Pläne für UKGM weiter in Kritik

Während der private Betreiber des Uniklinikums Gießen-Marburg ein Umsatzplus verbucht, fordert das Aktionsbündnis die Rückführung der fusionierten Krankenhäuser ans Land.
Gießen . »Zielvorgaben erfüllt«, vermeldet der Betreiber des Uniklinikums Gießen-Marburg (UKGM), die Rhön-Klinikum AG, in ihrer jetzigen Pressemitteilung zum Geschäftsjahr 2021. Demnach stieg der Umsatz um 3,1 Prozent auf nunmehr 1,4 Milliarden Euro an und erhöhte sich das Konzernergebnis um 27,7 auf 30,2 Millionen Euro. Diese Zahlen dürften dieses Jahr auf weitaus größeres Interesse als in der Vergangenheit stoßen. Wurde doch erst vor einigen Wochen bekannt, dass das Land Hessen der börsennotierten Rhön-Klinikum AG - die sich mittlerweile unter dem Dach der Asklepios-Gruppe, einem der größten Klinikbetreiber Deutschlands, befindet - bis 2031 mit fast einer halben Milliarde Euro an Investitionsmitteln für Infrastruktur und medizinische Geräte an beiden UKGM-Standorten unter die Arme greifen möchte. »Eine verbindliche Vereinbarung« der Vertragsparteien wird zwar erst im zweiten Quartal 2022 erwartet, lässt Rhön-Vorstandsvorsitzender Dr. Christian Höftberger wissen.
Doch die Kritiker dieser Pläne für die bereits 2006 als Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH fusionierten und privatisierten Krankenhäuser sind schon jetzt schwer in Fahrt. Allen voran das Aktionsbündnis »Gemeinsam für unser Klinikum«, dem zahlreiche aktuelle und ehemalige Beschäftigte beider Standorte angehören.
»Argumentation bricht weg«
In einer eigenen Mitteilung erinnern Bündnisvertreter daran, dass die Aktiengesellschaft damals »explizit auf eine öffentliche Förderung in Form von Investitionskosten verzichtete«. Gleichzeitig habe sich die frühere Landesregierung unter Führung von Ministerpräsident Roland Koch mit dem Verkauf beider Klinikstandorte »der Investitionspflicht entledigen wollen«. Zumal Gießen wie auch Marburg unter einem erheblichen Investitionsstau litten, der sich über die Jahre immer weiter vergrößert und teils sogar zur Schließung von Operationssälen geführt hatte. Wenn das Land nun trotzdem dazu bereit sei, eine solch hohe Summe in Infrastruktur und Geräte zu investieren, »bricht die Argumentationsgrundlage des damaligen Ministerpräsidenten für die Privatisierung weg«, heißt es im Schreiben des Aktionsbündnisses, das von Klaus Hanschur (ehemals Betriebsratsvorsitzender in Gießen) und Mark Müller unterzeichnet ist.
Weil zudem die Betriebskosten durch die Krankenkassen getragen würden, »könnte und müsste das Land Hessen das Klinikum doch auch wieder betreiben«, fordert man. Dies hätte den »unschätzbaren Vorteil, dass die erwirtschafteten Gelder beim Land bleiben und nicht an den Konzern abgeführt werden, sondern dem Land in voller Höhe für Reinvestitionen in die Unikliniken zur Verfügung stehen«. Als Folge daraus erwartet sich das Bündnis »eine weitere Entlastung der Beschäftigten und der Forschung und Lehre an den Kliniken sowie eine bessere Behandlung der Patienten«, ist zu lesen.
Zugeständnisse und Pragmatik
Vonseiten der Rhön-Klinikum AG macht der Vorstandsvorsitzende darauf aufmerksam, dass »dem UKGM eine angemessene Investitionsförderung zusteht, so wie sie in dem im deutschen Krankenhausfinanzierungsrecht verankerten Prinzip der dualen Finanzierung vorgesehen ist«, betont Höftberger. Demnach »werden die Investitionskosten von den Bundesländern getragen«. Gleichzeitig zeigt er sich aber auch »zu Zugeständnissen bereit. Wir waren immer offen für eine pragmatische Lösung, wenn sie dem UKGM effektiv hilft«.
Im Gegenzug für die rund 490 Millionen Euro Investitionsmittel, die verteilt über zehn Jahre nach Gießen und Marburg fließen sollen - wobei die Verteilung projekt- und bedarfsbezogen sein wird -, erwartet das Land vom Inhaber, während der Vertragslaufzeit den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und die Ausgliederung von Betriebsteilen zu garantieren. Diese Garantie wiederum wird von den Bündnisvertretern angezweifelt. Sie befürchten gar, dass hierfür »eine gefährliche Hintertür offengehalten wird«. Schließlich könnten durch die Ausgliederung verschiedener Bereiche, wie etwa der IT, »weitere Gewinne aus dem Unternehmen abgeführt werden«. Eine solche Zersplitterung der Unternehmensstruktur könnte gleichzeitig zur Folge haben, dass Betriebsräte und Tarifverträge »zerschlagen werden, was immer zum Nachteil der Beschäftigten, Lehrenden, Studierenden und Patienten führt«, argumentiert man. Auch das vereinbarte Vorkaufsrecht des Landes erscheint den Kritikern suspekt: »Hier stellt sich die Frage: Was bringt ein Vorkaufsrecht ohne eine vorhandene Kauf- oder Verkaufsabsicht?«
Abschließend bekräftigt das Aktionsbündnis die übereinstimmende Ansicht von Privatisierungsgegnern im Gesundheitswesen, wonach »ein Uniklinikum nicht der Spielball der Interessen von Aktionären sein darf«. Daher fordert man erneut »die Rückführung der UKGM GmbH zum Land«.