Weniger Studenten in Gießen

Justus-Liebig-Universität Gießen und die Technische Hochschule Mittelhessen verzeichnen Rückgänge bei der Zahl der Studierenden.
Gießen. Der Blick in die Statistiken ist eindeutig: An Justus-Liebig-Universität und Technischer Hochschule Mittelhessen (THM) sind die Zahlen der Studierenden rückläufig. »Wir erleben seit der Pandemie einen interessanten, wenn auch nicht unbedingt erfreulichen Trend: Es gibt weniger Studierende - mit Folgen für den Studienbetrieb wie für die finanzielle Ausstattung der Hochschule«, erläutert THM-Präsident Matthias Willems im aktuellen THMagazin. Auch die JLU hat diesen Rückgang registriert. Aber er »ist im erwarteten Bereich, daher rechnen wir aktuell nicht mit negativen Folgen«, informiert Pressesprecherin Lisa Dittrich.
Zahlen sinken seit Jahren
Wintersemester 2020/21. An der JLU sind insgesamt 28 480 Studenten registriert. Ein Jahr später sind es 27 401, während die Uni im Wintersemester 2022/23 die Zahl von 26 088 Studenten verzeichnet. Der Blick auf die THM zeigt eine ähnliche Entwicklung. Im Winter 2020/21 sind dort 18 772 Studierende unterwegs. 2021/22 sind es 17 811, 2022/23 zählt die THM insgesamt 16 615 Studenten. Konsequenzen hat die Anzahl der Studierenden in Regelstudienzeit: Von 11 580 Köpfen 2021/222 ist sie auf 10 154 Köpfe im letzten Wintersemester gesunken.
»Für die Technische Hochschule hat diese Entwicklung unmittelbare Folgen. Für die THM wurde eine Mindestleistungszahl von 11.095 Studierenden in Regelstudienzeit vereinbart. Bei Unterschreitung erfolgt pro Kopf ein Abzug in Höhe von 4 000 Euro«, erläutert Willems. Die Zahl der Studierenden in Regelstudienzeit sei stärker rückläufig als die Gesamtzahl der Immatrikulierten. »So mussten wir 2022 eine Maluszahlung von 284 000 Euro leisten, in diesem Jahr werden es wohl 5,64 Millionen Euro sein, im nächsten Jahr voraussichtlich rund 7,8 Millionen Euro. Das entspricht 1950 Studierenden«, berichtet der THM-Präsident. Fast alle Universitäten und Hochschulen stünden vor diesen Herausforderungen. »Vor allem in der Pandemie waren wenige Immatrikulationen zu verzeichnen. Der internationale Austausch war fast zum Erliegen gekommen, die Umzugsneigung in Deutschland ebenfalls. Zudem gibt es Nachholeffekte bei Work-and-Travel oder Freiwilligendiensten. Und ganz entscheidend: Die Doppel-Abiturjahrgänge treten jetzt aus dem Studien- ins Berufsleben ein.« Die Zahl der Studenten in Deutschland werde mittelfristig nicht steigen. »Wir müssen also proaktiv auf uns aufmerksam machen. Das geschieht zentral in der Studienberatung, durch Marketing, Kommunikation und Pressearbeit, in Sozialen Medien und Studienportalen - direkt in Schulen, auf Messen oder in Projekten«, resümiert der Präsident der Technischen Hochschule.
Stärken des Standorts Gießen
Die JLU habe eine Entwicklung in diesem Bereich erwartet - auch bundesweit gingen erstmals nach 15 Jahren die Studierendenzahlen zurück. »Der Effekt der doppelten Abiturjahrgänge fällt mittlerweile weg, zudem spielt auch die demographische Entwicklung eine Rolle. Die Zahl der Abiturienten in Hessen ist von 2020 bis 2022 von 22.391 abgesunken auf 18.795. Das entspricht einem Rückgang um 16 Prozent«, führt die Pressesprecherin aus. Im gleichen Zeitraum habe die Justus-Liebig-Universität einen Rückgang der Studierenden im ersten Fachsemester von gut 13 Prozent erfahren. »Hier ist also auch insgesamt von einer veränderten ›Marktlage‹ für die Hochschulen zu sprechen. Nach einem Jahrzehnt stetigen Wachstums, das für die Universitäten übrigens auch mit großen Belastungen verbunden war, erleben wir jetzt eine Normalisierung«, so die Sprecherin. Die Universität behalte die Studierendenzahlen natürlich im Auge. Gemeinsam mit den Fachbereichen werde man das Studienangebot ausbauen und verstärkt auf die »hohe Qualität« der Lehre hinweisen. »Wir verfügen am Standort Gießen über Stärken, die andere Hochschulen nicht haben - von einer überschaubaren und sehr jungen Universitätsstadt mit zwar immer höheren, aber im Vergleich zu den Großstädten noch moderaten Mieten bis hin zu unserem einzigartigen Fächerprofil«, führt die Sprecherin aus. Mit notwendigen Rückzahlungen rechnet die JLU derzeit nicht. »Im Entwicklungsplan JLU 2030 ist die Zielzahl von 25.000 Studierenden genannt. Nach unseren Schätzungen befinden wir uns zudem im vorgesehenen Korridor der vom Land Hessen vorgesehenen Studierendenzahlen und müssen daher auch nichts an das Land zurückzahlen«, schließt die Pressepsrecherin der Universität.