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Zukunftsmusik wird Realität

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Von: Rüdiger Schäfer

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Felix Schudt (mit Tablet) und Justus Pannek vermessen die Fahrzeughalle der Gießener Berufsfeuerwehr digital. Foto: Schäfer © Schäfer

Gemeinsames Projekt dreier Hochschulen soll hybride Events in der Feuerwehr-Fahrzeughalle in der Gießener Steinstraße möglich machen.

Gießen. Gehe ich hin oder bleibe ich Zuhause? Dies wird eine spannende Frage sein, wenn die Fahrzeughalle der Berufsfeuerwehr im Steinweg in naher(?) Zukunft für die Kulturszene umgebaut sein wird und dort dann das eine oder andere Event ansteht.

Die Entscheidung muss dann gefällt werden zwischen den Alternativen: Will ich eine tatsächliche Realität erleben oder mich einer virtuellen Realität (VR) hingeben? Will ich die Veranstaltung körperlich erleben - oder Zuhause bleiben, die VR-Brille aufsetzen und das Gefühl haben, dort zu sein.

Die Voraussetzung, dass nach der Umnutzung der Löschwagenhalle eine hybride Veranstaltung möglich sein wird, wollen drei Hochschulen gemeinsam erarbeiten. Frank Mathes, stellvertretender Leiter der Berufsfeuerwehr, begleitet auf dem Feuerwehrgelände an die 20 Studenten der kooperierenden Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg und der Berliner Hochschule für Technik (BHT). Sie alle sind gekommen, um verschiedene Konzepte bezüglich der digitalen Kreation von Veranstaltungsräumen anhand der Feuerwache Gießen zu erproben.

An den drei Hochschulen wird es jeweils Seminare geben, die sich zum einen mit der lasergestützten Digitalisierung derjenigen physischen Räume beschäftigen, die sich für mögliche und zukünftige Veranstaltungsräume eignen. Zum anderen werden die so entstandenen Bereiche zu digitalen Veranstaltungsräumen, für die eigene Konzepte hinsichtlich Veranstaltungsmanagement und Marketing entwickelt werden. Um diese Darbietungen auch mit Leben zu füllen, erstellen die Studenten digitale Kunstwerke und Shows, die in den virtuellen Räumen aufgeführt werden.

Mit den bisherigen hybriden Veranstaltungen hat dies verhältnismäßig wenig zu tun. Diese werden aktuell als Veranstaltungen in Präsenz und gleichzeitig online - also für eine Teilnahme per eigenem Computer - angeboten.

Als Modulkoordinatorin der drei Hochschulen ist Anke von der Heide aus Hamburg mit den Studenten nach Gießen gekommen. Sie leitet das Projekt - »Anstatt Videogames auch Kultur virtuell genießen« - und erzählt, dass es in den USA erstaunlicherweise hauptsächlich ältere Menschen sind, die per VR-Brille Veranstaltungen beiwohnen, »hauptsächlich Gottesdienste«. Bei uns würden bisher spezielle Konzerte für junges Publikum ausschließlich für die VR-Brille offeriert. »Wir wollen beides gleichzeitig möglich machen, real und virtuell.«

Während der Pandemie sei 2020 begonnen worden, eine XR-Event-Plattform aufzubauen. Das Forschungstransferprojekt stehe kurz vor seiner Fertigstellung. »Dann kann jeder Veranstalter ohne großen Programmierungsaufwand seine Events auch hybrid mit dem Einsatz von VR-Brillen den Kunden anbieten.« Ab 400 Euro kostet so eine von der eigenen Umgebung völlig abschirmende Brille.

Die Seminararbeiten der Studierenden und auch das gesamte Projekt soll beim »Festival der Zukunft« im Deutschen Museum in München vom 6. bis 8. Juli präsentiert werden. Dazu wird die Fahrzeughalle der Berufsfeuerwehr original in München nachgebaut sein. Um dies möglich zu machen, wird bei dem Besichtigungstermin von den HAW-Studenten Felix Schudt und Justus Pannek der Raum mit einem Tablet digital vermessen.

Bei der Umnutzungsplanung für Konzert und Schauspiel müsse vieles noch geklärt werden. »Muss die Bühne so sein, dass ich um sie herumlaufen kann? Wie kann ich eine Bar übertragen, wenn ich virtuell daran nichts trinken kann?« Auch Klang (Soundpult), Farben (Lichtpult), Schallschutz (extern und intern) stehen auf der Agenda. »Der Anspruch ist: Was im echten Raum passiert, passiert auch im virtuellen Raum.« Ebenso soll die Kommunikation zwischen beiden Räumen geschehen können, sagt von der Heide.

Wenn Anfang Juli in München im »Gießen-Nachbau« eine Veranstaltung real stattfinden wird, will man in Berlin diese virtuell mit VR-Brille live miterleben können. Damit wird bisherige Zukunftsmusik bald Realität sein.

In Form einer »Poster-Demo« wird diese neue Möglichkeit auf der Konferenz »LiveCom-Lab« präsentiert werden, die im Oktober in Gießen stattfindet.

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