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Stadtparlament friert Schwanenteich ein

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Von: Ingo Berghöfer

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Mit Interesse, aber auch mit Zwischenrufen, verfolgten Mitglieder der BI Schwanenteich die Parlamentssitzung. Foto: Schäfer © Schäfer

In den nächsten drei Jahren wird es keine Baumfällungen, aber auch keine Sanierung des undicht gewordenen Damms in Gießen geben.

Gießen . Von vorweihnachtlicher Besinnlichkeit war in der letzten Stadtverordnetenversammlung des Jahres am Donnerstagabend wenig zu spüren. Dafür kochten vor allem bei einem Tagesordnungspunkt im Sitzungssaal des Rathauses noch einmal die Emotionen hoch. Mit den Stimmen der grün-rot-roten Koalition, Gigg+Volt, CDU, FDP und Freien Wählern sowie gegen das Votum von AfD, »Die Partei« und Martina Lennartz legte das Parlament die Sanierung des Schwanenteichs für drei Jahre auf Eis. Bis zum 15. Dezember 2025 werden also die Bäume auf dem Uferdamm nicht gefällt, der Damm selbst bleibt aber auch weiterhin für Fußgänger gesperrt.

Zufrieden ist keiner

Die Stadtverordneten zogen damit die Konsequenz aus dem erfolgreichen Bürgerbegehren der Bürgerinitiative (BI) »Rettet die Bäume am Schwanenteich«, verhinderten damit aber auch einen Bürgerentscheid. Weil bei keiner der bekannten Varianten der aktuelle Bestand an Bäumen und Sträuchern erhalten bleibe, erlaube der Wortlaut des Bürgerbegehrens keinen Kompromiss, heißt es in dem Magistratsantrag, mit dem der Konflikt eingefroren, aber nicht gelöst wird.

In der Debatte vor der Abstimmung zeigte sich, dass mit diesem Kompromiss keiner so recht zufrieden war. »Durch das Bürgerbegehren haben wir eine verfahrene Situation«, stellte Fabian Mirold-Stroh von den Grünen fest. Mit den aktuellen technischen Möglichkeiten gebe es keine Chance, den Teich zu sanieren und den Baumbestand zu erhalten. Es sei auch nicht hinzunehmen, dass aus den Reihen der BI den Mitarbeitern des Gartenamtes, die nach sorgfältiger Prüfung zu dem Entschluss der kompletten Dammsanierung gekommen seien, die Kompetenz abgesprochen werde. Am Ende müsse man sich entscheiden, was wichtiger sei: die Dichtigkeit des Dammes, seine Begehbarkeit oder der Erhalt der Damm-Bäume?

Als Mirold-Stroh dann auch noch ausdrücklich die Freien Wähler (FW) lobte, die in der Causa Schwanenteich von Anfang an Haltung gezeigt und der Realität ins Auge geblickt hätten, wurde es auf der voll besetzten Besuchertribüne unruhig: »Was muss ich mir hier für einen Sch... anhören«, knurrte eines der zahlreich erschienenen BI-Mitglieder zu seinem Nachbarn. Später wurden auch Zwischenrufe laut, sodass Stadtverordnetenvorsteher Joachim Grußdorf die Besucher daran erinnern musste, dass im Stadtparlament nur die gewählten Volksvertreter ein Rederecht haben. Zuvor hatte Grußdorf bereits mitgeteilt, dass interne Mails aus dem Ältestenrat an die Presse durchgestochen worden seien. Er kündigte an, dass dieser »schwere Verstoß gegen die hessische Gemeindeordnung« Konsequenzen habe und mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro geahndet werden könne.

Lutz Hiestermann von Gigg+Volt, zugleich erklärter Gegner von Baumfällungen am Schwanenteich, kritisierte dagegen die »unterirdische Kommunikationspolitik« des Magistrats, der sich früh auf einen Abriss und Neubau des Damms festgelegt und baumschonendere Alternativen nie ernsthaft geprüft habe.

Als Hiestermann dann noch sagte, ihm sei von einem Journalisten zugetragen worden, dass Stadträtin Gerda Weigel-Greilich bereits vor Jahren erklärt habe, sie werde am Schwanenteich sowieso »Tabula rasa« machen, empörten sich nicht nur Parlamentarier und die Betroffene selbst (»Herr Hiestermann, das war gelogen«), sondern auch Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. Er rügte den schlechten Stil, mit »nicht belegten Anekdoten« Stimmung zu machen. Man habe jetzt aber einen Entschluss gefasst, auch wenn der nicht optimal sei.

Noch deutlicher positionierte sich Heiner Geißler (FW) gegen das Sanierungs-Moratorium am Schwanenteich: »Das Parlament hat einen Entschluss getroffen und aus Angst vor einem Bürgerbegehren zieht es ihn jetzt wieder zurück.« Er bezweifelte, dass ein Großteil der mehr als 5000 Menschen, die das Bürgerbegehren der BI unterschrieben hätten, die Kompetenz besäßen, die Tragweite ihrer Unterschrift zu verstehen. »Wir haben jetzt drei Jahre Stillstand und am Ende werden die Bäume doch gefällt, nur die Kosten sind dann höher.«

Einstimmig beschlossen wurde dagegen die Einrichtung eines Härtefallfonds zur Vermeidung von Stromsperren bei Energieschulden. Dieser Fonds wird in den Haushaltsjahren 2023 bis 2026 pro Jahr mit 120 000 Euro ausgestattet. Weniger einig war man sich indes über die konkrete Ausgestaltung. Dass dessen Regeln vom Magistrat in einer Richtlinie festgelegt werden sollen, wurde mehrheitlich von der Koalition, Gigg+Volt, FW und »Die Partei« gegen die Stimmen der FDP angenommen. Sich enthalten haben CDU, AfD und Martina Lennartz.

Letztere scheiterte mit einem eigenen Antrag, der den Fonds auf die Verhinderung von Gassperren ausweiten und zu dessen Finanzierung die jährliche Dividende der Stadtwerke Gießen heranziehen wollte. Dieses Ansinnen unterstützten nur die beiden Stadtverordneten von »Die Partei«.

Aus für Partnerschaft

Offiziell beendet wurde die Städtepartnerschaft mit Waterloo im amerikanischen Bundesstaat Iowa. Bereits seit mehr als zehn Jahren habe es weder auf Vereinsebene noch seitens der Politik Kontakte zwischen beiden Kommunen gegeben, erklärte der Oberbürgermeister. Auch ein jüngstes Schreiben, in dem die Auflösung der Partnerschaft angekündigt wurde, sofern vonseiten Waterloos dagegen keine Einwände erhoben würden, sei unbeantwortet geblieben.

Frederik Bouffier (CDU) rügte, dass die Entscheidung über das Ende der Partnerschaft einfach im Ältestenrat entschieden worden sei, statt diesen Schritt erst einmal interfraktionell zu beraten. Vielleicht hätte der Oberbürgermeister auch einfach mal seinen Amtskollegen anrufen können, meinte er. »Wenn man sich auseinander gelebt hat, dann muss man sich auch trennen«, befand wiederum Gerhard Merz (SPD).

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