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Preiserhöhungen bleiben nicht aus

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In den Mensen werden alle Speisen frisch zubereitet. Foto: Docter © Docter

Auch das Studentenwerk Gießen muss auf steigende Energiekosten und Lieferprobleme bei Lebensmitteln reagieren. Verantwortliche erklären, wie man mit dieser Herausforderung täglich umgeht.

Gießen . Sie versorgen täglich Tausende Studierende und Beschäftigte der heimischen Hochschulen mit Speisen und geben vielen jungen Menschen ein Dach über dem Kopf. Und das zu günstigen Preisen, die sich nach den finanziellen Möglichkeiten richten, die Personen haben, die noch am Anfang ihres Lebensweges stehen. All diese Aufgaben zu bewältigen, wird den Mitarbeitern des Studentenwerks Gießen jedoch immer schwerer gemacht. Schuld sind auch hier die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs in Form gestiegener Energiekosten und teilweise knapper gewordener Lebensmittel. Wie es aktuell aussieht und welche Preiserhöhungen demnächst anstehen, schildern im Gespräch mit dem Anzeiger Tilman Dabelow, stellvertretender Geschäftsführer und Leiter des Controlling-Bereichs, und Guido Wolf, Leiter der Hochschulgastronomie.

Zunächst die für regelmäßige Mensa-Besucher wohl beste Nachricht: »Wir haben auf den Speiseplänen bei den Gerichten momentan keine Einschränkungen vorgenommen«, erzählt Dabelow. Dabei kann man normalerweise aus »circa 2900 Artikeln im Portfolio« wählen, um die Speisen zusammenzustellen, berichtet Wolf. Inzwischen sei es aber so, dass »wir nicht mehr alle bekommen, wie früher«. Zwei davon, die mit am häufigsten gebraucht werden, sind derzeit mit besonders hohen Preissteigerungen im Einkauf verbunden: Rapsöl und Tomaten, letztere mit einer Verteuerung um 45 Prozent. Wie überaus wichtig Tomaten für die frisch zubereiteten Speisen in Mensen, Cafeterien und den aufgestellten Automaten sind, zeigt ihre breite Verwendung für Soßen, Bolognesen oder als Pizzabelag, zählt Wolf auf.

»Plan B« in petto

Als »klassisches Beispiel« für ein Lebensmittel, das von Rapsöl abhängt, nennt Dabelow die allseits beliebten »Pommes«. Hier gibt es aber eine gute Alternative, die jetzt häufiger mal ihren Weg auf die Speisekarte findet: »Wedges«, also Kartoffelspalten. Ihr Vorteil: »Wir können sie mit Heißluft zubereiten«, sagt der Gastronomieleiter. »Pommes«, sei es auf dem Teller oder in der Tüte, bleiben dennoch weiter im Angebot, so Dabelow.

Ein weiteres Problem: »Alle langfristigen Lieferverträge wurden von unseren Lebensmittellieferanten aufgekündigt«, schildert Wolf. Da sich die Verfügbarkeit von Produkten rasch ändern kann, können die Lieferfirmen jetzt nicht mehr vereinbarte Mengen zu denselben Preisen garantieren. So komme es vor, dass »wir 600 Portionen bestellt haben, dann aber nur 200 bekommen«, erzählt Dabelow. Doch darauf sei man bei der Planung vorbereitet, sodass »der Plan B schnell mal zum Plan A plus werden kann«, sagt Wolf. Sämtliche Essen werden vom Wissenschaftsministerium subventioniert. Doch fordert man auch in Wiesbaden von den Studentenwerken »Kosteneinsparungen«, ergänzt Dabelow.

Die Entwicklung der Einkaufspreise haben die Verantwortlichen in Gießen ständig im Blick, um sie sofort in die Kalkulation miteinzubeziehen und direkt an den Kunden weiterzugeben. Das könne dann auch schon mal eine Preissenkung bedeuten. Doch gehen die Ausschläge deutlich häufiger in die andere Richtung. Wobei sich die jüngsten Preiserhöhungen in den Mensen recht moderat anhören, etwa ein Euro statt vorher 70 Cent pro 100 Gramm Salat oder 60 Cent mehr für die Beilagenschale mit Gemüse.

Bei den über 3400 Wohnheimplätzen, die das Studentenwerk an den Hochschulstandorten Gießen, Friedberg und Fulda unterhält und mittlerweile zumeist mit Fernwärme beheizt, kommt es ebenfalls zu preislichen Veränderungen. Dies betrifft zunächst die Nebenkosten. »Die Betriebskostenpauschale steigt um 16 Prozent«, sagt Dabelow. Im Durchschnitt mache das für jeden Mieter monatlich etwa 20 Euro mehr aus. Für Neuverträge gilt die Regelung seit diesem Monat, für Bestandsmieter ab September. Die Kaltmieten bleiben dagegen vorerst stabil und sollen erst im März 2023 um 1,6 Prozent steigen, kündigt er an.

Suche nach Firmen

Da die Wohnheimplätze generell sehr gefragt sind, schafft das Studentenwerk derzeit etwa 350 neue. Auf dem früheren Sportplatz zwischen Bernhard-Itzel- und Carl-Franz-Straße entsteht das Bauvorhaben »Westside«. Der voraussichtliche Bezug ist für das Wintersemester 2023/24 vorgesehen. Doch ob das klappt, kann zurzeit keiner so genau sagen. Denn »es wird zunehmend schwieriger, Firmen dafür zu bekommen«, erzählt Eva Mohr. Laut der Leiterin der Unternehmenskommunikation seien »immer öfter Neuausschreibungen notwendig«. Bei anderen Gebäuden geht es auch darum, WGs - deren Beliebtheit offenbar nachlässt - so umzubauen, dass jeder Bewohner seinen eigenen Hygienebereich hat und nur die Küche noch gemeinsam genutzt wird.

Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit habe das Studentenwerk »massiv an Umsatz verloren«, berichtet Tilman Dabelow. Der für dieses Jahr kalkulierte betrage 42 Prozent des Umsatzes von 2019. 2020 und 2021 war es, auch bedingt durch die Lockdown-Phasen, noch weniger. Zudem ist viel Küchenpersonal während der Pandemie verloren gegangen, einerseits durch vom Studentenwerk nicht verlängerte kurzfristige Saisonarbeitsverträge, zum anderen hätten sich frühere Mitarbeiter inzwischen beruflich umorientiert, sagt der stellvertretende Geschäftsführer. Derzeit absolvieren acht junge Leute eine dreijährige Ausbildung zum Koch, merkt Guido Wolf an. Die wird das Studentenwerk angesichts der vielen hungrigen Mäuler, die es tagtäglich zu stopfen gilt, auch gut gebrauchen können.

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