Pizza schmeckt auch ohne Salami

»Nachhaltig satt«: Drittklässler der Korczak-Schule beschäftigen sich mit Ressourcenschonung - und lernen, wo ihr Schulessen herkommt
Gießen . »Wo ist die Pizza?«, tönt es durch den Raum, während die Kinder der Klasse 3b der Korczak-Schule Besteck und Geschirr verteilen. In der kleinen Mensa von »Tischlein Deck Dich«, den Verpflegungsbetrieben der ZAUG gGmbH, geht für die Drittklässler mit einem gemeinsamen Mittagessen das Projekt »Nachhaltig satt« von ZAUG und der Stadt Gießen zu Ende. Zwei Tage lang haben sie sich mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen auseinandergesetzt - und der Frage, was eigentlich ihr Schulkantinenessen damit zu tun hat.
Rund 5000 Mittagessen pro Tag werden von Heuchelheim aus an Kindertagesstätten und Schulen in Gießen und Umgebung geliefert. Auch die Korczak-Schule erhält ihre Mittagsmenüs von der ZAUG gGmbH. »Wenn die Kinder erfahren, wo ihr Essen herkommt, spielt das eine große Rolle bei der Akzeptanz«, weiß Anna-Lena Schubert. Sie ist Ernährungswissenschaftlerin bei ZAUGs »Tischlein Deck Dich« und hat dem Nachwuchs an diesem Vormittag nicht nur gezeigt, wie und wo ihr Schulessen zubereitet wird, sondern auch gemeinsam mit den Kindern Pizzateig geknetet und Tomatensoße gekocht.
Mehr Vegetarisches soll auf die Teller
Ein Ziel dabei: Der Nachwuchs sollte selbst erfahren, wie lecker vegetarisches Essen sein kann und dass eine Pizza keine Wurst als Belag benötigt. »Manche Kinder konnten sich zuerst gar nicht vorstellen, dass die Pizza auch ohne Salami oder Schinken schmeckt«, erzählt die Ernährungswissenschaftlerin. Als es dann aber an die Arbeit ging, habe sich niemand mehr am vegetarischen Belag gestört, sondern die eigene Pizza nach Lust und Laune belegt.
Langfristig will man bei »Tischlein Deck Dich« die Zahl der vegetarischen Gerichte erhöhen - und so auch einiges an CO2 einsparen. Bereits jetzt ist von drei unterschiedlichen Gerichten pro Tag mindestens eines vegetarisch. Wichtig sei aber, die Kinder dabei mitzunehmen und ihnen nicht einfach nur das Essen vorzusetzen, betont Schubert. Schließlich wolle man nicht, dass die Lebensmittel am Ende in der Tonne landen. »Der Großteil der Reste entsteht nicht in der Küche«, weiß die Ernährungswissenschaftlerin.
Um zu vermeiden, dass zu viel Essen auf den Tellern übrig bleibt, sei auch eine gute Kommunikation zwischen Caterer und Schule oder Kita wichtig. »Wenn sehr viel zurückgeht oder einzelne Lebensmittel nicht gegessen werden, können wir die Portionen anpassen«, erläutert Schubert. Die Weitergabe von überschüssigen Lebensmitteln etwa an bedürftige Familien sei aus rechtlichen Gründen aber nicht möglich, sagt Kirsten Rappold, Prokuristin und Verwaltungsleiterin der ZAUG gGmbH. Was nicht gegessen wird, lande daher in der Biogasanlage.
Aus Essensresten wird Biogas
Essensreste seien bei der Schulverpflegung immer ein Thema, sagte Stadträtin Astrid Eibelshäuser (SPD). Um sie zu vermeiden, sei es auch wichtig, den Mittagstisch pädagogisch zu begleiten und Kinder zu ermuntern, beim Essen Neues auszuprobieren. Aber wenn das Essen schmeckt, bleibt in der Regel wenig übrig - das war auch beim gemeinsamen Pizzaessen zu sehen. Wer die Portion nicht schaffte, packte sich den Rest in eine Brotdose, bevor es mit dem Bus zurück nach Gießen ging.
Vor dem Ausflug nach Heuchelheim fand bereits ein Projekttag in der Korczak-Schule für die drei dritten Klassen statt. Gemeinsam mit Klassenlehrer Luritz Toplak und Janina Brendel, Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik in der Stadt Gießen, haben die Kinder zum Beispiel erfahren, was Fairer Handel bedeutet und wie viele Kilometer ein Apfel zurücklegt, ehe er als Pausenverpflegung in ihrem Schulranzen landet.
Vieles zum Thema Nachhaltigkeit sei den Schülerinnen und Schülern bereits bekannt, hat die Koordinatorin festgestellt. »Aber man muss den Zusammenhang herstellen: Was hat das konkret mit meinem Essen zu tun?«
Welche und wie viele Ressourcen werden benötigt, um am Ende ein Stück Fleisch auf dem Teller liegen zu haben? Welches Obst und Gemüse hat jetzt gerade Saison? Und wofür stehen eigentlich die unterschiedlichen Siegel auf den Produktverpackungen? Das sind nur einige der Fragen, die beim vierstündigen Projekttag in der Grundschule beantwortet wurden. Es ist nicht das erste Mal, dass die Stadt und die ZAUG gGmbH das gemeinsame Projekt durchführen; den Anfang machte im vergangenen Jahr die Goetheschule. Weitere Grundschulen sollen laut Stadträtin Eibelshäuser folgen.