1. Startseite
  2. Stadt Gießen

Visite auch an Weihnachten

Erstellt:

Von: Julian Spannagel

giloka_2712_clowndocs_eb_4c
Abwechslung im Klinikalltag: Ulrich Fey alias »Doktor Schlau-Schlau« besuchte an Heiligabend Kinder und Jugendliche im Gießener Universitätsklinikum. Foto: Spannagel © Spannagel

»Doktor Schlau-Schlau« zaubert jungen Patienten im UKGM in Gießen ein Lächeln ins Gesicht

Gießen . Ein Aufenthalt im Krankenhaus kann Kindern reichlich Geduld abverlangen - auch oder gerade über die Feiertage. All diese Erwachsenen in Kitteln, allerhand Messungen und dazu weit weg vom gewohnten Zuhause. Da kommt ein gut gelaunter Clown durchaus gelegen, um etwas Farbe in die klinische Struktur zu bringen.

Im Gießener Uniklinikum gehört ein halbes Dutzend dieser bunten Vertreter des Humors mit roten Nasen zum Personalstand fest dazu. Und jetzt zur Weihnachtszeit pausierte natürlich auch das Kranksein nicht - und deshalb waren die »Clowndoktoren« auch an Heiligabend im Einsatz, um den jungen Patienten ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.

Ulrich Fey ist einer dieser Clowns. Den Kindern und Jugendlichen, die schon mal im Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) gewesen sind, dürfte er eher als »Doktor Schlau-Schlau« bekannt sein. Er trägt ein farbenfrohes Outfit, hat etwas weiße Schminke unter den Augen und auch die rote Clownsnase darf selbstverständlich nicht fehlen. Da Weihnachten ist, hängt um seinen Hals zudem eine Lichterkette. Auf seine Umgebung blickt er durch eine Brille in Rentier-Aufmachung. Ein starker Kontrast zu den Krankenschwestern in ihrer blauen Arbeitskleidung, die während seiner »Visite« auf den Zimmern und Gängen ihrer Arbeit nachgehen.

Ein bisschen Albernheit

Während des Interviews huscht gelegentlich ein Kind im Foyer der Station vorbei und Fey nimmt sich auch dann die Zeit: Eine kleine alberne Regung hier, eine lustige Begrüßung dort. Und manchmal reicht auch der bloße Anblick seines Outfits, um etwas Abwechslung in das sterile Klinikgebäude zu bringen. »Die meisten freuen sich«, fasst Fey die Beliebtheit der »Clowndoktoren« zusammen. Manch ein Kind, das entlassen werden soll, wolle zudem nicht gehen, ohne sie zuvor noch zu sehen.

Immer dienstags und donnerstags sind die Clowns auf Station, die verschiedenen Bereiche sind abwechselnd dran. Jetzt zur Weihnachtszeit sind die regulären »Visiten« ausgesetzt, stattdessen sind die Clowns einfach so da. Aber auch wenn viele der Patienten sie mögen, kommen die Clowns längst nicht bei allen gut an. Ein Junge, vermutlich mit seinem Vater, läuft vorbei. Er ignoriert »Doktor Schlau-Schlau«, der sich so genannt hat, weil er früher einmal als Lehrer gearbeitet hat. Ulrich mutmaßt, dass er dem etwa zehn Jahre alten Jungen womöglich schon zu »uncool« sei.

Auch bei den Visiten komme es mitunter vor, dass es für die Unterhalter besser sei, wegzugehen, beispielsweise bei Teenagern. Doch auch darin sieht Ulrich, der 23 Jahre Erfahrung als Clown auch außerhalb der Klinik hat, kein Problem. Auf Seite der Clowns bestehe kein Erfolgsdruck. »Es geht um die Kinder, nicht um die Clowns«, betont er.

So ist auch die Clownsrolle am jeweils individuellen Wesen der jungen Patienten ausgerichtet. »Was ist das für ein Kind?« sei die Frage, die sich bei einer »angemessenen« Aufnahme eines humoristischen Drahts stelle. Wenn er nachdenke, sei es bereits vorbei. Der Schlüssel für seine Clownstätigkeit sei eine »permanente, unmittelbare Aufmerksamkeit auf alles«.

Was ein Clown so macht, ist also meist eher spontan und improvisiert. Bei Jüngeren gehöre oftmals auch Musik dazu. Das kann dann eben auch einfach mal schief gehen. »Humor ist immer gefährlich«, sagt Fey. Schließlich muss er ja auch für beide Seiten funktionieren und ankommen. Es gibt zudem einen weiteren Grund, der die Spaßmacher auf der Kinder- und Jugendstation so wertvoll macht. Denn bei ihnen haben die Patienten die Möglichkeit, etwas zurückzuweisen, was ihnen nicht gefällt. »Wir sind die Einzigen, die ein ›Nein‹ akzeptieren«, verdeutlicht Fey. Anders als bei medizinisch notwendigen Prozeduren sei es bei Clownbesuchen möglich, sich abzugrenzen. Dies sei für die Kinder auch eine Erfahrung der eigenen Wirksamkeit.

Fester Teil des Klinikteams

Auch beim Personal sind die Clowns beliebt und fester Teil des Teams. Auch für die Erwachsenen seien sie eine Abwechslung zum »technischen« und »strukturierten« Klinikalltag. Aus diesem auch mal herausgerissen zu werden, sei für sie ebenfalls gut.

Bei den Besuchen im Klinikum arbeiten das medizinische Personal sowie die Clowns zudem eng zusammen. So erfahre Fey beispielsweise im Voraus, wenn ein Kind besser nicht besucht werden solle. »Dann gehen wir auch«, sagt er, der das Clown-sein hauptberuflich macht. »Wir sind ja weder Piloten noch Chirurgen.«

Das Geld für die Besuche der »Clowndoktoren« wird durch Spenden generiert. Mittlerweile finden die Besuche am UKGM auch wieder in Präsenz statt. Während stärkerer Einschränkungen im Zuge der Pandemie haben die Berufsunterhalter auf Tablets zurückgegriffen. Aus der Ferne konnten die Kinder ihnen bei dem, was Clowns so eben machen, zusehen. Der Auftritt per Video sei zwar anders als in Präsenz. Aber: »Das ging erstaunlich gut.«

Auch interessant