Weihnachten als Hoffnungs-Botschaft

Wie wollen Sie angesichts all der Krisen den Menschen Mut machen?
Mit der eigentlichen Weihnachts-Botschaft! Zwar merken wir in diesem Jahr wieder, dass die Welt alles andere als perfekt und friedlich ist. Aber genau in diese nicht-perfekte Welt ist auch Gott vor 2000 Jahren in Jesus gekommen und kommt auch heute. Weihnachten und das Christentum sind eine Hoffnungs-Botschaft im »Trotzdem«: »Ein Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen«. Außerdem mit einem, auch dankbaren, Blick auf Wesentliches: Solidarität, Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Empathie und Mitgefühl: Gottlob gibt es ermutigende Beispiele dafür, dass Menschen gerade in Krisenzeiten diese Werte praktizieren.
Auch in den Kirchen ist es kalt. Auf welche Weise bringen Sie Wärme in die Herzen der Besucher?
Zunächst: Das eingeschränkte Heizen ist ein Beitrag, um einer drohenden Energieknappheit vorzubeugen. Zum Glück dürfen wir an Weihnachten etwas stärker heizen als im übrigen Winter. Atmosphärisch sind ja Lieder und Musik ein wichtiger Beitrag zu einem schönen Gottesdiensterlebnis: In St. Bonifatius gibt es in der Kinderchristmette ein Krippenspiel mit dem Kinderchor, in der Christmette um 22 Uhr weihnachtliche Barockmusik mit Violine, Cello, Flöte und Orgel und am 1. Weihnachtstag um 11 Uhr wird eine Mozart-Messe musiziert. Und es gibt es in allen Kirchen Weihnachtslieder und Orgelspiel.
Wie stressig ist bei Ihnen in den Wochen vor Weihnachten der Arbeitsalltag?
Stressig ist es im heutigen Alltag einer Großpfarrei oder eines Pastoralraums fast immer, wobei die Verwaltung einen übergroßen Raum beansprucht, womit ich ziemlich hadere. Ich hätte gerne mehr Zeit für die Menschen und auch das Gebet. Vor Weihnachten geht es zum Beispiel darum, Gottesdienste und Predigten vorzubereiten, diesbezügliche Pläne und Einzelheiten abzusprechen, Adventsgottesdienste und Beichtzeiten anzubieten, Texte für Pfarrbrief und Grußworte zu formulieren, aber auch um viel sonstiges »Tagesgeschäft«, das »weiterläuft«. Und dann gibt es natürlich noch adventliche Treffen und Feiern.
Sie sind in Lich geboren, waren aber lange in Dreieich. Wie ist es, in die alte Heimat zurückzukehren?
Das freut mich wirklich, denn ich bin Lich und Gießen sehr verbunden, obwohl ich nun über 25 Jahre anderswo gelebt habe. Ich habe in Gießen Abitur gemacht, dann Zivildienst in der Evangelischen Lukasgemeinde (!) und auch mein Studium in Gießen begonnen. Den kulturellen Reichtum in der Universitätsstadt und die große Bedeutung der Ökumene oder der Caritas finde ich sehr wichtig und erfreulich. Ich war auch sehr gerne in Dreieich und dort als Dekan intensiv in den »Pastoralen Weg« involviert. So kam es überraschend, dass mich die Bistumsleitung auf die Stelle als Pastoralraumleiter in Gießen angesprochen hat.
Welches Thema hat Ihre Predigt an Heiligabend?
Mit Blick auf unsere unruhige Welt, dass Gott in Jesus unter sehr unvollkommenen Umständen in eine auch damals unruhige Welt gekommen ist, und das nicht zufällig: Es geht darum, dass er seine Solidarität und Nähe zu den Schwachen und Unterdrückten zeigen will und uns und unsere Welt so annimmt, wie wir sind, mit unseren Unvollkommenheiten und Schwächen. Papst Franziskus würde sagen, mit unseren »Verletzungen und Beulen«. In diese Welt bringt Jesus Licht, Hoffnung und Frieden, die in unseren Herzen ankommen wollen. Das ist ungefähr das Thema für die Christmetten um 18.30 Uhr in St. Thomas Morus und um 22 Uhr in St. Bonifatius.
Warum sind gerade zu Weihnachten die Kirchen so gut besucht, und wie ließe sich das auch im übrigen Jahr erreichen?
Weihnachten ist ein atmosphärisches Erleben durch Lieder, Krippenspiel, Baum und Kerzen. Das sind schöne Zeichen und ihre Beliebtheit ist sehr nachvollziehbar. Vielleicht drücken sie durchaus eine Art »Glaubens-Sehnsucht« aus. Für das übrige Jahr gibt es keine einfachen Antworten. Einer jahrzehntelangen Entwicklung des Glaubensschwundes in Westeuropa ist schwer entgegenzusteuern. Mit dem oft genannten Stichwort »attraktiver machen« kommt man hier nicht weiter. Letztlich geht es darum, sich bewusst zu werden, dass ein Gottesdienst keine Unterhaltungssendung ist, sondern ein Dialog, eine Begegnung mit Gott und der Glaubensgemeinschaft. Nur dann werden Sinn und Relevanz eines Gottesdienstes spürbar.
Wie feiern Sie selbst das Weihnachtsfest?
An Weihnachten vor allem und gerne im Gottesdienst und mit Musik! Natürlich auch mit »privatem« Weihnachtsbaum. Danach auch ein bisschen entspannter, mit Besuchen, Telefonaten, Briefeschreiben, Musikhören, Lesen. Mir ist es wichtig und kostbar, dass Weihnachten nicht nur zwei oder drei Tage sind, sondern es eine Weihnachtszeit gibt, die dieses Jahr bis zum 8. Januar dauert. Das gibt etwas Zeit, Weihnachten »ankommen« zu lassen.