Prophetische Filmemacher
Gießen (red). Auf Initiative des Gießener Zentrums Östliches Europa (GiZo) der Justus-Liebig-Universität wird auch in diesem Jahr »Go East«, das Festival des mittel- und osteuropäischen Films, drei Produktionen aus dem Wettbewerb im Kinocenter Gießen in der Bahnhofstraße präsentieren. Das »Go East« findet zum 23. Mal in Wiesbaden statt. Seit 2017 zeigt es auch in Gießen eine Auswahl.
Den Anfang macht am 2. Mai der ukrainische Film »Atlantida« des Regisseurs Valentyn Vasyanovych. Der Film hat aus dem Hier und Jetzt betrachtet prophetische Eigenschaften: Er spielt in der Ostukraine der nahen Zukunft, wo die Folgen eines russischen Krieges menschliches Leben nahezu unmöglich gemacht haben. Hier wohnt Kriegsveteran Serhii, der an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Die Begegnung mit Katya, einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin der Organisation »Schwarze Tulpe«, ändert seine Perspektive auf das Leben.
Am 3. Mai kommt dann mit der kroatisch-serbischen Koproduktion »Stric« eine psychologische Weihnachtsgroteske nach Gießen. Im Erstlingswerk des Regieduos David Kapac und Andrija Mardešic steht ein traditionelles kroatisches Weihnachtsfest vor der Tür: Mutter, Vater und erwachsener Sohn schmücken den Baum und bereiten das Essen vor. Sie warten auf den Onkel, der extra aus Deutschland mit dem Mercedes-Benz anreist und tolle Geschenke mitbringt. Alles könnte perfekt sein, wäre nicht der Truthahn zu kurz im Ofen gewesen und die Weihnachtskekse etwas zu lange - und würde nicht schnell klar werden, dass dieses Weihnachtsfest und dieser Onkel nicht das sind, was sie zu sein scheinen.
Zum Abschluss zeigt das GiZo am 4. Mai den Animationsfilm »My love affair with marriage« der lettischen Filmemacherin Signe Baumane. Sie zeigt den Weg der burschikosen und willensstarken 7-jährigen Zelma durch die Institutionen eines gender-normierenden sowjetischen Bildungssystem der 1970er und 80er Jahre, die postkommunistischen Erfahrungen als Osteuropäerin mit »Westkulturen« bis hin zur selbstbestimmten Frau, die mit sich und ihrer spezifischen Identität als Frau im Reinen ist.
Alle Filme sind rund 105 Minuten lang und werden in der Originalsprache mit englischen Untertiteln gezeigt. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Die Vorführungen richten sich nicht nur an Studierende, sondern an alle Interessierte.