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»Wichtig für eine lebendige Innenstadt«

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Wie geht es weiter im Gießener Zentrum? Das will die Stadt ab dem 17. April mit Bürgern diskutieren. Foto: Scholz © Scholz

Gießen und seine Nachbarn verändern ihre Zentren. Die Wege ähneln sich bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten.

Gießen. Leben, Erleben, Einkaufen: Seit Jahren verändern sich Innenstädte und werden wieder zu echten Stadtkernen. Gießen, Marburg und Wetzlar haben sich längst auf diesen Weg gemacht - allerdings mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. »Die Stadt Marburg hat schon vor der Pandemie begonnen, ein Oberstadtentwicklungskonzept auf den Weg zu bringen - gemeinsam mit Handel und Gastronomie, den Bewohnern des Quartiers und den Eigentümern der Immobilien. Daraus ist das Quartiersmanagement mit dem Oberstadtbüro als Schnittstelle zu dem Stadtmarketing und der Stadtverwaltung, zu Eigentümern, Gewerbetreibenden und zu Bewohnern entstanden«, berichtet Sprecherin Patricia Grähling. In Wetzlar hat die Stadtverordnetenversammlung die Erstellung eines Rahmenplans für die Altstadt angestoßen. »Die Aufstellung des Rahmenplans soll durch einen intensiven Dialogprozess verschiedenster Interessenvertreter sowie Bewohner begleitet werden«, berichtet Pressesprecher Eckhard Nickig. In Gießen wurde »eine Fortschreibung des gesamtstädtischen Einzelhandels- und Zentrenkonzepts mit der Vertiefung für die Innenstadt erstellt«, erläutert Magistratssprecherin Claudia Boje. Darin enthalten seien auch Umfragen unter Online-Verbrauchern, Passanten, Händlern sowie Experten und Akteuren der Innenstadt. Rückschlüsse auf Verbraucherverhalten und Erwartungen seien möglich.

Bedürfnisse von Kunden und Besuchern

Die Stadt sei froh, dass in Gießen nach den Corona-Jahren und trotz Energiekrise und Inflation wieder Leben eingekehrt sei. »Das lässt sich auch messen: Die Frequenzzähler signalisieren, dass zum Beispiel im Seltersweg wieder viele Menschen unterwegs sind«, führt Boje aus. Mehr als erfreulich sei auch, dass Handel, Gastronomie und Kultur als Teil des Innenstadtlebens die Krisen weitestgehend überlebt hätten. Die Stadt habe die Innenstadt-»Beleber« aus Handel, Gastro und Kultur unter anderem durch die Stundung von Steuerforderungen, erweiterte Möglichkeiten der Außengastro, bei der Kultur beispielsweise durch Schaffung alternativer Präsentationen, durch Zuschüsse und Beratung unterstützt. »Natürlich hoffen wir sehr, dass die jetzt erfolgte Belebung von Dauer sein wird und das Publikum, die Kunden und Besucher den Angeboten und Anbietenden treu bleiben, sich weiter bewusst für den Besuch der Innenstadt entscheiden werden und den Machern damit die Chance geben, sich weiter zu konsolidieren«, erläutert die Sprecherin. Der Verbleib von Karstadt zeige, dass die City durch ihre Vielseitigkeit und Erlebnisqualität das Potenzial habe, im Wettbewerb zu bestehen.

Wichtig seien unter anderem die Öffnung der Innenstadt auch für Nutzungen jenseits des Shoppens sowie die Qualität des Aufenthalts durch Angebote zum Verweilen und Wohlfühlen wie Cafés, Brunnen oder Sitzbänke zu steigern. Zusätzliche Belebung erreiche man durch Feste wie Stadtfest, Weihnachtsmarkt oder spontane Events. Dies und weitere Faktoren wie Sonntagsöffnungen seien genauso wichtig wie die Frage der Erreichbarkeit aller Angebote. Boje: »Was wir als Stadt dafür tun und veranlassen können, dass sich diese positive Entwicklung weiter vollzieht: Ideen und Konzepte weiterentwickeln. Bewerten, was sich bewährt hat und was verändert werden muss.« Denn nur wenn sich Angebote weiterentwickelten, könnten sie auf neue Bedürfnisse und Bedarfe von Besuchern und Kunden reagieren. Die Stadt wolle Hinweise und Rat geben, welche Entwicklungen zielführend seien. Deshalb stehen Einzelhandels- und Zentrenkonzept demnächst auf der Plattform giessen-direkt.de zur Diskussion. Eine öffentliche Veranstaltung am 17. April ist dazu ebenfalls geplant.

In Marburg legt die Stadt Wert auf hohe Aufenthaltsqualität mit verschiedenen Angeboten für unterschiedliche Zielgruppen. Wenn Menschen sich gern in Marburg aufhielten, dann profitierten davon auch Gastronomie und Gewerbe. »Der Marktplatz war historisch gesehen nie nur ein Ort des Handels. Er war der Ort, wo man sich trifft, wo man ins Gespräch kommt und diskutiert, wo es Kunst und Kultur gibt, wo man sich gerne aufhält. Diese frühere Bedeutung des Marktplatz muss unser Ziel in der Innenstadtentwicklung sein - denn der Markt ist mehr, als nur ein Handelsplatz«, erklärt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Darüber hinaus gebe es viele kleine, inhabergeführte und sehr spezielle Geschäfte, die die Innenstadt belebten.

Förderung von 50 Prozent der Warmmiete

Mit einem Mix aus stationärem Handel, Social Media und Onlineshop bedienten sie eine breite Kundschaft. Grähling: »Bestehende Geschäfte und neue Geschäftsideen werden von der Wirtschaftsförderung der Stadt Marburg und vom Stadtmarketing unterstützt, beispielsweise mit einer Förderung von 50 Prozent der Warmmiete für die ersten sechs Monate (bis maximal 1000 Euro pro Monat). Bei einem neuen Ladengeschäft läuft die Förderung über das Landesprogramm Zukunft Innenstadt.« Ziel des Oberstadtentwicklungskonzepts sei es, eine vielfältige und lebendige Oberstadt zu erhalten - mit Orten, an denen sich Bewohner und Besucher wohlfühlten. Kultur, Geselligkeit und Veranstaltungen wie der Elisabethmarkt sowie Ausstellungen im Rathaus, in der Weihnachtszeit ein Krippenpfad und ein Weihnachtswald mit Bastel- und Märchenangeboten für Kinder spielten eine zentrale Rolle. »Denn wichtig für eine lebendige Innenstadt sind nicht nur Geschäfte, sondern auch das Erlebnis und die Atmosphäre«, bilanziert die Sprecherin. Ein zentraler Baustein für die Entwicklung der Oberstadt sei das VielRAUM-Konzept: Das Stadtmarketing miete leerstehende Ladenflächen an und stelle diese Künstlern, Initiativen und Menschen mit Ideen für einen eigenen Laden zur Verfügung. Mit bislang über 30 Popups und einer langen Warteliste bringe dieses Tool Frequenz und damit einen Gewinn für alle Geschäfte.

Sportboxen mit Ausstattung für registrierte Nutzer

Neben dem Rahmenplan für die Altstadt habe die Stadtverordnetenversammlung in Wetzlar ebenfalls beschlossen, an »Zukunft Innenstadt« teilzunehmen. Zur Verfügung stünden insgesamt 285 714 Euro, die zur Belebung und Attraktivierung der Innenstadt eingesetzt würden. »In der internen Arbeitsgruppe, die den Förderantrag erarbeitet hat, wurden bereits Maßnahmen zur kurzfristigen Umsetzung vorgeschlagen. In dieser Arbeitsgruppe sind das Amt für Stadtentwicklung, die Wirtschaftsförderung, das Büro des Baudezernats, das Kulturamt, das Sportamt, die Tourist-Info und das Stadtbetriebsamt vertreten«, berichtet Nickig. Beispiele für kurzfristig umzusetzende Maßnahmen seien unter anderem eine Neuauflage des Straßenmusikfestivals oder die Anschaffung von zwei Sportboxen, bei denen über eine App von registrierten Nutzern Trainingsequipment aus dem Bereich Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining entnommen werden könnten. Auch Neugestaltung und Aufwertung des Barfüßerplatzes zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität zählten zu diesen Maßnahmen.

Der Rahmenplan soll in einem umfassenden Beteiligungsprozesses entstehen. Mit den Ergebnissen wolle die Stadt die Aufnahme ins Städtebauförderprogramm »Lebendige Zentren« beantragen. »Dieses Förderprogramm ist nach der Neuordnung der Städtebauförderung 2020 aus den ehemaligen Programmen ›Aktive Zentren‹ und ›Städtebaulicher Denkmalschutz‹ hervorgegangen und ist in seinem Umfang mit dem Förderprogramm ›Wachstum und Nachhaltige Erneuerung‹ (ehemals Stadtumbau) vergleichbar. Ziel des Programms ist die Erhaltung und die Entwicklung lebendiger und identitätsstiftender Innenstädte. Neben der Förderung baulicher Maßnahmen sollen bestehende Versorgungsangebote weiterentwickelt, Wohnraum qualifiziert und das baukulturelle Erbe erhalten werden«, so der Wetzlarer Pressesprecher.

Die Entwürfe der Fortschreibung des Einzelhandelskonzept und des Innenstadtkonzeptes der Kölner »Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA)« sind fertig. Um sie zu präsentieren, lädt die Stadt für den 17. April um 18 Uhr in den Sitzungssaal der Stadtverordneten. »Die GMA hat in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Vielzahl von Untersuchungen zur Innenstadt Gießen durchgeführt, unter anderem Online-Befragungen von Kunden in Gießen und im Umland, von Händlern, eine Passantenbefragung in der Innenstadt, Fachgespräche mit Vertretern aus Handel, Gastronomie, IHK, Verwaltung und anderen Institutionen«, heißt es dazu in einer städtischen Mitteilung. Zudem hätten ein Expertenworkshop mit unterschiedlichen Vertretern der Innenstadt, der raumstation und der Universität sowie eine Auswertung der Veränderungen von Passantenfrequenzen der letzten drei Jahre stattgefunden. Die Ergebnisse der Untersuchungen seien in die Entwürfe der Papiere eingeflossen und sollen nun diskutiert werden. »Die Ergebnisberichte werden im Anschluss an die Informationsveranstaltung für vier Wochen im Internet unter www.giessen.de/Einzelhandelsund-Zentrenkonzept einsehbar sein. Über den dortigen Link beziehungsweise im Portal giessen-direkt.de können Anregungen und Kommentare abgegeben werden«, teilt die Stadt mit. Ein Strategiepapier für die Innenstadt hatte Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher im März vorgelegt. (olz)

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