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Zu »Silicon Valley Europas« werden

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Auf der neuen Onlineplattform werden bereits 75 innovative Projekte aus ganz Hessen vorgestellt. Screenshot: Docter © Frank-Oliver Docter

KI-Projekte aus ganz Hessen präsentieren sich auf einer neuen Onlineplattform. Auch TH Mittelhessen und JLU Gießen sind dabei und erhalten für ihre gemeinsame Idee eine hohe Fördersumme.

Gießen . Allein 2019 zählte man in Deutschland etwa 1,75 Millionen stationäre Klinikaufenthalte wegen einer Herzerkrankung. Über 202 000 Menschen starben an ihrer Krankheit. »Das waren mehr als ein Drittel der Todesfälle in diesem Jahr«, verdeutlichte am Mittwoch Prof. Till Keller. Gleichzeitig zeige dies »die Wichtigkeit der frühzeitigen Erkennung einer Herzkrankheit, um früh eine individuelle Therapie zu ermöglichen«. Mit ihrer neu entwickelten Methode einer durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützten Diagnostik bei Herzuntersuchungen möchten der Inhaber der Professur für Biomarkerforschung an der Justus-Liebig-Universität (JLU) und Prof. Michael Guckert, der an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) im Bereich Wirtschaftsinformatik das Thema KI vorantreibt, mit ihrem interdisziplinären Team neue Wege beschreiten. Und vor allem mehr Menschen das Überleben sichern. Für ihre Forschungen bekamen sie am Mittwoch von Hessens Digitalministerin Prof. Kristina Sinemus einen Zuwendungsbescheid von rund 740 000 Euro überreicht. Das Projekt ist eines von inzwischen 75, das auf dem nun online freigeschalteten Landesinformationsportal für digitale Innovationen & Anwendungen (Lidia) vorgestellt wird.

Bisher noch keine solche Plattform

Sinemus hat ehrgeizige Pläne: Sie wolle Hessen langfristig »als Silicon Valley Europas positionieren«, betonte die Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. Gießen mit seinen beiden Hochschulen sei hierbei einer der »Hotspots«, lobte sie die von JLU und THM auf dem Gebiet der KI bereits geleistete Arbeit. Andererseits hat unser Bundesland bezüglich der öffentlichen Bekanntmachung und Vernetzung innovativer Vorhaben noch Nachholbedarf. »Als Landesregierung hatten wir bisher keine solche Plattform«, bedauerte die CDU-Politikerin.

»Wir lassen ganz bewusst die verantwortlichen Personen die geförderten Projekte selbst vorstellen - von ihrer Idee über die Entwicklung bis zu einer erfolgreichen Anwendung. Das macht Lidia so besonders. Wertvolles Wissen über anwendungsnahe Technologien wird so authentisch und verständlich vermittelt«, zeigte sich Sinemus überzeugt. Mit wenigen Klicks lassen sich die Forschungsvorhaben auf dem Onlineportal recherchieren, thematisch und nach Standorten eingrenzen. Die Plattform sei offen für alle öffentlich geförderten, anwendungsnahen digitalen Projekte in Hessen.

Um gleichzeitig »KI-Innovationen zu fördern, die KI-Gründungsdynamik zu erhöhen und den Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu erleichtern«, habe die Landesregierung das Förderprogramm »Distr@l« mit einem Volumen von 40 Millionen Euro bis 2024 auf den Weg gebracht«, führte die Ministerin weiter aus. »›KI made in Hessen‹ soll ein Markenzeichen unseres Landes werden, das für Innovation, Verantwortung und Zukunft steht.«

»RisKa - Risikostratifizierung in der Kardiologie mittels Künstlicher Intelligenz« ist der genaue Titel des auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekts von THM und JLU. Erstmalig im Rahmen des »Distr@l«-Programms kooperieren hierbei zwei Hochschulen. Ziel ist die Entwicklung eines klinischen Unterstützungssystems, das automatisiert Muster in EKG-Aufnahmen (Elektrokardiogramm) mithilfe von KI präzise erkennen und die gewonnene Information den Medizinern zur Verfügung stellen kann. Auf diese Weise lasse sich »das persönliche Risikoprofil eines Patienten erstellen«, so Keller.

Ärzte bei Diagnose unterstützen

Niedergelassene Haus- und Fachärzte sollen über das allen zugängliche Praxisinformationssystem »bei der Diagnose unterstützt werden, um frühzeitig therapeutisch eingreifen zu können«, erklärte Guckert. EKG-Aufzeichnungen lassen sich aus unterschiedlichsten Quellen einlesen und für die Anwendung der KI vorbereiten sowie um weitere Daten der Patienten ergänzen. Die Künstliche Intelligenz erkennt dabei komplexe Muster, wie sie bei Veränderungen, beispielsweise Vernarbungen, im Herzmuskel auftreten.

Dies erlaube zugleich »eine gezieltere Planung von aufwendigen und kostenintensiven Untersuchungen«, wie sie vor allem bei bildgebenden Verfahren der Fall sind, nannte Keller als weiteren Vorteil. Neben der Reduzierung von Kosten könnten ebenso invasive und für den Patienten nicht selten auch schmerzhafte Eingriffe vermieden werden.

»Wir möchten mit Lidia neugierig machen und Anreize schaffen«, betonte Sinemus. Dort eingestellte Projekte sollten »inspirieren, eigene Ideen zu realisieren, wie auch dazu anregen, neue Ideen entstehen zu lassen«.

Ausführliche Infos zur neuen Onlineplattform und den einzelnen Projekten unter: www.lidia-hessen.de

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Für die KI-basierte Diagnostik bei Herzuntersuchungen, wie hier einem Belastungs-EKG, erhalten THM und JLU eine Fördersumme von rund 740 000 Euro. © Jan Woitas/dpa/lah

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