Wer fährt, trinkt nicht - Punkt

Eine Erfolgsgeschichte: Seit 15 Jahren gibt es die Aktion BOB in Gießen, ein erfolgreiches Verkehrspräventionsprojekt für junge Menschen. Dies wurde auf dem Hof der Herderschule gefeiert.
Gießen. Nichts zu tun hat »BOB!« mit »BOB«. Obgleich beides »coole Nummern« für Jugendliche sind. Während der eine BOB! ein Rockradiosender ist, ist das andere BOB inzwischen zu einem Markennamen avanciert, unter dem Präventionsarbeit für Jugendliche vor ihrer Teilnahme am Straßenverkehr geleistet wird. In erster Linie geht es um »Don’t drink und drive!«, also um das Fahren ohne Alkohol. Auch bei Feiern. »Erst denken, dann lenken!«, heißt ein weiterer Slogan. Die Idee wurde 1992 in Belgien geboren, schwappte dann über Holland herüber zu uns, wo sie 2007 auch in Mittelhessen Fuß fasste. Das war vor 15 Jahren. Das kleine Jubiläum des Verkehrspräventionsprojektes »Aktion BOB!« wurde nun auf dem Schulhof der Herderschule mit einem Aktionstag begangen.
Landrätin Anita Schneider war erschienen, um den alljährlichen Scheck des Kreises in Höhe von 7500 Euro zugunsten »Verkehrssicherheit in Mittelhessen« zu übergeben. Polizeioberrat Gerhard Keller, der Direktionsleiter Verkehrssicherheit und Sonderdienst sowie Hauptkommissar Dirk Brandau, der Geschäftsstellenleiter »Verkehrssicher in Mittelhessen«, nahmen ihn dankbar entgegen. Keller: »Die gute Kommunikation mit dem Landkreis seit Anbeginn dokumentiert sich darin, dass von ihm seit 13 Jahren unser Projekt mit jährlich 7500 Euro gefördert wird.« Der Einzige von vier in Mittelhessen ist er, der diese Aktion finanziell unterstützt. Zu Mittelhessen zählen noch Lahn-Dill, Marburg-Biedenkopf und Vogelsberg. »Ich wünsche mir, dass dies auch die anderen Landkreise tun würden«, so die Landrätin. Eigentlich sollte das 15-Jährige auf dem Hessentag in Haiger gefeiert werden. Doch der wurde abgesagt. Als Ersatz wurden vier Schulen in den vier Landkreisen ausgewählt. Denn an den Schulen finden in den Klassen elf bis 13 regelmäßig Workshops statt, bei denen es um Verkehr, Alkohol, Drogen, ja und auch schon um Wohnungssuche geht. Schulleiter Stefan Tross zeigte sich erfreut, dass alle Oberstufenschüler diesen »für die Jugendlichen so wichtigen« Workshop durchlaufen können. 70 000 Schüler wurden in den bisherigen 15 Jahren erreicht. »Bei den 18- bis 24-Jährigen ist seitdem die Unfallhäufigkeit um 62 Prozent gefallen«, so Brandau. Mittelhessen hat sich zum Flaggschiff der Verkehrsprävention in Deutschland entwickelt. Keller: »Dies haben wir unserem Polizeipräsidenten Bernd Paul zu verdanken, der dieses Projekt stets sehr stark unterstützt hat.«
Auf einer Ansprache an Jugendliche in einem Flyer heißt es: »Hey! Alkohol am Steuer kann tödlich sein. Hast du mal drüber nachgedacht?« Und dann wird erklärt: »BOB ist eine 0,0-Promille-Aktion gegen Alkohol am Steuer.« Und weiter steht da: »Alkohol verlangsamt deine Reaktionsfähigkeit am Steuer und bringt dich und andere in Lebensgefahr.« Zum Schluss wird appelliert: »0,0-Promille - Pass auf dich und deine Mitmenschen auf. Denn mit Alkohol am Steuer ist nicht zu spaßen - isso!«
Dass damit tatsächlich nicht zu spaßen ist, wurde den Herder-Schülern an diversen Ständen vor Augen geführt. Da wurde auf einem Anhänger ein Schrottauto zur Schau gestellt. Ein 25-Jähriger war mit diesem Pkw alkoholisiert und nicht angeschnallt gefahren. Das Auto hatte sich beim Unfall überschlagen. Der Fahrer war aus dem Wagen hinausgeschleudert worden und hatte tödliche Verletzungen erlitten.
Auf einem Parcours mit einem Erwachsenen-Kettcar, das dem Autofahren nahekommen sollte, konnten die Schüler das Fahren mit 0,8 Promille Alkohol ausprobieren. Eine in den USA entwickelte spezielle Brille simuliert diesen Alkoholgehalt mit denselben Einschränkungen und damit einhergehenden Schwierigkeiten. Fast am Ende des Parcours warf ein Polizeibeamter einen Pylon (kegelförmiges Hütchen zur Markierung im Straßenverkehr) auf den Parcoursweg mit einigem Abstand vor das Kettcar. Kaum einem Schüler gelang es, mit seinem Gefährt vor dem Hindernis stehen zu bleiben. So auch der 16-jährigen Hannah nicht. »Durch die Brille war alles viel verzerrter. Vieles habe ich doppelt, gar dreifach gesehen. Alles viel weiter weg.« Und das überfahrene Hütchen? »Das habe ich gar nicht bemerkt.«
An einer sogenannten T-Wall, einer Reaktionswand, die aus 16 Tastenelementen bestand, konnten Reaktionszeiten gemessen werden. Die 16 Elemente werden so softwaregesteuert, dass sie in kurzem Zeitabstand an immer anderen Quadraten aufleuchten. Sobald der Proband das Licht berührt hat, leuchtet das nächste ganz woanders auf. Eine Minute dauert jeweils ein Durchgang. Brandau erzählte: »Die meisten schaffen in einer Minute nüchtern etwa 120 Anschläge, mit einer 1,2 Promille simulierenden Brille 70 bis 80.« Dem 16-jährigen Jonathan gelangen 105 Berührungen mit und 66 ohne Brille. Bei beiden Durchgängen mit je einem Fehlschlag.
An einem weiteren Stand ging es um Ablenkung, Geschwindigkeit, Pedelecs und anderes. An einer Multimediasäule konnten diverse Features abgerufen werden. So das Schätzen der Geschwindigkeit aus einem Auto heraus. Viele der Schüler verschätzten sich nicht nur im geringen Maße.
Auf einem Wimmelbild waren eine riesige Anzahl von Verkehrssituationen auf einem Stadtplan zu studieren und falsche Verhaltensweisen zu markieren. Brandau: »Statt stures Lernen von Verkehrsregeln und Verhaltensweisen macht das den Jugendlichen mehr Spaß. Dabei lernen sie spielerisch das 1x1 des Verkehrs.«
BOB ist keine Abkürzung, sondern ein leicht im Gedächtnis haftender Name - kurz und prägnant!
BOB kann jeder sein, egal ob Mann oder Frau, ob Jung oder Alt!
Der BOB trägt Verantwortung und fährt seine Freunde heim - und zwar mit null Komma null Promille.
Es gibt auch ein Erkennungszeichen für den BOB: den knallgelben BOB-Schlüsselanhänger. Dieser ist bei den Polizeidienststellen des Polizeipräsidiums Mittelhessen erhältlich. (red)