RP weist Haushaltsentwurf zurück
Die Stadt Gießen muss nacharbeiten: Die Kommunalaufsicht sieht beim Etat für 2023 ein »Missverhältnis« zwischen Investitionsprogramm und Realisierbarkeit
Gießen (red). Der Kämmerer muss nachbessern: Das Regierungspräsidium (RP) Gießen als Kommunalaufsicht hat den Gießener Haushaltsentwurf 2023 nicht genehmigt und zur Überarbeitung zurück an die Stadt überwiesen. Das hat die Stadt am Freitagabend mitgeteilt. Insbesondere das vorlegte Haushaltssicherungskonzept sei demnach angesichts des fehlenden Ausgleichs bei der mittelfristigen Finanzplanung so nicht ausreichend, argumentiert das RP und fordert eine Überarbeitung.
Bürgermeister und Kämmerer Alexander Wright (Grüne) will dem schnellstmöglich nachkommen: »Wir brauchen die Planungssicherheit schnellstmöglich, um den vielen Anforderungen, die Bürger/innen auch an die Infrastruktur einer Stadt stellen, gerecht zu werden«.
Aus dem kritisierten Finanzhaushalt werden alle Investitionen in zum Beispiel Gebäude, Wege und Straßen finanziert. Aufgrund des in vielen Städten bestehenden Investitionsstaus - insbesondere auch bei Schulen - hatte die Stadt einen ambitionierten mittelfristigen Plan vorgelegt, der letztlich einen Fehlbetrag in Höhe von rund 64 Millionen Euro für die Jahre 2023 bis 2026 ausgewiesen hat.
Die städtische Argumentation im beschlossenen Haushaltssicherungskonzept, wie diese Fehlbeträge dennoch ausgeglichen werden können, reicht der Kommunalaufsicht jedoch nicht aus.
Der Ausgleich müsse »möglichst schnell nachvollziehbar« dargestellt werden. Für die Frage, wie dies geschehen solle, gibt das RP zwei Hinweise: einerseits sei der Stellenplan kritisch zu überprüfen und zu überlegen, »ob die Stellenplanzahl tatsächlich unbedingt erforderlich« sei. Andererseits weist er kritisch auf »das Missverhältnis zwischen dem Umfang des Investitionsprogramms und der tatsächlich realisierbaren Projekte« hin.
Bürgermeister Wright bedauerte in einer ersten Reaktion diese »harte Kritik«, für die er in diesem Umfang angesichts der insgesamt freundlichen wirtschaftlichen Situation des Stadthaushalts keinen Anlass sehe. Sowohl was die Anzahl der Stellen als auch das Verhältnis von geplanten Maßnahmen und ihrem Umsetzungsgrad angehe, liege der Fehler im System, dem sich alle Kommunen aufrieben: Durch eine Vielzahl von Vorgaben lasse sich weder bei Personalbesetzungen noch bei Bauprojekten jeweils realistisch einschätzen, wann Geld fällig werde.
»Wir haben viele unbesetzte Stellen und wir leiden wie alle unter den enormen Zeitverzögerungen im Bau. Gleichzeitig sind wir gezwungen, unsere Haushalte so zu planen und sie so künstlich aufzublähen. Im Ergebnis haben wir immer ausgeglichen und mehr als das: Wir haben sogar hohe Rücklagen bilden können.« Gleichwohl werde man den Vorgaben nachkommen und die planmäßigen und planbaren Abbaupfade genauer beschreiben, kündigte er an.
Nicht betroffen von der Kritik sei der Ergebnishaushalt. In ihm werden die laufenden Kosten der Stadt abgebildet. Hier stehen Fehlbedarfen Rücklagen aus Überschüssen der Vorjahre gegenüber. Wright geht davon aus, »dass dieser nicht kritisierte Teil des Haushalts genehmigt werden kann«.