Staffelübergabe bei der Diakonie
Holger Claes, Leiter des Diakonischen Werks Gießen, ist in einem Festgottesdienst würdevoll in den Ruhestand verabschiedet worden. In seinem Amt folgt Sigrid Unglaub.
Gießen. Am Montagnachmittag ist Holger Claes, Leiter des Diakonischen Werks Gießen, würdevoll in den Ruhestand verabschiedet worden. Mehr als 40 Jahre arbeitete er für das Diakonische Werk Gießen, mehr als 22 Jahre leitete er die Einrichtung und prägte sie. Durch seinen beharrlichen Einsatz wurden Einrichtungen wie die Schuldnerberatung, die aufsuchende Sozialarbeit und »Die Tafeln« bei dem Diakonischen Werk in Gießen ins Leben gerufen und etabliert. Daneben war er mehr als 20 Jahre der Vorsitzende des städtischen Seniorenbeirats und hatte immer ein Ohr für die Belange der Schwachen.
Es war ein Willkommen und ein Abschiednehmen zugleich. Im Rahmen eines Gottesdienstes entband Volker Knöll, Geschäftsführer der regionalen Diakonischen Werke in Hessen und Nassau gGmbH, Holger Claes offiziell von seinen Pflichten und führte die neue Leiterin Sigrid Unglaub in ihr Amt ein - ganz so, wie Claes und seine Mitarbeiter das Diakonische Werk auch sehen, nämlich als Teil der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau. Dekan André Witte-Karp nahm als Grundlage für seine Predigt ein Bibelzitat aus dem Lukas Evangelium, in dem Jesus einen blinden Bettler fragte: »Was willst Du, dass ich dir tun soll?« Dieses Leitmotiv passe auch auf Holger Claes, der nie von oben herab und immer auf Augenhöhe mit den Menschen kommuniziert habe.
Viele Freunde, Politiker und Weggefährten kamen zum anschließenden Festakt und nahmen die Gelegenheit wahr, ihm persönlich zu danken. Mit ausgewählten Liedern gestaltete Nora Schmidt die Veranstaltung. Einer seiner Weggefährten ist der jetzige Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher, der mit ihm schon in seiner Funktion als Dekan zusammengearbeitet hatte. Er würdigte seine Lebensleistung mit nahezu biblischen Ausmaßen und erinnerte an die drei wichtigen Einrichtungen, die Claes im Laufe seines Berufslebens mit auf den Weg gebracht hatte: Die Schuldnerberatung, die aufsuchende Sozialarbeit und die Tafeln. An ihm könne man sehen, wie Kirche Nächstenliebe gestalte.
Landrätin Anita Schneider brachte es auf die einfache Formel: »Das Diakonische Werk ist Holger Claes«. Die Landtagsabgeordnete Katrin Schleenbecker erinnerte an seine tatkräftige Unterstützung 2015 im Rahmen der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung. »Sie haben immer ein Ohr für die Ehrenamtlichen«. Barbara Lang, Dekanin für das Gießener Land, verglich seine 40 Dienstjahre mit einer Wüstenwanderung und würdigte ihn als Brückenbauer. Er habe die Kraft für seine Arbeit aus der Erkenntnis gewonnen, dass nichts selbstverständlich sei und dass Gott ihn immer begleite.
Anhand weiterer Grußworte von Freunden, Mitarbeitern und Vertretern der Institutionen, mit denen das Diakonische Werk zusammenarbeitet, wurde die Bandbreite der Arbeit offensichtlich. Immer wieder wurde sein klares Engagement für die Ärmsten und Schwachen herausgestellt, sein Einsatz und sein klarer Blick für Bedarfe dieser Gruppen gewürdigt. Der Aufbau der Gießener Tafeln, die er ab 2005 initiierte und zunächst auch selbst leitete, wird untrennbar mit seinem Namen verbunden sein. Die Gießener Tafeln versorgen mit ihren Nebenstellen in Hungen und Grünberg mittlerweile rund 6000 Personen. Sie gehört damit zu den größten Einrichtungen dieser Art in Hessen, darauf wies Willi Schmidt, Vorsitzender der Tafeln Hessen, hin. Statt einer langen Dankesrede griff Claes zurück auf das Reinhard Mey-Lied »Gute Nacht Freunde«, mit dem er sich für alle Zuwendungen, Verständnisse und Missverständnisse bei allen bedankte.
Nicht nur symbolisch übergab er die Leitung in die Hände seiner 57-jährigen Nachfolgerin: Er überreichte Sigrid Unglaub einen signierten Staffelstab des Leichtathleten Edgar Itt, der mit diesem Stab den 4-mal-400-Meter-Staffellauf bei den Olympischen Spielen 1988 gelaufen war. Ein symbolträchtiges Geschenk und ein klarer Abgang, der keine Fragen offenließ.