Straßenschild enthüllt

Der einst nach Treblinka deportierte Arzt Dr. Ludwig Katz ist Namensgeber für einen Radweg in Wieseck. Der Gießener Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher enthüllte jetzt das Straßenschild.
Gießen. Es ist eine der vielbefahrenen Radrouten in Gießen und ein beliebter Spazierweg: Die Rede ist vom Asphaltweg, der von der Ringallee am unteren Ortsrand von Wieseck zur Philosophenstraße führt. Bislang hatte der Weg keinen Namen, auf Vorschlag des städtischen Beirats zur Benennung von Straßen und Plätzen sollte die schmale Verbindung in Richtung Ringallee nach dem Wiesecker Arzt Dr. Ludwig Katz benannt werden. Die Stadtverordneten und der Ortsbeirat Wieseck stimmten einhellig zu. Jetzt wurde das Straßenschild von Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher im Beisein einiger Wiesecker installiert.
Der am 9. August 1896 in Wieseck geborene Mediziner ging in seinem Heimatort zur Volksschule, später auf das Realgymnasium in Gießen und legte 1915 sein Abitur ab. Im ersten Weltkrieg wurde er Soldat und für seinen militärischen Dienst sogar ausgezeichnet. »Das schützte ihn aber nicht davor, später vom Dritten Reich vernichtet zu werden«, sagte der Oberbürgermeister in seiner Ansprache.
Katz unterhielt nach dem erfolgreichen Medizinstudium Ende der 1920er Jahre in der Keßlerstraße eine Hausarztpraxis. Er machte sich einen guten Namen, war im Dorf hochangesehen, weil er für die Behandlung von kranken und bedürftigen Wieseckern in den damals wirtschaftlichen Krisenzeiten auf sein Honorar verzichtete. 1938 ereilte den jüdisch-stämmigen Mediziner das gleiche Schicksal wie seine Kollegen, er erhielt ein Berufsverbot durch die Nationalsozialisten.
Becher erinnerte daran, dass die Novemberpogrome auch in Wieseck wüteten. Die Familie musste ihr Haus verlassen und wurde in sein Elternhaus in der Gießener Straße 27 eingewiesen. »Die Drangsalierung und Entrechtung mündete schließlich in die Deportation«, erinnerte Becher. Im Dezember 1942 wurde er mit Frau und Tochter abgeholt, wahrscheinlich über Darmstadt in das Vernichtungslager Treblinka gebracht, wo sie ermordet wurden. Vor dem früheren Haus mit der Arztpraxis in der Keßlerstraße wurden bereits 2008 zum Andenken an die Familie Stolpersteine verlegt. Der Ortsbeirat Wieseck hatte Ludwig Katz schon einmal für eine Namensgebung vorgeschlagen. In Gießen gebe es viele Tage des Erinnerns, sagte Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. Die Benennung von Straßen halte Namen und Schicksale in Erinnerung, rege öffentlich auch dazu an, sich mit der Biografie dieser Personen zu beschäftigen. So auch mit dem Leben von Dr. Ludwig Katz. Becher machte deutlich: »Mit der Benennung dieses Weges nach Dr. Ludwig Katz und der Einweihung der Straßenschilder wollen wir den Wiesecker Arzt im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft der Stadt halten.«
Der SPD-Ortsverein Wieseck hat die Patenschaft für die Schilder übernommen und beteiligte sich beim Aufbau. Dank sagte der OB auch Christel Buseck und Ursula Schröter, die als Mitinitiatoren die Erinnerungen an die Familie Katz wach gehalten haben. Ursula Schröter sprach ein paar Worte zum Leben der von den Nazis ausgelöschten Familie.