OB will die »gesunde Stadt«

Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher will einen neuen Sportentwicklungsplan auf den Weg bringen. Er soll 2023 vorliegen.
Gießen. »Die gesunde Stadt« - schon im Wahlkampf profiliert Frank-Tilo Becher diese Idee als sein Konzept für Gießen. Im Amt hält der Oberbürgermeister daran fest, wobei »der Sport eine zentrale Rolle spielt. Und zwar Sport für alle. Für Klein und Groß, Jung und Alt sowie Fitte und solche, die es werden wollen. Um es auf den Punkt zu bringen: Gießen bewegt sich. Prof. Heinz Zielinski sieht allerdings Nachholbedarf, gerade bei den Sportstätten. »Der ganze Bereich muss dringend in eine Planung. Was können wir in fünf Jahren leisten? Wir sind eigentlich ziemlich weit entfernt, Vorzeigestadt zu sein«, sagt der Vorsitzende des Sportkreises Gießen. Für 2023 kündigt Becher als zuständiger Dezernent einen neuen Sportentwicklungsplan an.
Sportkreis sieht Investitionsstau
62 Vereine, die einen finanziellen Zuschuss von der Stadt bekommen. Und das sind längst nicht alle. Profisport. Freie Sportszene. Hochschulsport. Einige Dutzend Sportstätten. Und ein Spektrum, das unter anderem von Aikido über Fußball bis zu Volleyball reicht. Das Sport-Feld in Gießen ist groß. Allerdings macht Zielinski bei den Sportstätten einen Investitionsstau aus. »Hinter der Sporthalle für die 46ers stehen viele Fragezeichen, ebenso wie hinter der Frage, ob beim FC Gießen, einschließlich Sportheim, irgendetwas passiert. Der Verein Blau-Gold braucht dringend nennenswerte Erweiterungsflächen, wenn nicht eine neue Halle. Derzeit ist er auf viele Räume verteilt. Und auch die TSG Wieseck will mit Sportplätzen erweitern«, so der Sportkreisvorsitzende. Zudem gebe es Sporthallen, die dringend saniert werden müssten. »Was passiert ist, ist die Sanierung der Halle der Theodor-Litt-Schule. Sie ist fast fertig und hat rund zwei Millionen Euro gekostet«, erklärt Zielinski. Anders stehe es um die Halle der Liebigschule. Er höre von Verzögerungen, so dass man erst 2025, eher 2026, an der Schule mit einer neuen Halle ausgestattet sei.
»Ich bin nun sechs Monate im Amt, kann ein bisschen Bilanz ziehen und schauen, wo ich als Sportdezernent hin will. Ich sehe einen klaren Handlungsbedarf. Ich entdecke aber auch, dass wir viele Ressourcen haben«, führt der Oberbürgermeister aus. Neben dem Vereinssport nennt er den Schul- und den Hochschulsport. Becher: »Ich nehme wahr, dass wir an diesen Schnittstellen Gespräche brauchen und viele Möglichkeiten haben. Welche Ressourcen gibt es, woher kommen sie, was kann wer von wem lernen?« Auch Krankenkassen und Gesundheitsamt zählt der OB zu den für den Sport maßgeblichen Akteuren. Mit ihnen allen möchte der Dezernent auf den Sport blicken. »In der zweiten Jahreshälfte will ich etwas wie einen sportpolitischen Ratschlag zusammenrufen.« Mit ihm will der Rathauschef in Sachen Sport ermitteln, was in der Stadt durch Organisation und Kooperation an Verbesserungen möglich ist, und was man perspektivisch brauche. Auf dieser Arbeit beruhe schließlich der neue Sportentwicklungsplan. Allerdings werde es noch im Laufe dieses Jahres in Abstimmung mit den 46ers und der Ostschule eine Entscheidung für eine bundesligataugliche Basketballhalle gebe. Geprüft werde derzeit der Ausbau der Osthalle und der Neubau einer Ballsporthalle.
Auch Zielinski verweist auf die Möglichkeit der Kooperation von Vereinen bei der Nutzung von Sportstätten. Den Koalitionsvertrag von Grünen, SPD und Gießener Linke bezeichnet er als gute Grundlage. Die Positionen Sport als kommunale Pflichtaufgabe, Sportentwicklungsplanung vorantreiben, eine jährliche Sportkonferenz und Sportstätten und deren Sanierung »kann ich nur unterstützen. Das ist ein gutes Programm. Entscheidend ist aber die Frage: Wie wird es umgesetzt?« Als Sportkreisvorsitzender wolle er, dass der Sport mehr Initiativen und Notwendigkeiten in die städtische Sportkommission einbringt. »Ich hoffe, dass das mit der neuen Stadtregierung besser klappt«, resümiert Zielinski.
Gymnastik im Theaterpark
Im Zusammenhang mit der gesunden Stadt prüft der OB derzeit, ob »wir in das Netzwerk ›Gesunde Städte‹ eintreten. Das ist auch ein Förderprogramm.« Schwerpunkt sei es, niedrigschwellige Orte der Bewegung in der Stadt zu haben. »Konkret sehe ich das zum Beispiel im Theaterpark. Das könnte ein wunderbarer Ort sein, an dem Senioren Gymnastik, Thai Chi oder ähnliches machen können.« Das passiere auch schon - die Menschen seien schon dort.
»Die finanzielle Förderung ist 2021 mit einer Eckwerteerhöhung von 30 000 Euro ausgestattet worden. Damit ist sie auf insgesamt 370 000Euro Förderung für die Vereine gestiegen«, berichtet Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. Für investive Maßnahmen gebe es darüber hinaus einen Sockel in Höhe von rund 60 000 Euro. Er stehe etwa für die Anschaffung von Geräten zur Verfügung. Darüber hinaus gebe es bedarfsorientierte Projektförderungen, beispielsweise für das Kletterzentrum, den Kunstrasenplatz in Kleinlinden oder das DLRG-Vereinsheim. Zu diesen Geldern addierten sich die Mittel für die Bereitstellung von Sportstätten. »Das bedeutet für 2021, dass über eine Million Euro für insgesamt 62 städtische Sportanlagen aufgewendet wurde«, so der OB. Dabei gehe es unter anderem um Turnhallen, Gymnastikhallen, Fußballplätze und alles, was damit verbunden sei. Alles zusammengefasst gingen rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr in die Sportförderung. Der Schulsportbereich sei nicht eingerechnet. Ihm sei jedoch bewusst, dass es weitere Bedarfe gebe, erklärt der Sozialdemokrat. Dazu zählten auch Themen wie Sport und Inklusion.
Und auch im Bereich der freien Szene geschehe viel, wobei die Stadt etwa den Pumptrack und den Stangenpark in der Wieseckaue geschaffen habe. An der neuen Sporthalle für die Liebigschule werde mit Hochdruck gearbeitet. Aber »im Moment sind alle Infrastrukturmaßnahmen schwergängig durch die ganze Situation, in der die Materialkosten hoch sind und Fachkräftemangel herrscht«, so der OB. (olz)