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Wissenswertes über »die Wissich«

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Vorsitzender Wolfgang Bellof und Helmut Rühl stellen den Kalender 2023 des Heimatvereins vor. Foto: Jung © Jung

Zum 15. Mal legt jetzt die Heimatvereinigung Gießen-Wieseck einen reichbebilderten und informativen Kalender vor. In dem Exemplar für 2023 geht es um das namensgebende Bächlein, Wissich genannt.

Gießen. Das Jahr geht allmählich zu Ende und es wird Zeit, sich um einen neuen Kalender zu kümmern. Den kann man selbst nutzen oder als Geschenk weitergeben. Das könnte zum Beispiel die Jahresübersicht vom Heimatverein Wieseck sein, denn die 15. Ausgabe wurde jetzt vorgestellt. Für zehn Euro - wie schon in der Vergangenheit - erhalten Interessenten ein Exemplar, das nicht nur mit zahlreichen Fotos, sondern auch mit vielen Informationen und Details versehen ist.

»Die Wissich«, lautet jetzt das Thema, das Wolfgang Bellof, Helmut Rühl sowie Rolf Mank, der nicht nur Zeichnungen und Bilder beisteuerte, sondern das Grundkonzept erstellte, und weitere Mitglieder zu zwölf Kalenderblättern verarbeiteten. So erfahren die Betrachter nicht nur viel über »die Bach«, die aus ihrem Leben erzählt, sondern auch, was sich um das kleine Flüsschen herum abspielte und noch aktuell ist.

»Die Bach« als beseeltes Wesen

Größter Ort war 1955 Wieseck mit 6000 Einwohnern, ist aus einer Abbildung aus einem Schulheft zu entnehmen, das auf der Rückseite des Titelblatts platziert ist. Heute sind es über 10 000 und »Wissich« ist der größte Gießener Stadtteil. 1920 schlängelte sich der Bach in einem Netz von Wassergräben, zeigt eine Zeichnung. Dass es auch ein Gedicht vom Lauf der »Wissich« gibt, wissen sicher die wenigsten Einwohner. Es stammt aus der Feder von Lina Fleig (1913 bis 1993). Als die kleine Lina am Mühlrad zum rauschenden Wasser spricht, verwandelt sich »die Bach« wie in einem alten Märchen in ein beseeltes Wesen. Zwischen Grünberg und Göbelnrod entspringt die Wieseck, erzählt das Mädchen, die heutige Wieseckquelle findet sich bei Saasen am Wingert und ist sogar ausgeschildert. Im Gäulsloch badeten vor langer Zeit sonntags die Pferde und auch die Reiter reinigten sich nach der Überlieferung von Lina. Tragisch das Schicksal eines Bauern, der durch das Wasser fuhr, sein Wagen kippte um und erschlug ihn.

Aufgebaut ist der Kalender nach dem Gedicht in Mundart, das für Nichtwiesecker am Ende ins Hochdeutsche übersetzt wird. An der Wieseck gibt es mehrere Stellen, wo sich der Eisvogel wohlfühlt, ein Kalenderblatt zeigt das beliebte Tier als Foto sowie einer Buntstiftzeichnung von Rolf Mank. Dazu gibt es eine detaillierte Beschreibung. Und auch zum Steinkauz - auch als Totenvogel bezeichnet, weil er nach der Schilderung im Kalender die Seelen gen Himmel nimmt - gibt es Aufklärung. Mächtig zeigen sich die alten Kopfweiden an der großen Bachbiegung auf einem Foto, weiter geht es mit Darstellungen zur Struppmühle, die heute in stark verändertem Aussehen noch existiert. Auch der Gänsmühle ist ein Blatt gewidmet.

Der Kalender 2023 erinnert auch an den Start des ersten noch offenen Segelflugzeuges 1952 und an ein »Highlight« im Jahr 1981, die Start- und Landebahn führte an der Wieseck vorbei.

Staunen über Start der Transall

Im Rahmen eines Nato-Manövers startete dort die mächtige Transall, ein Transportflugzeug der Streitkräfte und hinterließ viele staunende Wiesecker. Beschrieben wird auch die Fischtreppe, die es der Bachforelle und anderen Fischen in der Wieseck ermöglicht, das große Wehr der Struppmühle und die großen Felsbrocken zu umgehen.

Wer weiß heute noch, dass auch das Baden im Wieseckwasser möglich war? Vermutlich Ende der 1920er Jahre wurde vor der »Steens Breck« der Badeplatz mit Spundwänden und Einstiegstreppen eingerichtet, um den Wiesecker Schulkindern das Schwimmen beizubringen. Muschelschalen fanden die Kinder früher im Bachbett, die Renaturierung in der Wieseckaue erfolgte durch das Anlegen neuer Flachwasserzonen.

Bei der Auswahl der Kalenderbilder und -texte haben die Macher des interessanten und sehr informativen Werkes ihr Augenmerk auf den Verlauf der Wieseck innerhalb der Gemarkung in den Blick genommen. Beschrieben ist der Grenzweg, der von der Marburger Straße im Westen bis zur Eichgärtenallee im Osten führt. Im Schilfgebiet ist der Rohrammer zu Hause, der im Süden Europas und im Nahen Osten überwintert. Wegen seines Gesangs und der heftigen Töne, wird er auch »Rohrspatz« genannt und ist damit Vorlage für das Sprichwort: »Schimpfen wie ein Rohrspatz«. Als Hingucker erweist sich das Foto der im Winter 1918/19 komplett vereisten Struppmühle. Einmalig dürfte es gewesen sein, dass der Müller mit großem Aufwand das Mühlrad vom Eis befreit. Und somit hat dieses Kalenderblatt Seltenheitswert.

Der Kalender 2023 des Heimatvereins Wieseck wird ab 28. November in der Storchen- und Schwanen-Apotheke, in den Bäckereien Weller und Moos, Marburger Straße, der Metzgerei Engel und bei den Frisören Hair Inn und SchnippSchnapp verkauft. Er ist in einer Auflage von 250 Stück gedruckt worden.

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