»Ukraine zahlt blutigen Preis«

DGB Mittelhessen setzt auf dem Kirchenplatz in Gießen ein Zeichen für den Frieden - allerdings mit weniger Teilnehmern, als erhofft
Gießen . (bcz) Am Antikriegstag setzt der Deutsche Gewerkschaftsbund an jedem 1. September ein Zeichen gegen den Krieg und für den Frieden und das schon seit 65 Jahren. Hintergrund ist der Überfall auf Polen durch das nationalsozialistische Deutschland 1939 - der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Gerade in der aktuellen Situation war es für den DGB Mittelhessen wichtig, ein Zeichen für den Frieden zu setzen mit einer Gedenkfeier auf den Kirchenplatz.
Deutliche Kritik an »Rüstungswettlauf«
»Die Grundidee, wie Völker möglichst ohne Krieg Konflikte lösen könnten, muss weiterverfolgt werden, selbstverständlich unter Berücksichtigung der realpolitischen Ausgangssituation«, sagte Gewerkschaftssekretär Robin Mastronardi zu Beginn der Kundgebung. Mit Blick auf den Ukrainekrieg stellte der Gewerkschaftssekretär klar, dass man keine Diskussion darüber in Gang setzen wolle, wer der Kriegstreiber sei. Vielmehr wollte die Gewerkschaft diesen Tag dafür nutzen, um sich - gemeinsam mit allen demokratischen Kräften der Stadt - für den Frieden einzusetzen.
»Aus dem Zweiten Weltkrieg haben wir gelernt und sind gegen jeden Rüstungswettlauf weltweit«, erklärte Klaus Zecher, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Gießen, in seinem Grußwort. Frieden lasse sich nicht durch Waffen schaffen. Daher wehrte er sich gegen das Ziel der Bundesregierung, zwei Prozent des Bundeshaushalts für den Wehretat einzubringen. Diese Gelder würden an anderer Stelle fehlen und soziale Ungerechtigkeiten verschärfen.
Rund 60 Teilnehmer waren der Einladung zu dieser Friedenskundgebung gefolgt - weniger, als die Gewerkschaft erhofft hatte, nachdem sie sämtliche demokratische Institutionen, Parteien und Gruppierungen eingeladen hatte.
Bewusst wurde der Fokus auf die Sicht von Betroffenen gelegt: Mit dem jungen Afghanen Millad Paryani und der Ukrainerin Polina Turiyanskaya kamen zwei junge Menschen zu Wort, die direkt und unmittelbar durch Krieg betroffen sind.
Paryani flüchtete als 14-Jähriger aus Afghanistan und schilderte die aktuelle Situation in seinem Heimatland, nachdem vor einem Jahr die Taliban die Herrschaft dort erneut übernommen haben. Seit einem Jahr gebe es keine Freiheit, keine Sicherheit mehr und die Frauen würden systematisch aus dem öffentlichen Leben herausgedrängt. »Ich weiß, dass durch die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine dieser Konflikt in den Hintergrund getreten ist. Meine Bitte: Vergesst Afghanistan nicht«, appellierte er.
Polina Turiyanskaya beschrieb einmal mehr die komplizierte Situation der ukrainischen Bevölkerung: Die Hälfte ihrer Verwandtschaft lebe in Russland, die andere Hälfte in der Ukraine. Für sie hat der Krieg nicht erst in 2022 begonnen, sondern bereits mit der Annektierung der Krim 2014. »Die Ukraine zahlt jetzt einen blutigen Preis.« Daher forderte sie zur Solidarität mit ihrem Land auf und bat um größtmögliche Unterstützung, um den Krieg zu beenden. Dazu gehöre auch, dass man den Oligarchen ihre finanziellen Mittel entziehen müsse.
Bevor sich die Teilnehmer der Veranstaltung zu einem überdimensionalen Peace-Zeichen formierten, erinnerte Desiree Becker (Sea-Eye und DGB-Jugend Mittelhessen) daran, dass im Mittelmeer täglich Menschen streben würden bei dem Versuch, Europa zu erreichen. Rund 100 Millionen Menschen seien derzeit auf der Flucht. Alle diese Menschen würden Unterstützung benötigen, ohne jegliche Unterschiede bezüglich der Herkunft.
In diesem Zusammenhang bekräftige Moni Lux vom Friedensnetzwerk Gießen dessen Ziel, die Ächtung sämtlicher Atomwaffen voranzutreiben und Deutschland zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen. Musikalisch gestaltet wurde die Gedenkstunde von der Gießener Singer- und Songwriterin Kim.