Wolfgang Bellof hat eine 460 Jahre alte Lutherbibel aufgestöbert und sie dem Heimatmuseum Wieseck zur Verfügung gestellt.
Gießen. Wenn Wolfgang Bellof sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das auch durch. Durch seine Beharrlichkeit und mit viel Zeitaufwand ist der von ihm geführte Heimatverein Wieseck nun Eigentümer einer Lutherbibel. Stolze 460 Jahre hat das Exemplar, das demnächst in einer Sonderausstellung zu sehen ist, auf dem Buckel. Zuvor ist es aber umfangreich in mühevoller Kleinarbeit restauriert worden. Bellof kaufte die Bibel zunächst auf eigene Faust und erkannte sofort, dass hier viel Arbeit drin steckt, um sie in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen und der Öffentlichkeit zeigen zu können.
Der Heimatkundler nahm Kontakt mit dem Bibelmuseum in Frankfurt auf und fragte auch in der Schlossbibliothek Laubach zum Wert des alten Buches, das sehr unter seiner langen Lebensdauer gelitten hatte, nach. Auch beim Bibelsammler Heinrich Rumpf in Buseck schaute der Wiesecker vorbei.
Schabefraß
Arg lädiert zeigte sich die Bibel. Schädlinge wie Papierfischchen, die sich auch von Zellulosefasern ernähren, und Bücherläuse können mit Schabefraß Buchseiten und Einbände beschädigen. Hier seien aber auch Bienen am Werk gewesen, vermutet Bellof. Das Ergebnis spiegelte sich im alten Werk wider. Wolfgang Bellof bekam die Bestätigung von den Experten, dass die Bibel rund 460 Jahre alt ist. Wie sollte es nun weitergehen?
Der rastlose Wiesecker setzte sich mit dem Gutenbergmuseum in Mainz, wo Experten des alten Buchdrucks anzutreffen sind, in Verbindung und suchte nach einem geeigneten Restaurator. Den fand er nicht, wohl aber eine Restauratorin. Denn in Deutschland arbeiten nur Frauen in diesem Beruf, erfuhr Bellof. Das könnte mit der Feinmotorik zusammenhängen, vermutet er. Eine Menge Arbeit steckte in der Aufarbeitung der Lutherbibel. Barbara Hassel bearbeitete sie »fachfrauisch« fast ein Jahr, um es in einen würdigen und ansehnlichen Zustand zu versetzen. Ein Teil der Bibel besteht aus Leder und das musste geschmeidig gemacht werden. Aus abgetragenen Kleidungsstücken als Rohstoff für die Papierherstellung, dem Hader, wurden in der Zeit als die Bibel gedruckt wurde, die Seiten als Original-Büttenpapier gefertigt.
In der Bibel ist eine Widmung an Christian den Dritten, König von Norwegen und Dänemark und Herzog von Schleswig, vermerkt. Mit 4500 Euro kam ein stolzer Betrag für die Restaurierung zusammen.
Froh ist Wolfgang Bellof, dass er finanzielle Unterstützung für seine Anschaffung, die sein ganzer Stolz ist, erhielt: 2000 Euro steuerte die Stiftung der Sparkasse bei, die Kirchengemeinde Wieseck spendete 1000 Euro.
Ab März dürfen Besucher die neueste Errungenschaft im Heimatmuseum bestaunen. Besonders gehegt und gepflegt werden muss das Exemplar bei der Aufbewahrung, gilt es doch auf Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur zu achten. Schließlich soll es noch lange die Interessenten erfreuen, denn es gibt, so weiß der Wiesecker, in Deutschland nur noch zwölf, höchstens dreizehn Exemplare des Buches.
