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Verstorbene als wahre Lehrer in der Anatomie

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In dem Gottesdienst wurde 28 Menschen gedacht, die ihren Körper gespendet haben. Foto: Nassenstein © Nassenstein

Gießen (red). »Im Tod liegt das Leben« - Ein Kranz mit dieser Inschrift auf der Trauerschleife wurde von Medizinstudierenden anlässlich der Gedenkfeier für die Körperspender und Körperspenderinnen der Anatomie bereitgestellt. Die Feier fand unter Mitwirkung der Klinikseelsorge, vertreten durch Pfarrerin Susanne Gessner und Pastoralreferent Stephan Wach, in der Kapelle des Neuen Friedhofs statt.

In einem feierlichen ökumenischen Gottesdienst wurde hier insgesamt 28 Körperspenderinnen und Körperspendern gedacht, die ihren Körper nach ihrem Tod der Justus-Liebig-Universität Gießen für die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten und die Forschung gespendet haben.

»Jeder von uns hat eine eigene Geschichte, und die derer, die sich zur Spende bereit erklärt haben, sind nun auch zum Teil unserer Lebensgeschichten geworden. Diese Erfahrungen, die wir sammeln durften, sind etwas, was uns auf unserem weiteren Berufsweg immer begleiten wird und woran wir uns immer erinnern werden«, so Luisa Walcker, die stellvertretend für die Studierenden das Wort an die Anwesenden und insbesondere die Hinterbliebenen richtete.

Sehr bewegend beschrieb sie die Dankbarkeit, die sie und ihre Kommilitonen gegenüber den Spendern für ihr »großes Geschenk« empfinden. Dankbar seien die Studierenden aber auch den Hinterbliebenen, die diese Entscheidung mitgetragen und unterstützt haben.

Dr. Klaus Deckmann, der sich als Vertreter der Lehrenden an die Hinterbliebenen wandte, betonte die unermessliche und unersetzliche Bedeutung der Körperspende für die Ausbildung der Studierenden, die es erlaubt, »Anatomie zu begreifen«. Somit stellten sich die Spender »in den Dienst der Allgemeinheit«, was sie sehr ehre. Nicht die Lehrenden, sondern die, die ihre Körper spenden, seien die wahren Lehrer in der Anatomie.

Mit bewegenden Worten richtete sich im Anschluss Pfarrerin Gessner an die Trauergemeinde. Es sei nun an der Zeit, Frieden zu finden und seinen Frieden zu machen«. Mit ihren einfühlsamen Worten schaffte sie es, den Hinterbliebenen Raum für Erinnerungen zu geben und betonte die Wichtigkeit, nun, mehrere Jahre nach dem Tod, einen Ort der Trauer zu finden, um das, was noch nicht verarbeitet sei, zu verarbeiten.

Die Gedenkfeier wurde von zahlreichen Studierenden gestaltet. Unter Leitung von Alexandra Kiunke und Clara Bartsch studierte der Chor der Medizin eigens für diesen Anlass mehrere Stücke ein. Zahlreiche Studierende umrahmten den ökumenischen Gottesdienst mit Klavier und Streichinstrumenten musikalisch und trugen Fürbitten vor.

Die letzte Ehre erwiesen den Verstorbenen neben mehr als 100 Hinterbliebenen und den Dozentinnen und Dozenten der Anatomie auch etwa 300 Studierende, die bei Trompetenklängen im Hintergrund und mit Kerzen in den Händen, den Weg zum Urnenfeld der Universität säumten und so die Trauergemeinde zur letzten Ruhestätte der Spender geleiteten.

Hier wurden 22 Körperspenderinnen und Körperspender beigesetzt, während sechs weitere im Kreise ihrer Familien bereits bestattet wurden oder in naher Zukunft bestattet werden. Sichtlich ergriffen nahmen die Hinterbliebenen und die Trauergemeinde abschließend den Segen von Pastoralreferent Stephan Wach entgegen.

Ein würdevoller Abschied von den Körperspenderinnen und Körperspendern, die nicht nur den Hinterbliebenen in Erinnerung bleiben werden, sondern durch ihr Vermächtnis im Tod dem Leben dienten.

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