1. Startseite
  2. Stadt Gießen

Städtepartnerschaft soll nach 41 Jahren enden

Erstellt:

Von: Rüdiger Schäfer

giloka_0612_waterloo_vb__4c
Im Stadtpark Wieseckaue zeigt ein Wegweiser die Entfernung zu allen Partnerstädten an. Foto: Schäfer © Schäfer

Die Kontakte von Gießen nach Waterloo (USA) sind schon lange eingeschlafen, es herrscht Funkstille. Ist es also an der Zeit, einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen?

Gießen (rsa). Die Städtepartnerschaft von Gießen mit Waterloo im US-Bundesstaat Iowa steht vor dem Aus. Bereits vor eineinhalb Jahrzehnten wurde die Partnerschaft mit der niederländischen Stadt Kerkrade beendet, auch wenn das Kerkrade-Zimmer in der Kongresshalle und die Kerkrader Straße im Europaviertel nach wie vor daran erinnern. Stadträtin Astrid Eibelshäuser (SPD) erklärte nun jüngst im Ausschuss für Schule, Demokratieförderung, Bildung und Kultur, wie das damals lief. Demnach hatte die Stadtverwaltung Kerkrade lapidar mitgeteilt: »Wir haben kein Interesse und beenden das.« Noch früher, Ende des 20. Jahrhunderts, war auch schon die Städtepartnerschaft mit Versailles - hier gibt es ebenfalls eine Raum- und eine Straßen-Benennung - ad acta gelegt worden. Verwirrend mutet es daher an, dass etwa im Wißmarer Weg stadteinwärts auf einer Tafel noch immer Versailles und Kerkrade aufgeführt werden - statt etwa des chinesischen Wenzhou.

Mittlerweile herrscht ein ganzes Jahrzehnt Funkstille zwischen Waterloo und Gießen. Und auch der letzte Kontaktversuch im November habe nichts gebracht, berichtete die Dezernentin. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher (SPD) habe seinen Amtskollegen in der knapp 70 000 Einwohner zählenden Stadt, Mayor Quentin M. Hart, angeschrieben und angekündigt, bei keinem Veto von deren Seite die Partnerschaft offiziell aufzuheben. Die Gegenseite sei stumm geblieben.

Soll man also eine Beziehung beenden, die vor 41 Jahren ins Leben gerufen wurde, die aber seit zehn Jahren nur noch auf dem Papier besteht? Auf amerikanischer Seite hat man den Schlussstrich offenbar schon gezogen, denn auf der Internetseite der Stadt sucht man vergeblich nach einem Hinweis auf Gießen. Vertreter des Fördervereins, der die auf Privatinitiative einiger Gießener hin begründete Städtepartnerschaft unterstützt hatte, waren zuletzt vor 13 Jahren in die USA gereist. Der Verein hatte vor fünf Jahren nur noch zwei Dutzend Mitglieder und löste sich vor drei Jahren auf.

Im Ausschuss machte man es sich nicht ganz so einfach, die Partnerschaft auf Antrag des Magistrates einzustellen. Vielmehr wollten einige Ausschussmitglieder wissen, welche Aktivitäten mit den anderen Partnerschaftsstädten überhaupt noch gepflegt werden. Auf dem Papier sind es bisher noch insgesamt acht auf drei Kontinenten: Winchester (Großbritannien), Versailles (Frankreich), Ferrara (Italien), Gödöllö (Ungarn), Hradec Králové (das frühere Königgrätz in Tschechien), Waterloo (USA), San Juan del Sur (Nicaragua), Netanya (Israel) und Wenzhou (China).

Bereits im Sommer war über die Pflege der Städtepartnerschaften eine Grundsatzdebatte entbrannt, nachdem der deutsch-tschechische Freundeskreis, der die Verbindung zu Hradec Králové pflegte, seine Selbstauflösung bekanntgegeben hatte. Da Kontakt durchaus noch vorhanden sei, sah der Magistrat keinen Anlass dafür, von dieser Städtepartnerschaft Abstand zu nehmen.

Während Markus Schmidt (CDU) gerne »noch ein paar Mal nachfragen würde«, konstatierte Dr. Moritz Jäger (Grüne): »Partnerschaft muss auch gelebt werden. Wenn sie tot ist, kann man sie auch beenden.« Dominik Erb (FDP) meinte hingegen, es sollten eher andere Partnerschaften wie die mit Wenzhou oder San Juan del Sur aufgekündigt werden. Zugleich attestierte er »eher mehr Zurückhaltung als Engagement« hinsichtlich der Städtepartnerschaften auf städtischer Seite. Dem widersprach Frank-Tilo Becher vehement und brach eine Lanze für die Bemühungen von Astrid Eibelshäuser. Man sei zudem offen für eine andere Partnerschaft in den USA. CDU und FDP stimmten letztlich gegen den Antrag.

Auch interessant