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»Viele machen sich auf diesen Weg«

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Die inneren Spuren des Anlagenrings sind im Rahmen des Verkehrsversuchs Fahrrädern vorbehalten. Archivfoto: Schäfer © Rüdiger Schäfer

Das Fahrrad gewinnt mehr Raum in Gießen. Die Autos verdrängen wollen Bürgermeister Alexander Wright und die Grünen nicht.

Gießen. Später Nachmittag auf dem Anlagenring. Auto reiht sich an Auto, und das zumeist auf vier Spuren. Eng geht es zu in der Neuen Bäue zwischen Autos und Bussen, die sich gekonnt durch die schmale Straße schlängeln. Genau dieses Bild will die Koalition aus Grünen, SPD und Gießener Linke ändern. Weniger Pkws in der Innenstadt: »Stellen wir uns vor, es sind richtig viele Menschen auf dem Fahrrad unterwegs. Dadurch entsteht eine ganz andere Stimmung. Das sehen wir auch in anderen Städten, von denen sich viele auf diesen Weg machen. Häufig haben sie die gleichen Diskussionen wie wir«, sagt Bürgermeister Alexander Wright von den Grünen. »Die Stadt Marburg arbeitet aktuell gemeinsam mit den Bürgern daran, Mobilität in der Gesamtheit in den Blick zu nehmen und verschiedene Bedürfnisse miteinander in Einklang zu bringen. Dazu wird das gesamtstädtische Mobilitäts- und Verkehrskonzept ›MoVe35‹ erarbeitet, berichtet etwa Patricia Grähling vom Fachdienst Presse und Öffentlichkeitsarbeit. Und auch in Wetzlar und Mannheim sind Autos in der Innenstadt wichtiges Thema.

»Schnell zehn bis zwanzig Prozent weniger Verkehr«

In Gießen ist das nach wie vor der Anlagenring. »Der Radverkehr, der momentan vom der Neuen Bäue über den Marktplatz zur Neustadt fährt, nimmt stark zu. Wir haben jetzt schon Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern an Marktplatz und Kirchenplatz«, erklärt Wright. Wenn man noch mehr Radverkehr haben wolle und an der aktuellen Situation nichts ändere, würden sich die Konflikte verschärfen. »Sie reduzieren wir auch dadurch, dass wir ein Angebot auf dem Anlagenring schaffen, so dass man mit dem Rad nicht immer durch die Stadt muss. Dadurch haben wir auch für Fußgänger eine angenehmere Situation geschaffen«, so der Bürgermeister. Wichtig sei zudem, dass weniger Autos durch die Stadt fahren. »Das ist momentan unser Thema. Menschen fahren die Marburger Straße runter, einmal auf den Anlagenring und auf der Frankfurter raus. Diese Leute werden künftig laut Gutachten den Gießener Ring nutzen, wodurch wir schnell zehn bis zwanzig Prozent weniger Verkehr auf dem Anlagenring haben.« Dadurch reduzierten sich Lärm und Emissionen, was wiederum eine bessere Lebens- und Aufenthaltsqualität bedinge.

Weitere, bereits ausgeschriebenen Maßnahmen zugunsten des Fahrrades finden in der Alicenstraße und der Ludwigstraße statt. »Die Alicenstraße ist ein Projekt, das uns länger begleitet und von meinem Vorgänger Peter Neidel angestoßen wurde. Da geht es darum, dass man mit dem Rad schneller über die Frankfurter Straße fahren kann. Wenn wir dann noch die Unterführung Sieboldstraße einbinden, kommt man schnell an die Lahn«, erläutert Wright, Damit Radfahrer die Frankfurter Straße einfach und sicher queren können, entsteht ein Überweg mit Fußgängerampel. Die Sanierung der Ludwigstraße, wo unter anderem Fahrradstreifen entstehen und Tempo 30 eingerichtet werden soll, findet etwa zeitgleich mit dem Verkehrsversuch statt. »Wir haben auch geschaut, was der Verkehrsversuch für die Ludwigstraße bedeutet, und die Baustelle entsprechend angepasst. Eigentlich hatten wir geplant, am Riegelpfad anzufangen. Jetzt machen wir es genau umgekehrt, damit die Verbindung zur Bismarckstraße schnell wieder freigegeben ist, so dass man über Grünberger Straße, Ludwigstraße und den Aulweg ins Südviertel fahren kann«, macht Wright deutlich.

»Wollen Autos nicht aus der Stadt verbannen«

Weitere Fahrradstraßen sollen bis Herbst in der Neuen Bäue, der Walltorstraße und der Dammstraße entstehen. »Ich hoffe, wir kriegen das alles hin. Man sieht, wir haben viel vor. Doch Corona ist immer noch ein Risiko für Abteilungen in der Verwaltung.« Das Auto aus der Stadt verbannen wolle man nicht. Wenn der Verkehrsversuch soweit durch sei, werde die Stadt mit dem digitalen Parkleitsystem beginnen, damit Besucher von außerhalb schnell in die Parkhäuser fänden. »Zum Versuch werden wir Schilder aufstellen, die in die Parkhäuser führen. Die anschließende Digitalisierung ist das Ziel«, resümiert der Bürgermeister.

Vor der Arbeit am Mobilitätskonzept habe man in Marburg bereits einiges auf den Weg gebracht. »Für den Radverkehr wurden unter anderem Markierungen in verschiedenen Straßen in der Innenstadt umgesetzt, Lastenfahrradparkplätze geschaffen, eine deutliche Erweiterung des Radabstellangebots in den Quartieren und eine Fahrradzone eingerichtet«, berichtet Grähling. Das Konzept »MoVe35« werde voraussichtlich 2023 vorgelegt. »Zu beachten ist, dass es ein strategisches Konzept ist, das die Leitlinien für die Mobilitäts- und Verkehrsentwicklung für die kommenden 15 Jahre festlegt«, so die Mitarbeiterin der Stadt Marburg.

»Im Zusammenhang mit dem Neubau der Domhöfe und dem Parkhausneubau an der Goethestraße gibt es Überlegungen, Domplatz und Eisenmarkt autofrei zu gestalten. Dazu wird es noch eine Bürgerbeteiligung mit Planungsworkshop geben. Hier steht jetzt gerade die Beauftragung eines entsprechenden Büros an«, führt der Wetzlarer Pressesprecher Eckhard Nickig aus. Auch habe es Überlegungen gegeben, die Fahrbahn des Karl-Kellner-Rings in Richtung Rathaus in die Seibertstraße zu verlegen. »Damit würde man auf dem Karl-Kellner-Ring zwischen Sophienstraße und Neustadt Platz gewinnen, um die Aufenthaltsqualität für Fußgänger zu erhöhen und Platz für den Radverkehr zu schaffen. Das hängt aber alles auch von den weiteren Planungen zum Westanschluss (B 49) ab. Hier ist ja mit dem Umbau der B-49-Hochbrücke zu einer Tunnelumfahrung vieles im Schwange, was die Entwicklung auf der dann ehemaligen Trasse anbetrifft«, fasst Nickig zusammen.

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