»Strahlkraft über die Stadt und Region hinaus«

Gießen (dkn). Zwei Jahrzehnte lang hat der Verein der Freunde des Theaters das Wirken von Intendantin Cathérine Miville begleitet und unterstützt. Nun haben sie sich bei einer kleinen Veranstaltung im oberen Foyer des Stadttheaters von ihr verabschiedet. Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher sprach ein Grußwort, seine Vorgängerin Dietlind Grabe-Bolz hielt eine Rede.
Der langjährige Vorsitzende der Theatervereins, Burkhard Schirmer, richtete persönliche Abschiedsworte an Miville. Die aktuelle Vorsitzende Helga Göbel blickte aus Sicht des Vereins auf das Wirken der Theaterfrau.
Alle Reden waren von Respekt und Zuneigung geprägt, alle waren sich einig, dass die 20-jährige Intendanz, übrigens die bisher längste am Stadttheater, im Gedächtnis haften bleiben wird. Becher sprach von der »Handschrift«, mit der Miville quer durch alle Sparten die Theaterarbeit geprägt habe. Die »nicht immer für jeden lesbar, aber stets mutig und überraschend war, die Leichtigkeit mit Ernst verbunden hat«. Sie habe dem Theater Strahlkraft über Stadt und Region hinaus verliehen und war - bedenkt man die vielen Aktionen im Stadtraum - zugleich immer nah an der Stadt und ihren Menschen. Dieses Vermächtnis bleibt, auch wenn sie Gießen demnächst verlässt.
Grabe-Bolz, die bereits 2001 im Aufsichtsrat des Theaters saß, als Miville gewählt wurde, bezeichnete diese Entscheidung als einen »Glücksgriff«. Miville habe »Theater als Ort gesellschaftsrelevanter Diskurse« verankert. In der Schutzschirm-Zeit stand sie immer wieder Rede und Antwort, erklärte überzeugend, warum Theater wichtig ist für diese Stadt ist. Dazu gehört auch die Funktion als Arbeitgeber, Ausbildungsstätte und Kooperationspartner. Ihr sei es gelungen, die Arbeitsbedingungen am Theater zu verbessern und bauliche Erweiterungen anzuregen und begleiten. Das sind die neue taT-Studiobühne, das Haus der Karten und die Probenräume in der Bahnhofstraße. Ob sie ihre dritte Vertragsverlängerung unterschrieben hätte, wenn sie geahnt hätte, dass eine Pandemie auf uns zukommt? Vermutlich schon, resümmierte Grabe-Bolz, schließlich sei ein Beweggrund gewesen, dass sie »Kontinuität für das Team« gewährleisten wollte. Sie habe sich immer der Verantwortung gestellt. Miville könne stolz sein auf ihre Verdienste, auch wenn das »Stolz-sein« nicht zu ihrem Wesen gehöre.
Göbel wies auf die musikalischen Produktionen von Miville hin, die oft Wieder- oder Neuentdeckungen von Opern waren. »Sie haben uns gefordert und unterhalten, haben uns zum Träumen und zum Diskutieren gebracht.« Als Abschiedsgeschenk gab es ein Büchlein zum Schmunzeln mit dem Titel »Der Theaterintendant« und ein aquarellierten Druck mit der Ansicht vom Stadttheater.
Die Dankesworte von Miville waren gerichtet an alle Menschen, die sie während ihrer Gießener Zeit, »die länger ausfiel als ursprünglich gedacht«, unterstützend begleitet haben. »Es war eine erfüllende Aufgabe, auch wenn ich auf das eine oder andere hätte verzichten können.« Die Abschiedsreden spiegeln wieder dass ihr Anliegen angekommen sei.
Der letzte Vorhang fällt am 16. Juli mit dem spartenübergreifenden Stück »Metamorphosen«. Eine Ära geht dann zu Ende.