»Weltliteratur kommt nach Gießen«

Das Literarische Zentrum Gießen stellt sein neues Programm vor: mit dabei sind diesmal ein historischer Roman, eine Graphic Novel und eine Kinderbuchlesung.
Gießen. Nimmt man allein die Publikumsreaktionen auf das Programm des Literarischen Zentrums Gießen zum Maßstab, muss den Freunden des guten Buchs nicht bange sein. Die Veranstaltungen der vergangenen knapp drei Monate waren allesamt voll besetzt und die heutige Lesung mit Stephan Thome im Garten der Kongresshalle »hätten wir dreimal ausverkaufen können«, wie der LZG-Vorsitzende Sascha Feuchert sagt. Wer kein Ticket für diese Veranstaltung bekommen hat, muss sich aber nicht lange grämen. Jetzt stellte das LZG sein neues Programm vor - und Feuchert jubelt: »Da kommt Weltliteratur nach Gießen«.
Gemeint ist Steve Sem-Sandberg, der am 21. Juli (18.30 Uhr) im Palmenhaus des Botanischen Gartens seinen Roman »W« vorstellen wird. Der Schwede ist Mitglied der Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt, aber für Feuchert selbst längst ein Kandidat für höchste Weihen. In seinem Buch geht es um eine an Büchners Woyzeck angelehnte Titelfigur im Leipzig des späten 18. Jahrhunderts, die einen Mord begeht - sowie um Leidenschaft, Schuld, Krieg. Der Roman wird in einer Lesung von Stadttheater-Schauspieler Sebastian Songin vorgestellt.
Das Quartal beginnt allerdings bereits am 13. Juli (15 Uhr) mit einer Bilderbuchlesung in der Stadt- und Schulbibliothek Lollar. Die in Annerod lebende, mehrfach ausgezeichnete Autorin Antje Damm stellt ihr aktuelles Werk »Die Wette« vor, dass sich an Kinder von fünf bis acht Jahren richtet (Anmeldung nötig) und vom Umgang mit den Pflanzen handelt. Der Eintritt ist frei.
Weiter geht es am 14. Juli mit der traditionellen Sommerinszenierung der Germanistik-Theatergruppe der Justus-Liebig-Universität. Im Botanischen Garten gezeigt wird diesmal »Hans Wagner: Das Spiel vom Hl. Ursus«, das aus dem 16. Jahrhundert stammt und dem Publikum erneut einen historischen, wenig bekannten Stoff vermitteln will.
Ebenfalls wohlbekannt ist die Lesung mit Gewinnern des Ovag-Jugendliteraturpreises in den Gießener Marktlauben. Diesmal zu Gast sind die beiden Autorinnentalente Pia Bonn und Lilli Weiskopf, die ihre für einen Sammelband ausgewählten Kurzgeschichten vorstellen werden.
Der nächste Comic steht nach der Sommerpause des Literarischen Zentrums am 8. September auf dem Programm. Anna Geselle stellt dann im Prototyp ihr Buch »Furiositäten« vor, in dem sie sich mit der weiblichen Wut im Kontext der Geistesgeschichte beschäftigt. Von den griechischen Philosophen über Frankenstein-Erfinderin Mary Shelley bis zur US-Rapperin Lizzo reichen die Beispiele, um das Thema in Bildern und Texten - einer bebilderten Lesung - in den Blick zu nehmen.
An einer Kombiveranstaltung zu Goethe in Mittelhessen ist das LZG ebenfalls beteiligt. Auf dem Programm steht eine literarische Spurensuche: Am 11. September (11 Uhr) sind die Teilnehmer in Wetzlar auf den Spuren Goethes und Lottes in der Stadt unterwegs. Eine Woche darauf geht es am 18. September (11 Uhr) in Gießen weiter, wo der Dichterfürst immerhin einige Tage weilte. Dann lassen sich an markanten Plätzen »Akteure der damaligen literarisch-kulturellen Szene« kennenlernen, mit denen Goethe nicht nur freundschaftliche Beziehungen unterhielt (Anmeldung erforderlich). Hans Sarkowicz liest im Netanya-Saal aus seinem Buch »Goethes unbekannter Großvater«. Gegen Aufpreis kann zudem der historische Ballsaal in Volpertshausen besichtigt werden.
Die letzte Lesung des Quartals bestreitet am 28. September (19 Uhr) im Ulenspiegel der Autor Daniel Schreiber, der sich in seinem Buch »Allein« dem Single-Leben widmet. Es ist das persönliche Highlight von Hannah Brahm, die zusammen mit Anika Binsch die LZG-Geschäftsführung innehat. Der Autor, Jahrgang 1977, beschäftigt sich darin mit einer Lebensform, die von der Gesellschaft oftmals als Form des Scheiterns angesehen wird«, wie Hannah Brahm formuliert. Doch gerade die Pandemie habe die Einsamkeit vieler Menschen weiter verstärkt. Schließlich leben rund 17,5 Millionen Menschen in Deutschland allein. Schreiber rührt dabei an tiefsten Ängsten und benennt auch »eigene, intimste Erfahrungen«, berichtet die LZG-Geschäftsführerin.
Tickets für die neuen Veranstaltungen des LZG lassen sich ab dem heutigen Mittwoch reservieren: per Anmeldung über die Homepage, über das LZG-Büro oder die Tourist-Info. Neu ist ab sofort, dass reservierte Karten bis drei Tage vor der jeweiligen Veranstaltung abgeholt werden müssen. Anmeldungen sind bis auf die Veranstaltungen mit Antje Damm und die Goethe-Programme nicht nötig. Weitere Infos gibt es unter www.lz-giessen.de. (bjn)