UKGM weist KV-Kritik mit »Unverständnis« zurück
Gießen (red). Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) reagiert »mit deutlichem Unverständnis« auf die Kritik der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen an den Post-Covid-Ambulanzen. Die KV hatte dem UKGM vorgeworfen, an seinen beiden Standorten Patienten mit langanhaltenden Beschwerden nach einer Covid-19-Infektion nur aus monetären Gründen zu behandeln.
»Dieser Vorwurf entbehrt jedweder Grundlage«, sagt Prof. Bernhard Schieffer, Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Marburg.
Die Post-Covid-Ambulanzen seien an den koordinierenden Krankenhäusern der Corona-Versorgungsgebiete in Hessen entstanden, da dort seit Beginn der Pandemie die höchste Zahl an Patienten mit Covid-19 versorgt worden sei, heißt es in einer Pressemitteilung des UKGM. An den Uniklinika habe man dieses komplexe Erkrankungsbild erstmals gesehen und mit seiner Erforschung unter Hochdruck begonnen. »Forschung und die Entwicklung von erfolgreichen Behandlungsmethoden und Medikamenten sind originäre Aufgabe der Universitätsmedizin«, betont Schieffer.
Nicht gegenseitig Patienten abwerben
»Niemand hat die Absicht, niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Patienten abzuwerben - im Gegenteil: Es ist unsere Aufgabe, unter Hochdruck Therapieoptionen zu etablieren, um diese unseren ärztlichen Kolleginnen und Kollegen an die Hand zu geben, um Long-Covid-Patienten flächendeckend behandeln zu können«, heißt es weiter in der Mitteilung.
Bei Long-Covid-Patienten stellten die Universitätsmediziner in Hessen eine Vielzahl von Verläufen und Symptomen fest. »Es gibt nicht die eine Therapie, die hilft. Es bedarf umfangreicher Diagnostik in jedem Einzelfall, um die geeignete Therapie für jeden einzelnen Patienten zu finden.«
Hier gelte es sektorübergreifend, das heißt Hand in Hand mit niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, zusammen zu arbeiten, wie dies in den Landkreisen Marburg-Biedenkopf und Gießen bereits seit Langem gelebter Alltag sei.
»Wir veröffentlichen alle unsere Studienergebnisse, um baldmöglichst gegen Post-Covid etwas in der Hand zu haben. Für uns stehen die schwerkranken Long-Covid Patienten und Patientinnen im Mittelpunkt einer individualisierten Präzisionsmedizin, Verteilungskämpfe sind da fehl am Platz«, betonen Mediziner an allen universitätsmedizinischen Standorten.
Am UKGM in Gießen mit dem Sitz des Deutschen Zentrums für Lungenforschung wird seit Jahrzehnten neueste Forschung und Patientenversorgung in den Schwerpunkten Lungen- und Infektionsmedizin verbunden. »Es liegt doch auf der Hand, dass Patienten mit einem neuen, unerforschten Krankheitsbild an dem Ort behandelt werden, wo die wissenschaftliche Infrastruktur es erlaubt, neueste Erkenntnisse in Diagnostik und Therapie einzubringen«, findet Prof. Susanne Herold, Direktorin der Medizinischen Klinik V am UKGM in Gießen.
Erkenntnisse durch Langzeitdaten
Umgekehrt könne man aus der Erfahrung und der detaillierten Aufarbeitung dieses Krankheitsbildes auf pneumologischem und immunologischem Gebiet, von der Ersteinweisung bis viele Monate nach Entlassung, Langzeitdaten erheben, die weitere wichtige Erkenntnisse liefern.
Diesen großen Nutzen für Patienten mit Long-Covid habe auch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst erkannt und fördere die begleitende wissenschaftliche Forschung in den universitären Post-Covid-Ambulanzen in Hessen mit 700 000 Euro in 2022, heißt es abschließend.
Die KV hatte am Donnerstag mitgeteilt: »Aus KV-Sicht haben wir es hier eher mit einem Geschäftsmodell der Unikliniken zu tun. Diese profitieren davon, dass gerade medizinische Laien oft glauben, Unikliniken könnten in der Regelversorgung irgendetwas besser als die Regelversorger.« Auch eine Uniklinik koche »nur mit Wasser«, in den Ambulanzen finde »keine kurative Behandlung« statt.