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»Okay, das ziehen wir durch«

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Von: Felix Müller

Zwei Gießener holen die Poetry-Slam-Landesmeisterschaften nach Mittelhessen. Am Donnerstag geht es im Ulenspiegel los.

Gießen. Das Wochenende steht ganz im Zeichen von Wortspielen, absurden Geschichten und einmaligen Auftritten. Denn in Wetzlar und Gießen finden vom 8. bis 10. September die hessischen Landesmeisterschaften im Poetry Slam statt. Vier Programme in drei Spielstätten bilden die Rahmenbedingungen für den Hessenslam, der dank des Engagements zweier »alter Hasen« nach Mittelhessen geholt wurde.

Die Rede ist von den Freunden und Kollegen Benedict Hegemann und Stefan Dörsing, die regelmäßig Poetry Slams im Ulenspiegel starten. Dort findet nun auch die Eröffnungsshow sowie ein Teil der Vorrunde der Landesmeisterschaft statt. Auch das Duo wird dann auf der Bühne stehen - als Moderatoren. Insgesamt 20 Slammer ringen dann in zwei Vorrundenprogrammen und einem Finale um die Dichterkrone. Doch es ist noch gar nicht lange her, da stand das ganze Event auf der Kippe.

Denn die Corona-Pandemie sorgte bei den Veranstaltern in den vergangenen zwei Jahren für viel Unsicherheit, wenig war planbar. Dennoch stellten Dörsing und Hegemann ihr Konzept für den Hessenslam beim jährlichen »Slam-Master-Treffen«, wo sich alle Initiatoren solcher Shows austauschen, vor - mit Erfolg. »Für uns war es vor allem wichtig, dass diese Geschichte nach den Ausfällen wieder stattfindet. Diese Reihe hat eine gewisse Tradition, sie findet seit 2009 statt. Und da es sonst niemanden gab, der sich darum kümmern wollte, haben wir uns gesagt: Okay, das ziehen wir einfach durch«, berichtet Dörsing, der selbst 2011 und 2012 deutschsprachiger Vizemeister wurde. Weitere Gespräche mit den Kulturämtern in Gießen sowie Wetzlar waren dann vonnöten, ehe die beiden anfangen konnten das dreitägige Event zu planen.

Eine Mammutaufgabe, für die beiden Künstler, die zudem viel weniger Zeit hatten als üblich. »Normalerweise braucht man für den Hessen-slam zwei Jahre Vorbereitung. Wir hatten nicht mal ein Jahr«, erinnert sich Hegemann, der seit 2008 auf der Bühne steht, auch Workshops gibt und als DJ aktiv ist.

Die Zeit nutzten die beiden Kollegen, indem sie eine eigene monatlich stattfindende Poetry-Slam-Reihe im Ulenspiegel etablierten, die seit November erfolgreich läuft. »Zum einen dienen diese Abende zur Vorbereitung für die hessischen Meisterschaften. Vor allem aber wollen wir der Szene in Mittelhessen frischen Wind einhauchen«, lautet der Tenor.

Denn es zeige sich ein Nachwuchsproblem, zudem friste der Poetry Slam wie in seinen Anfangstagen wieder mehr ein »Nischendasein«. Viele Veranstalter haben derzeit Probleme, die Säle zu füllen. Dadurch gäbe es wiederum generell weniger Möglichkeiten sich zu präsentieren. Hinzu käme eine mittlerweile »sehr professionell aufgebaute Slammer-Szene«. »An sich nichts verkehrtes, nur führt das zu sehr hohen Gagen und weiteren Kosten, was etwa Technik und etwa Werbung betrifft. Dinge, die sich viele kleinere Organisatoren nicht mehr leisten können«, erläutert Hegemann. Den Künstlern machen die beiden dabei keinen Vorwurf. Im Gegenteil: Es herrsche viel mehr Druck und Konkurrenz. »Wir stehen zwischen Kinderschuhen und Professionalität,« fasst es Döring zusammen.

Der 34-Jährige hatte 2012 die Ehre, zwei Wochen lang in Chicago mit Marc Kelly Smith, dem Erfinder des Poetry Slams, zusammenzuarbeiten und eine gemeinsame Show auf die Beine zu stellen. In Berührung mit der Dichtkunst kam der in Görlitz geborene Wortakrobat 2004 bei einem Slam im »MuK«, wo er seinen ersten Auftritt hatte und auf Lars Ruppel traf. Auch beim Werdegang von Hegemann spielte der Gambacher Ruppel eine entscheidende Rolle. »2009 gab er einen Workshop an meiner Schule und hat mich direkt gepackt.« Danach folgte »der typische Weg. Ich habe mich durchs Studium prokrastiniert und bin dann in die Selbständigkeit gerutscht«, schmunzelt der 31-Jährige. Im gleichen Jahr kreuzten sich die Wege von Hegemann und Döring.

Für letzteren sind die hessischen Meisterschaften auch ein kleines Heimspiel. »Ich bin hier seit 2010 aktiv und habe dementsprechend etwas aufgebaut. Dadurch genieße ich auch eine gewisse Narrenfreiheit«, sagt Döring. Und genau die wünschen sich die beiden Moderatoren auch für die Teilnehmer des Dichterwettstreits, die ab Freitag den Sieger ermitteln.

Der Hessenslam findet vom 8. bis 10. September in Gießen und Wetzlar statt.

Die Eröffnungsshow im Gießener Ulenspiegel startet am Donnerstag um 20 Uhr mit Musik, Ehrengästen und der ein oder anderen »Zelebrierung des gesprochenen Wortes«.

Tags darauf findet im Ulenspiegel dann ab 18 Uhr die erste Vorrunde statt, bei der sich zehn Kandidaten präsentieren. Die zweite Vorrunde mit zehn weiteren Teilnehmern startet am selben Tag in Wetzlar in der Stadtbibliothek (Bahnhofstraße). Beginn ist hier um 20 Uhr.

Das große Finale wird am Samstag, 10. September, in der Stadthalle in Wetzlar ausgetragen. Beginn ist auch hier um 20 Uhr.

Infos und Tickets für alle Events gibt es im Internet unter www.hessenslam.de. (lix)

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