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»Politik will von ihrem Versagen ablenken«

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Von: Rüdiger Schäfer

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»Hoch mit dem Klimaschutz! - Runter mit der Kohle!« skandieren 80 Teilnehmer auf der Kundgebung am Kugelbrunnen. Foto: Schäfer © Schäfer

Bei einer »spontanen kreativen Versammlung« am Kugelbrunnen in Gießen wenden sich die rund 80 Teilnehmer gegen die »Kriminalisierung der Klimabewegung«.

Gießen (rsa). Bei einer »spontanen kreativen Versammlung« am Kugelbrunnen haben Demonstranten am Donnerstagabend die tags zuvor in sieben Bundesländern durchgeführten Razzien gegen Klimaaktivisten der »Letzten Generation« auf das Schärfste verurteilt. Bei den Maßnahmen waren auch Konten eingefroren worden. Der Vorwurf lautet: »Bildung einer kriminellen Vereinigung«.

80 Teilnehmer waren nun dem kurzfristigen Aufruf der Gießener Initiative von »Fridays For Future« gefolgt. Wie deren Sprecher Finn Emmerich betonte, sei es das Ziel der »völlig übertriebenen« Durchsuchung gewesen, die Klimaaktivisten einzuschüchtern. »Ich sehe die Anstrengungen der Politik lieber in der Umsetzung von Klimazielen statt in Repressalien gegenüber Klimaprotesten«, so seine Kritik.

Rednerin Josie wies zugleich den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, hier gehe es um »Extremismus und Terrorismus«, rigide zurück. »Das ist absolut gelogen. Es handelt sich nicht um kriminellen Straftaten, die begangen werden.« Philipp Wächter bezeichnete das, »was gestern passiert ist«, als »übergriffig«. Denn all das seien Dinge, die man eher mit Reichsbürgern und Verbrecherbanden assoziiere. »Sollen die Klimaaktivisten etwa mit denen auf eine Stufe gestellt werden?« Terrorvorwürfe und RAF-Vergleiche beförderten aber lediglich die Spaltung der Gesellschaft. Die Politik nutze dies als Strategie, um von ihrem Versagen abzulenken. Verfolgt würden diejenigen, »die den Mut haben, dies auszusprechen«.

Von der Marburger Widerstandsgruppe der »Letzten Generation« ergriff Irene von Drigalski das Wort: »Alles, was wir tun, ist transparent und bekannt.« Ihre Anliegen hießen 9-Euro-Ticket, Tempolimit und Gesellschaftsrat. Es sei die Regierung, die »Tag für Tag« die Gesetze brechen. Friedlicher Protest sei ein demokratisches Recht.

Gerhard Keller wies darauf hin, dass Martin Luther King 30-mal im Gefängnis saß, Mahatma Gandhi acht Jahre in Südafrika und Indien eingesperrt war. »Heute werden die ehemals als Straftäter verurteilten in Sonntagsreden als Helden gefeiert.« Manchmal von den gleichen Politikern, die die »Letzte Generation« als Kriminelle denunzierten. »Die Hetzer-Zeitung BILD hat es in diesem Land schon einmal fertiggebracht, dass ein Anführer der Studentenbewegung, Rudi Dutschke, von einem aufgehetzten Hilfsarbeiter niedergeschossen wurde«, warnte Keller.

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