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»Wollte etwas machen, das Sinn hat«

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Von: Emma Kremer

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Die Lesung in der GAiN-Lagerhalle ist gut besucht: Klaus Dewald ist rechts am Mikrofon zu sehen, daneben stehen Tabitha Funck (Mitarbeiterin und Kommunikation GAiN) und Hauke Burgarth. Foto: Kremer © Kremer

Ein Mann. Ein Leben. Ein Auftrag.« So heißt das Buch, das von den Geschichten, die Klaus Dewald im Rahmen seiner Arbeit für das Global Aid Network (GAiN) erlebt hat, handelt.

Gießen . »Ein Mann. Ein Leben. Ein Auftrag.« So heißt das Buch, das von den Geschichten, die Klaus Dewald im Rahmen seiner Arbeit für das Global Aid Network (GAiN) erlebt hat, handelt. »Ich würde gerne aus Deinem Leben eine Geschichte machen«, schlug ihm sein langjähriger Freund Hauke Burgarth vor einiger Zeit vor, das Ergebnis präsentierten die beiden am Donnerstagabend vor einem breiten und gespannten Publikum.

»Herz zu Herz, Mensch zu Mensch«

Über 20 Jahre ist Burgarth schon mit GAiN unterwegs, will »Menschen eine Stimme geben«. Die persönliche Beziehung zu der Hilfsorganisation machte das Buch für ihn zu einem besonderen Projekt, erzählt er, denn: »Das ist nicht nur einfach eine Organisation, das ist Herz zu Herz, Mensch zu Mensch.« Dabei war es am Anfang gar nicht unbedingt die Not der Menschen, die Klaus Dewald dazu gebracht hat, sich zu engagieren, erinnert er sich: »Das Abenteuer hat mich gereizt, deshalb habe ich das gemacht.«

Begonnen hat alles 1990. Mit einer Gruppe Studierender macht sich Dewald damals in einem 40-Tonner, gefüllt mit Hilfsgütern, nach Riga und Leningrad auf. Sie wollen gegen einen Hungerwinter, wie er damals von Gorbatschow prophezeit wurde, ankämpfen. Die Begegnung mit einer älteren Dame wird für Klaus Dewald prägend: Sie führt ihn zu einem Platz, an dem 30 000 Kinder begraben liegen, darunter auch ihre eigenen. Alle seien im Krieg am Hungertod gestorben, erzählt sie.

Als Deutscher fühlte er plötzlich eine Schuld, die er davor so nicht kannte, meint Dewald. Der Drang etwas zu tun, Menschen zu helfen, wurde nach seiner Rückkehr nur noch stärker. Er suchte die Gespräche mit älteren Menschen, versuchte Antworten zu finden, warum Menschen nichts unternehmen, wenn sie so viel Leid mitansehen. Viele antworteten ihm dasselbe: »Wenn ich nochmal die Chance hätte, dann würde ich das anders machen.« Dewald wusste, dass er später nicht so auf sein Leben zurückblicken wollte: »Ich wollte irgendetwas machen, das Sinn macht, aber ich wusste nicht was.«

Er entschied sich, seine Arbeitsstelle zu kündigen und Menschen in Not zu helfen, es entstand die »Aktion Hungerwende«, später »GAiN«. Das Buch »Ein Mann. Ein Leben. Ein Auftrag« ist die Lebensgeschichte von Klaus Dewald, gleichzeitig handelt es aber auch viel von anderen Menschen, denn die unterschiedlichen Begegnungen sind es, die für Dewald und seine Arbeit entscheidend sind. »Projekte sind mir scheißegal, Projekte können höchstens ein Werkzeug sein«, erklärt er seine Philosophie. »Das Projekt ist nie das Ziel, sondern die Menschen sind das Ziel.«

Viele der Geschichten sind für ihn sehr emotional, weil er die Menschen, von denen sie handeln, kennt und liebt. GAiN könne nicht die Gesamtsituation in einem Land verbessern, aber die Hilfsorganisation konnte immer wieder Einzelnen helfen, verdeutlicht er. Es ist ihm wichtig, auch über ein Projekt hinaus den Kontakt zu den Menschen aufrechtzuerhalten. Deshalb weiß er auch, dass aus den Drillingen, die er retten konnte, nachdem sie ihre Mutter bei der Geburt verloren haben, heute drei junge Mädchen geworden sind. Wenn er sie im Kinderheim »Arche Noah« in Afrika besucht, dann zeigt er ihnen ihre Babyfotos, die er als Erinnerung immer in seinem Handy dabei hat. Er weiß auch, dass das kleine Blumenmädchen, das mit seiner neunköpfigen Familie in einem Erdloch in Armenien gelebt hat, heute eine junge Frau geworden ist, die dank eines Stipendiums studieren konnte, verheiratet ist und Kinder hat.

»Hauke, wenn Du das vorliest, dann kommen selbst mir die Tränen«, bedankt sich Klaus Dewald bei seinem Freund. Bei seinen Reisen in die »gefährlichsten und ärmsten Länder der Welt« geschehe »nie nur das Erwartete«, resümiert er, das ist es aber, was seine Arbeit und das Buch so spannend machen.

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