Ort des Unbewussten und der Anarchie

Gießen (tsa). »Man hat das Gefühl, vier Opern auf einmal zu proben. Die ganze Palette des Musiktheaters scheint hier auf. Alles ist Verwandlung und hat etwas Urmenschliches, etwas Heiliges - Theater pur eben.« So charakterisierte Magdalena Fuchsberger im Pressegespräch Benjamin Brittens Oper »Ein Sommernachtstraum«, die sie in diesen Tagen am Gießener Stadttheater inszeniert und die am Samstag, 11.
Februar, (19.30 Uhr) Premiere feiert.
In diesem vielschichtigen Verwirrspiel, in dem die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen, ist das gesamte Ensemble des Musiktheaters samt Chor mit Kinder- und Jugendchor auf der Bühne zu erleben. Die musikalische Leitung liegt in Händen von Generalmusikdirektor Andreas Schüller. Es spielt das Philharmonische Orchester.
Im Zauberwald herrscht das zerstrittene Elfenkönigspaar Tytania und Oberon. Ein Dämon stiftet Verwirrung, Blumen vermögen wundersame Dinge. Eine Gruppe Handwerker möchte eine »höchst traurige Komödie« proben. Und es finden sich noch vier junge Menschen in dieser magischen Welt wieder, die einander lieben und hassen, sich verteufeln und begehren. Dieser Zauberwald ist ein Ort des Unbewussten, der Anarchie und des Chaos und verwandelt jeden - wie die Theaterbühne selbst, auf der das Ganze spielt. Mit seinem »Sommernachtstraum« wandte sich der britische Komponist Benjamin Britten 1959 der berühmten Shakespeare-Komödie zu, die den ewigen Zauber des Theaters heraufbeschwört. Der auf drei Akte gekürzte Originaltext von Shakespeare wird dabei weitgehend beibehalten.
»Was sind die Menschen doch für Narren!« findet der Kobold Puck. Von diesem Credo lässt sich die Gastregisseurin inspirieren, obwohl Puck bei ihr überhaupt nicht auftritt: Sie hat ihn nach eigener Aussage »immaterialisiert«. Stattdessen scheine Puck mal in dieser, mal in jener Figur auf, erklärte sie im Pressegespräch: »Puck ist überall und nirgends.« Die gebürtige Salzburgerin Magdalena Fuchsberger ist national wie international mittlerweile eine der gefragtesten Regisseurinnen im Musiktheater. Zuletzt wirkte sie an den Theatern in Münster und Graz. Nach Gießen wird sie im Mai an der Wiener Staatsoper »Dialogues des Carmélites« von Francis Poulenc auf die Bühne bringen.
In ihrer Inszenierung am Stadttheater rückt sie die Theaterbühne als Ort der Verzauberung, auf dem auch Amoralisches passieren kann, in den Blickpunkt. Ausstatterin Monika Biegler, die seit 2017 mit Fuchsberger im Team zusammenarbeitet, hält die Szene in einer dunklen Grundstimmung, bewegliche Schnürvorhänge sorgen für eine Fokussierung auf die Bühne als Ort der Verwandlung, wo Imagination und Vorstellungskraft auch mit Glitter, Nebel Seifenblasen und Discokugeln Einzug halten. Die beiden Liebespaare wandeln in identischen Hosenanzügen als Narren der Liebe durch den Zauberwald. Tytania und Oberon, fantasiebegabt auch in Grausamkeiten, treten im Glitzer-Schick der 80er Jahre auf, und die Handwerker sind typische Materialisten, die nur an das glauben, was sie sehen und anfassen können.
Im Glitzerschick der 80er Jahre
Andreas Schüller dirigiert ein kleines Orchester mit »stark differenzierter Besetzung« wie Harfe, Celesta und Schlagzeug. Es gebe spartanische, flirrende Klänge, führte er aus. Britten habe bewusst kantig komponiert und »wahnsinnig viel Text untergebracht«, der in einem musikalischen Eiltempo umgesetzt werden müsse: »Das ist eine große Herausforderung für die Sänger.«
Premiere am 11. Februar um 19.30 Uhr im Großen Haus des Stadttheaters .