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Trommeln mit vier Rädern

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Von: Björn Gauges

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Schlagzeuger Burkhard Mayer in seinem selbstgebauten, rollenden Probenraum. Fotos: Gauges, Mayer © Gauges, Mayer

Der seit einigen Monaten in Gießen lebende Profischlagzeuger Burkhard Mayer hat sich einen mobilen Proberaum gebaut. Am Samstag spielt er ein Konzert im Musikhaus Schoenau.

Gießen. Das Schlagzeugtrommeln ist eine feine Sache - wenn nur der leidige Auf- und Abbau nicht wäre. Das gilt vor allem für Profis, die mit ihrem Instrument von einer Bühne zur nächsten ziehen. Also hat Burkhard Mayer sich etwas ausgedacht, um noch mehr Freude an seinem Spiel zu haben: den MusicVan. Dabei handelt es sich um einen von ihm selbst umgebauten Kleintransporter, in dem ein komplettes Drumset auf einer beweglichen Platte montiert ist - und so als Ganzes aus- und wieder eingebaut werden kann. Wie es klingt, wenn der Musiker seine Stöcke und Besen schwingt, lässt sich bei einem Konzert am Samstag, 20. März, im Gießener Musikhaus Schoenau entdecken. Dann steht er zusammen mit dem australischen, Grammy-nominierten Singer/Songwriter Paul Colman auf der Bühne.

Mayer, in Wiesbaden aufgewachsen, ist weit herumgekommen. Als Sohn eines Elektroinstallateurs sollte er eigentlich den elterlichen Betrieb übernehmen, so absolvierte er eine Ausbildung in dem Beruf. Doch dann packte ihn die Leidenschaft für die Musik. Nach einigen lokalen Bandprojekten ging der 27-Jährige in die USA, um sich ein Jahr lang in Hollywood an der renommierten Hochschule P.I.T. - »für mich eine der besten der Welt« - ausbilden zu lassen. Das Studium schloss er mit Auszeichnung ab, ging zurück nach Deutschland und spielte fortan hauptberuflich in zahlreichen unterschiedlichen Formationen, zudem gibt er regelmäßigen Unterricht.

Begleiter von Koch und Kümmert

Auf der Bühne unterstützte er etwa den Schauspieler Samuel Koch oder den Sänger Andreas Kümmert, gab Gospelformationen ebenso den Takt und Rhythmus vor wie der Gießenerin Tess Wiley. Vor allem »intelligente Popmusik« ist das Steckenpferd des Drummers, der vor einigen Monaten über einen Kontakt zu seinem Freund Simon Bender nach Gießen kam, dem Geschäftsführer des Musikhauses Schoenau.

Doch wie kam er nun zu dem roten Ford Transit mit dem eingebauten Schlagzeug? Das Projekt entstand in der erzwungenen Corona-Pause, erläutert Mayer. Die finanzielle Unterstützung, die es vom Staat für freischaffende Künstler wie ihn gab, legte er in das Fahrzeug an, den der gewiefte Handwerker anschließend in fünfmonatiger Eigenarbeit nach den eigenen Plänen und Bedürfnissen umgestaltete. Dazu gehörte der Austausch der Innenverkleidung, eine neue Isolierung, Beleuchtung, ein kleines Mischpult sowie eine zusätzliche Batterie. Als Notenständer dient ein Monitor, der an einer Seitenwand des Fahrzeugs angebracht ist. Herzstück des Ganzen ist das auf eine Platte montierte und mit Mikrofonen versehene Instrument, dass sich über Schienen bewegen lässt und über Gummirollen, die auf der Unterseite angebracht sind, komplett ausgebaut werden kann.

Permanentes Feilen an Stil und Technik

Eigentlich reiche es aber schon, die beiden Hecktüren zu öffnen, um sofort loszulegen, erklärt der mit markantem Bart und schwarz gerahmter Brille eine gute Portion Extravaganz verströmende Künstler. So könne er etwa mit seinen Schülern überall spielen, wo es gerade passt: auf einem Parkplatz, in einem Wald, oder auch - wie gerade erst - im Hof des Musikhauses Schoenau. Sein System wollte er sich auch patentieren lassen, das hat allerdings nicht funktioniert, wie er erzählt. Dafür hat sich Mayer den Namen MusicVan schützen lassen, um die Sache künftig vielleicht weiter zu forcieren - auch mit anderen Instrumenten. Es ist nur eines seiner vielfältigen Betätigungsfelder, zudem hat er mittlerweile eine Zusatzausbildung als Freier Redner absolviert und als gläubige Christ auch bereits musikalische Predigten gehalten. Und auch als Schlagzeuger gibt es für Mayer keinen Stillstand. Er feilt permanent an Stil und Technik, bastelt an der Ausrüstung und setzt etwa Heizungsreiniger als Trommelbesen ein. »Ich habe einen Stil entwickelt, der das leise Spiel zur Stärke macht«, sagt der Trommler. Denn auf der Bühne will er nur Begleiter sein - »wer singt, ist die Hauptperson«.

Nun steht also sein erster Liveauftritt in Gießen an, seit er die Stadt vor einigen Monaten als Wohnort ausgewählt hat. Dazu hat er den Australier Paul Colman kontaktiert und davon überzeugt, als Duo mit ihm auf Deutschlandtour zu gehen. Der mittlerweile in Nashville lebende Singer/Songwriter, ein vielfacher Musikpreisträger, der mittlerweile 15 eigene Alben veröffentlicht hat, ließ sich zu der speziellen Kollaboration überzeugen. Zusammen sind die beiden nun nicht nur auf der Bühne des Musikzentrums Mittelhessen zu erleben, sondern zuvor ab 15 Uhr bereits bei einem Workshop, bei dem sie interessierten Musikern mit Tipps und Tricks zur Seite stehen.

Wohin ihn der weitere Weg nach der aktuellen Deutschlandtour mit Colman führt, dass weiß Mayer derzeit nicht zu beantworten. »Ich bin in alle Richtungen offen.« Ist ja auch kein Problem wenn man als Profimusiker ein Instrument auf Rädern hat.

Zusammen mit dem australischen Singer/Songwriter Paul Colman gastiert Schlagzeuger Burkhard Mayer am Samstag, 20. Mai, um 20 Uhr im Gießener Musikhaus Schönau (Schiffenberger Weg 111). Der Eintritt kostet 22 Euro an der Abendkasse. Zuvor bietet das Duo von 15 bis 17 Uhr einen Workshop im Musikzentrum Mittelhessen an, bei dem sie Musikern mit Tricks und Kniffen weiterhelfen. Die Teilnahme kostet 39 Euro. (bj)

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Am Samstag zu Gast im Musikhaus Schoenau: Paul Colman (links) und Burkhard Mayer. © Red

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