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Von Rasern und Blitzern

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Auf dem Podium der Stadtteilkonferenz zum Thema Verkehr: Stephan Pussel, Carina Diegel, Hiba, Hanna, Alexander Wright, Rainer Stoodt und Moderatorin Alexandra Böckel (v.l.). Foto: Schäfer © Schäfer

»Überall hört man, dass Tempo 30 nicht eingehalten wird,« bestätigte Verkehrsdezernent Wright. Er nahm an der Stadtteilkonferenz Gießen-Nord-Ost teil und musste sich viele Probleme anhören.

Gießen. »Viele rasen!«. »Rücksichtslos!« »Fast alle sind zu schnell!« Das sind die häufig-sten Klagen von Anwohnern in Wohngebieten, in denen Tempo 30 gilt. Dies bestätigte auch Bürgermeister Alexander Wright als Verkehrsdezernent in der Stadtteilkonferenz Nord-Ost in der Aula der Pestalozzischule: »Überall hört man, dass Tempo 30 nicht eingehalten wird.« Auf einer Podiumsveranstaltung wurde diese Raser-Problematik auch mit den Anwesenden ausführlich abgehandelt.

Neben Wright saßen Rainer Stoodt (Gesellschaft Soziales Wohnen), Stephan Pussel (Kita St. Thomas Morus), Carina Diegel (Jugendtreff Spenerweg) sowie die Jugendlichen Hiba und Hanna auf der Bühne. Die Moderation oblag Alexandra Böckel (Freiwilligenzentrum). Für den Arbeitskreis Gießen Nord-Ost hatte das Quartiersmanagement Eulenkopf die Veranstaltung organisiert.

Fakt ist, dass ein »Tempo-30-Schild« in einem Wohngebiet solange gilt, bis dieses Geschwindigkeitslimit durch ein »Ende-30-Schild« aufgehoben wird. Ein einziges Verbotsschild an einer Straßeneinfahrt kann also für mehrere Straßen, sogar für ein ganzes Wohngebiet gelten. Dies scheint vielen Autofahrern nicht bewusst zu sein. Also zusätzliche 30er-Schilder aufstellen und damit den Schilderwald vergrößern? Wright ist dagegen, weil diese Schilder mehr als nur selten nicht wahrgenommen würden. Er präferiert auf die Fahrbahn aufgebrachte »Tempo-30-Piktogramme«, die mehr in der Sichtachse der Autofahrer lägen und deshalb wesentlich stärker von ihnen wahrgenommen würden.

Der Verkehrsdezernent versprach, das Problem auch mit häufigeren Kontrollen und mehr Sanktionen anzugehen. Eine mobile Blitzereinrichtung in Form eines Trailers (Anhängers) schaffe die Stadt derzeit an, um regelmäßig an wechselnden Stellen blitzen zu können. Auch würden künftig mit einer Laserpistole »überraschende Geschwindigkeitskontrollen« durchgeführt. »Der Autofahrer darf nirgends mehr sicher sein, ob vielleicht doch geblitzt wird.« Von ins Gespräch gebrachten Blitzer-Attrappen ist der Bürgermeister nicht so begeistert. »Mit der Zeit durchschauen das die Autofahrer.«

Pussel kritisierte, dass die vor zwei Jahren fertiggestellte Mittermaierstraße »fürs Rasen freigegeben« worden sei: »Eine coole Abkürzung zwischen Licher und Grünberger Straße ohne Ampel.« Wright bemerkte, dass dieser Weg sehr wohl als Durchgangsstraße gedacht gewesen sei. »Da kann man bei der Gestaltung nicht mehr viel machen.« Allerdings sei bei der neuen Kita in der Straße, die im Herbst eröffnet werde, geplant, die Querungsmöglichkeit mit einer Mittelinsel zu erleichtern.

»Wieso gibt es in Gießen in reinen Wohnvierteln kaum Bodenschwellen?« Das wollte der ehemalige Stadtpolitiker Michael Janitzki wissen. Die darauf folgende Diskussion beleuchtete Für und Wider. Für Lastenräder sei es problematisch. Niedrig gestaltete Hürden für Autos fast nicht bemerkbar.

Und zu Zebrastreifen erläuterte der Bürgermeister, dass diese nur an einer Stelle aufgebracht werden können, wenn eine bestimmte Anzahl von Fußgängern und auch Autos dort gezählt worden wären. Er bezeichnete dies als »Rahmenbedingung für eine Handlungsoption.« Ähnlich ist es bei 30er-Zonen. Auch dort seien der Stadt oft die Hände gebunden.

Beate Weiland vom Vorstand der Wohnbaugenossenschaft, die in der Marshallsiedlung 280 Wohnungen besitzt, berichtete, dass es dort viele Kinder und etliche Spielplätze gebe. Sie befürchte ein weiteres verstärktes Verkehrsaufkommen, wenn das Areal des ehemaligen Kellertheaters mit vielen Wohnungen bebaut an die Monroestraße verkehrstechnisch angeschlossen werde. »Wir brauchen eine Lösung!« so ihre Forderung. Während die Monroestraße der Stadt gehört, ist die Clevelandstraße eine Privatstraße der Genossenschaft.

Als die Elterntaxis als Problematik bei Kitas und Schulen aufgegriffen wurden, wies Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser darauf hin, dass die Stadt zwei Projekte durchführe. So in der Grundschule West, wo die Kinder von einem entfernten speziellen »Pkw-Ausstiegsplatz« gemeinsam und sicher zur Schule gelangten. »Und in der Sudetenlandstraße schaffen wir gerade einen besonderen Kinderweg zur Georg-Büchner-Schule.«

An Stellwänden in der Aula waren Dutzende großflächige Skizzierungen und Fotos angebracht, die Verkehrspunkte zeigten, die »als nicht sicher« empfunden werden: manche Einmündungen, lange Rückstaus, fehlende Fuß- und Radwege. Forderungen und Alternativen waren gesondert aufgeführt: »Keine Lkw-Fahrschule durch die Fröbelstraße!« war da zu lesen oder auch »Bahnstation Rödgener Straße!« und »Mehr Kreisverkehr-Regelungen!«.

Wright notierte eifrig und versprach, sich um die zahlreichen Anliegen zu kümmern. Jakob Handrack (St. Thomas Morus) sieht die größte verkehrsberuhigende Maßnahme im verkehrsreduzierten Mobilen Individualverkehr (MIV). Nach Wrights Ansicht geht dies nur durch eine Umstellung, die im Kopf geschehen müsse. »Unsere Aufgabe als Politiker liegt darin, für bessere Rad- und Fußwege zu sorgen, den aufgeteilten Verkehrsraum umzuverteilen und Alternativen attraktiver zu machen.«

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