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»Zu wenig Personal«

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Zur Auftaktveranstaltung zum zweitägigen Streik der Beschäftigten des Universitätsklinikums (UKGM) hatte sich vor dessen Haupteingang eine dreistellige Anzahl Protestierender versammelt.

Gießen . Mit den drastischen Worten »Ich bin erschüttert, dass wir hier stehen müssen« eröffnete Verdi-Fachsekretär Fabian Dzewas-Rehm die Auftaktveranstaltung zum zweitägigen Streik der Beschäftigten des Universitätsklinikums (UKGM) vor dessen Haupteingang. Eine dreistellige Anzahl hatte sich versammelt.

»In allen Abteilungen gibt es zu wenig Personal. Wir streiken eigentlich für Selbstverständlichkeiten.« Da es noch immer keine Verständigung zwischen Land und Klinik gebe, stehe die Vorstellung des Klinikbetreibers im Raum, durch Personalabbau und Ausgliederungen Geld einzusparen. »Das haben wir in der Licher Klinik, wo bereits Therapie und Radiologie ausgegliedert sind.« Auch bei anderen Asklepios-Kliniken sehe man dieses Vorgehen.

Uli Stroh, Pfleger in der Kardiologie, verlas ein Antwortschreiben der Landesregierung zu den Verhandlungen mit dem Betreiber. Nur noch ein Punkt sei dabei offen, wurde darin mitgeteilt. Seit Anfang Juni habe es weitere Gesprächsangebote gegeben. Es bestehe für die Rhön AG kein Anlass, das strittige Zukunftspapier zu kündigen.

Lothar Kluge arbeitet seit 1997 in Bereich des Klinikums. Das Land Hessen, beklagte er, habe sich 2006 mit der Übergabe des UKGM in private Hand des größten Teiles seiner Beschäftigten entledigt. »Alles wird auf unserem Rücken ausgetragen. Das kann nicht sein. Wir haben junge Kollegen. Die wollen eine Familie gründen.« Viele hätten Angst. Auch fehle eine Wertschätzung der Arbeit. Kluge befürchtet, dass auch der Einkauf und die Verwaltung von einer Ausgliederung betroffen sein werden.

Jugend- und Auszubildenden-Vertreter Jannik Bohny arbeitet in der Krankenpflege. »Vor vier Monaten haben wir hier schon einmal gestanden, um anzuprangern, dass in der Ausbildung so vieles im Argen gelegen hat.« Die Antwort war damals: »Wir haben verstanden.« Doch getan habe sich bisher »gar nix«. Weder bei den mangelnden Räumlichkeiten noch beim kaum vorhandenen WLAN noch bei der qualitativen Ausbildung. »Nun stehen der Kündigungsschutz und die Übernahme der Azubis auf der Kippe.«

Bei einer durchgeführten Umfrage hätten sich weniger als 30 der 80 Auszubildenden in Anbetracht der Situation für einen Verbleib am Uniklinikum ausgesprochen. Dabei werde eigentlich jeder Ausgebildete hier gebraucht. Er fühle sich an einen abgewandelten Spruch erinnert: »Der Personalengpass von heute ist der Tod der Oma von morgen.«

Matthias Körner, Regionalgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), betonte, dass dieser von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi initiierte Streik von der gesamten Gewerkschaft wahrgenommen werde. In der Region gäbe es für die Gewerkschaften derzeit drei Problemstellen. Bei einem Schamott-Betrieb mit Keramik und Stein, an einem Gießereistandort mit Stahlguss und hier am Klinikum mit »Menschen gesund machen«. So unterschiedlich die Betriebe auch seien, so gleich sei das Bestreben der Eigentümer. Es gehe stets darum, den Standort »noch ein klein bisschen günstiger« zu betreiben. Die Gier auf mehr Profit werde auf dem Rücken derjenigen ausgetragen, die sich am schlechtesten wehren könnten.

Mit dem erneuten Warnstreik unterstreicht die Verdi die Forderung nach einem Tarifvertrag mit Beschäftigungssicherung. »Das UKGM könnte mit einer tariflichen Regelung Sicherheit schaffen. Eigentlich braucht es für gute Arbeitsbedingungen aber viel mehr«, so Dzewas-Rehm. »Wir brauchen mehr Personal für alle Bereiche des Klinikums. Die Übernahme der Azubis wäre hier ein wichtiger Schritt.«

Weitreichende Einschränkungen

Neben der Sorge um die Arbeitsplatzsicherheit stelle sich die Frage, ob der private Konzern gar den Bestand des Uniklinikums gefährde: »Wenn Millionen eingespart werden müssen, ist mit Personalabbau zu rechnen. Ebenso kann ein jahrelanger Rechtsstreit erhebliche Folgen für die Universitätsmedizin haben und hier ebenso zu Einsparungen und zu Verschlechterungen in Forschung und Lehre führen.« Bis zum Ende der Spätschicht heute Abend (Donnerstag) sind die Beschäftigten aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Es wird zu weitreichenden Einschränkungen kommen.

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