Was macht die Kunst?

Studierende des Instituts für Kunstpädagogik Gießen zeigen ihre Semesterabschlussarbeiten im KiZ. Die vielfältige Schau wird am Mittwoch, 26. April, eröffnet.
Gießen. Zu den angenehmen Ereignissen in der Kunstszene gehört die alljährliche Schau, in der die Studierenden des Instituts für Kunstpädagogik (IfK) ihre Semesterabschlussarbeiten im KiZ, Kultur im Zentrum, präsentieren. Auch diesmal ist dabei eine sehenswerte, sehr vielfältige Ausstellung herausgekommen. Am heutigen Mittwoch ist Eröffnung.
Man sieht die Examensarbeiten von 17 Studierenden, die unter der Leitung von Prof. Martin Schepers standen, und sie haben erfreulicherweise das KiZ wieder einmal so verwandelt, dass man es stellenweise nicht mehr wiedererkennt. Doch auch die weniger dramatischen Werke lohnen den Besuch.
Gleich am Haupteingang begegnen einem die knuffigen runden Objekte von Finia Johanna Peils Skulpturengruppe »Spiel mit den Gegensätzen«. Es ist ein friedliches Miteinander runder und eckiger Objekte, sie wirken ein bisschen wie spielerisch versehentlich hingeworfen.
Stählerne Figuren
Im Hintergrund wartet schon Ann-Christin Veegers »Reflexion«, eine Gruppe angedeuteter, ganz schlanker stählerner Figuren. Die Gruppe wirkt wie von einer großen Welle in Bewegung versetzt. Die Gesichter, obzwar nur angedeutet, strahlen dennoch eine gewisse Traurigkeit aus. Erinnert an Roberto Cuoghis »Imitatio Christi« (2017).
Kommt man zur Hintertür ins Haus, empfängt den Besucher eine zunächst normal wirkende Reihe von Bildern, Zacharias Schermulys Fotos in strenger Reihenfolge »Avocatio«. Er zeigt die Ambivalenz von Lebensräumen und eine Fotografie zwischen Dokumentation und künstlerischer Suche, die Mehrzahl der abgebildeten Menschen sucht gerade etwas auf dem Smartphone, was aber nicht das Hauptthema ist.
Anna Lena Hamperl ließ jedoch alles hinter sich, als sie ihre Installation mit textilen Skulpturen »So’n Bauzaun« schuf, die wie eine Sammlung von Baustellenabsperrungen wirkt, aus denen der Weichmacher entwichen ist: Jetzt fließen die Objekte gleichsam über die Brüstung und folgen willig dieser Form oder liegen leicht zerknautscht am Boden. Hamperl interessiert die Baustelle als »Lücke in der Architektur der Stadt«, und ganz ähnlich chaotisch wie das umzäunte Chaos einer Baustelle wirkt auch diese Installation ein bisschen exterritorial.
Denise Scheyer geht in ihren drei Textilbildern »Craft riot« der Frage nach, ab wann Handarbeit die Grenze zur Kunst überschreitet, dem Stellenwert der Textilkunst innerhalb der freien Kunst. Im Fokus steht für sie die Rolle, die das Geschlecht der Ausführenden bei der Schaffung dieser Distinktion gespielt hat und immer noch spielt.
Gemeinsam ist den Arbeiten ein heiterer Ansatz, der vielleicht von der friedlichen Art der Beschäftigung der Figuren herrührt: eine gießt eine Blume, ein Mann strickt und eine Frau stickt. Friedlich, aber nicht naiv.
Zersetzung
Gleich links vom Haupteingang sieht man Alisa Kallschs Dreiergruppe »Bezug außen innen«. Sie zeigt »Langsame Malerei für Entschleunigungen«. Es sind sehr sorgfältig ausgeführte, träumerische Blicke hinein und hinaus und durch Räume, transparente Vorhänge, sie behindern den Blick ein wenig, machen das Durchdringen aber interessanter; insgesamt ein stilles, tiefes Wasser.
Im Untergeschoss geht auch so einiges vor sich. Über allem hängt Marvin Starfingers Markise mit Objekten »Zersetzung« wie ein Netz voller Müll. Die Arbeit thematisiert den ökologischen Stoffkreislauf der Produzenten, Destruenten und Konsumenten in einer kritischen Art und Weise.
Eva Goll zeigt an der großen Wand expressive Siebdrucke zum Thema »Ästhetisches Empfinden« - und das ist noch lange nicht alles.
Es ist eine wirklich sehenswerte, anregende Schau, die heute um 19 Uhr im Kultur im Zentrum (KiZ), Südanlage 3a, eröffnet wird.