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Tränen, Trost und das Lied »Ukraine«

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Die selbst aus der Ukraine stammende Propsteikantorin Marina Sagorski erhält Blumen als Dank für ihr Engagement um nach Gießen Geflüchtete. Foto: Volpe © Volpe

Gießen. Der Schrecken des Kriegsbeginnes in der Ukraine vor einem Jahr hing über Petruskirche, als sich die Trauernden, Geflüchteten und Anteilnehmenden dort versammelten. Durch eine musikalische Friedensandacht mit Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und Dekan André Witte-Karp wurde den Opfern gedacht und die Verbrechen des russischen Regimes unter Wladimir Putin verurteilt.

Junge Künstlerinnen und Künstler, die selbst die Grausamkeiten des Krieges erlebten und in Gießen Zuflucht fanden, setzten mit Gesang und Inszenierungen klassischer Orchestermusik ein Zeichen für den Frieden. Yana Tarasenko und Diana Skoropad leiteten den Abend mit dem von Skoropad komponierten Lied »Ukraine« ein. Eigentlich wollten sie es bereits 2022 in Charkiw spielen, doch dann kam der Krieg. Eigentlich wollten neun Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahre aus der Ukraine in Frieden erwachsen werden, doch dann kam der Krieg; nun sangen und musizierten sie als »Deutsch-Ukrainisches Streichensemble« mit weißen Rosen und in schwarzer Kleidung.

Marina Sagorski, seit vielen Jahren Propsteikantorin und Kantorin der Petrusgemeinde, war federführend an der Organisation dieses emotionalen Abends beteiligt. Sie kommt selbst aus der Ukraine, lebte lange in Charkiw. Ihre Passion ist es nun, Menschen die Integration in Deutschland zu erleichtern und Künstler zu vernetzen.

In den Programmpunkten wurde Leid und Trauer, Wut und Unverständlichkeit für die Abscheulichkeiten des Kriegs zum Ausdruck gebracht. Ein besonderer Teil des Programms war die Lesung des Psalm 31, auf Video aufgenommen von Menschen vor zerstörten Gebäuden und Rauchwolken in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Dieses Plädoyer für einen Waffenstillstand wurde in der Petruskirche an eine Leinwand geworfen.

»Herr, sei mir gnädig, denn mir ist angst; / vor Gram zerfallen mir Auge, Seele und Leib«, heißt es dort. In ihrer Not bitten sie um göttliche Unterstützung in dieser schweren Zeit. In seinem friedenspolitischen Impuls bekundet Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher, dass Frieden mehr sein müsse, als das alleinige Einstellen von Kampfhandlungen. Diese Position leite ihn in Momenten von schweren politischen Entscheidungen. »Wir als Stadt Gießen nehmen und nahmen Menschen, Opfer dieser Verbrechen, bei uns auf. Allerdings gilt es auch, solidarisch auf die Menschen in Russland zu sehen, die sich gegen Putin und sein Regime stellen. Es dürfen keine falschen Feindbilder geschaffen werden«, erklärte er.

Nicht nur die große Versammlung von Musikerinnen und Musikern aus der Ukraine war besonders an diesem Gedenktag. An den Wänden hängen in einer Reihe Bilder aus dem Krieg. Sie zeigen Kinder, zerstörte Häuser oder Soldaten. Die Kulturabteilung der Stadtverwaltung Kiew initiierte diese Fotoausstellung, die vom 5. November bis zum 10. Dezember im Gießener Rathaus betrachtet werden konnte. Nun war sie in der Petruskirche zu sehen.

Musik und Bilder, Beten zu Gott und stille Minuten: Tränen flossen bei der Andacht zum Krieg, doch es gab auch Momente der Stärke, der Hoffnung und des Trostes, denn Musik bringt nicht nur Menschen zusammen, sie drückt das aus, was tausend Worte manchmal nicht mehr zu sagen vermögen.

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