Streit um Park- und Kita-Gebühren

Die mehrheitlich beschlossenen Magistratspläne trafen in der Gießener Stadtverordnetenversammlung auf heftigen Widerstand bei der Opposition. Vor allem am Zeitpunkt wurde Kritik geübt.
Gießen . Beim Thema Parkgebühren kochen die Emotionen schnell hoch. Das zeigte sich auch bei der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend. Die letztlich mit den Stimmen der Koalitionsparteien sowie von Gigg+Volt und Die Partei beschlossene Änderung der Gebührenordnung wurde von den Gegnern bei CDU, FDP und Freien Wählern scharf kritisiert. Dass Parken in weiten Teilen teurer wird, sei »in Zeiten explodierender Energiepreise« die falsche Entscheidung, beklagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Dominik Erb mit Blick auf die Situation der Haushalte. Während der FW-Vorsitzende Heiner Geißler der Stadtkoalition vorwarf, dem »Gießener Einzelhandel zu schaden«, da künftig gerade Einkäufer von außerhalb eher einen Bogen um Gießen machen würden.
»Richtiges Signal?«
Zur angespannten Stimmung im großen Saal der Kongresshalle trug auch bei, dass die Kita-Gebühren für viele Familien steigen werden. Was vor allem bei der FDP auf heftigen Widerstand trifft, bei der Dr. Klaus Dieter Greilich von einer »unsozialen« und »familienfeindlichen« Vorgehensweise sprach. Alle übrigen Fraktionen stimmten jedoch für den Antrag des Magistrats auf Änderung der Kita-Gebührensatzung. Demnach sind künftig erst ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 1500 Euro Beträge für die Kinderbetreuung zu bezahlen. Dafür muss in den neu gestaffelten Einkommensklassen darüber in Zukunft jeweils zehn Prozent mehr gezahlt werden.
Für deutlich mehr Aufregung sorgte aber zumindest am Donnerstag die Verteuerung der Parkgebühren. »Ist das tatsächlich das richtige Signal zur richtigen Zeit?«, wollte der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Peter Möller wissen. Zudem missfällt ihm, dass zahlreiche Bürger für einen Stellplatz vor ihrem eigenen Haus auch noch Geld bezahlen müssten. Als Beispiele für weitere »Opfer« der Erhöhung nannte Dominik Erb die Justiz-Angestellten und THM-Angehörigen in der Ringallee, die schließlich berufs- und studienbedingt auf die Parkplätze angewiesen seien. Zudem rief er in Erinnerung, wie schlecht es um ÖPNV-Verbindungen vom Umland in die Stadt häufig bestellt ist. Besonders in Rage war Heiner Geißler, der einwarf, dass ein Großteil der Einkäufe in der Innenstadt aufgrund des Gewichts mit dem Auto nach Hause gebracht werden müsste. Dem stellte Bürgermeister Alexander Wright (Grüne) entgegen, dass 40 Prozent ihr Auto nehmen, obwohl sie eigentlich nur eine Wegstrecke von weniger als fünf Kilometer fahren. »Und davon müssen wir weg«, verteidigte er die Pläne.
Erfolg hatte die FDP mit ihrem Antrag, die Zahl der Anspruchsberechtigten für den »Gießen-Pass« auszuweiten. Ihre Forderung, dass auch jenen die damit verbundenen Leistungen zustehen sollten, die als Geringverdiener Wohngeld oder Zuschuss zum Kindergeld erhalten, wurde von den übrigen Fraktionen unterstützt. Auch hier war als Begründung die hohe Inflationsrate genannt worden.
Gescheitert sind die Liberalen hingegen mit ihrem Antrag, den Magistrat zu verpflichten, die im Rahmen der Grundsteuerreform anzupassenden Hebesätze so zu wählen, dass »das Aufkommen aus der Grundsteuer maximal so hoch bleibt wie vor der Reform«. Womit die FDP den Bürgern eine weitere finanzielle Mehrbelastung ersparen wollte, wie Dominik Erb ausführte. Doch nur die CDU schloss sich diesem Vorschlag an. Alexander Wright lehnte ihn schon allein deshalb ab, weil man sich mit einer solchen Entscheidung die Flexibilität bei der Gestaltung der Hebesätze nehme. »Wir könnten ja auch auf die Idee kommen, die Steuer zu senken.«
»Blödsinn«
Als der Grünen-Politiker dann allerlei FDP-Anträge aufzählte, die im vergangenen Jahr im Parlament gestellt worden waren, um das Vorgehen der Kontrahenten anzuprangern, sah sich Erb zu einer sofortigen Reaktion veranlasst. »Diesen Blödsinn kann ich Dir so nicht durchgehen lassen«, ließ er Wright wissen. Daraufhin entspann sich ein kurzes, aber heftiges Wortgefecht, bei dem auch Zwischenrufer mitwirkten. Was erneut zeigte, wie es derzeit gerade wegen der teuren Auswirkungen des Ukraine-Krieges um das Nervenkostüm vieler Politiker bestellt ist.