Zuschüsse pro Quadratmeter Wohnraum vergeben
Der Mieterverein Gießen fordert mehr Flexibilität bei der Förderung für Sozialwohnungen. Die Zuwendungen seien aber nicht bedarfsgerecht und müssten angepasst werden.
Gießen (red). Dass die Stadt Gießen den Bau von Sozialwohnungen mit einem eigenen Zuschuss von 20 000 Euro fördert, ist gut und richtig. Aber entsprechend den geltenden städtischen Richtlinien für den geförderten Wohnungsbau erfolgt der Zuschuss der Stadt nach der Anzahl der errichteten Wohnungen. »Das ist nicht bedarfsgerecht«, kritisiert der Mieterverein und fordert mehr Flexibilität.
Diese Förderung führe dazu, dass Wohnungsunternehmen wie die Wohnbau vorwiegend kleinflächige Sozialwohnungen bauen, weil so mehr an Zuschüssen fließen. Das ist aus Sicht der Unternehmen verständlich, aber es unterbleibt der Bau von größeren Wohnungen für mehrköpfige Familien, die auch benötigt werden. Eine durchdachte Richtlinie müsse sich an der Bedarfssituation vor Ort orientieren.
»Es sollte deshalb angestrebt werden, die Zuschüsse nicht pro Wohnung, sondern pro Quadratmeter Wohnraum zu vergeben,« schlägt der Mieterverein vor und begründet das so: »Sonst wird immer tendenziell versucht werden, so viele Wohnungen wie möglich zu errichten, statt den örtlichen Bedarf an preisgünstigem geförderten Wohnraum in unterschiedlichen Wohnflächengrößen zu decken. Investoren wollen am liebsten viele kleine Wohneinheiten erstellen, weil das für sie den größtmöglichen Profit verspricht«, sagt der Sprecher des Mietervereins Stefan Kaisers.
In der Richtlinie heißt es: »Der volle Zuschuss in Höhe von 20 000 Euro je Wohneinheit wird zudem nur gewährt, wenn die hohen energetischen Anforderungen des KfW-Effizienzhaus-Standard 55 (KfW 55) eingehalten werden oder wenn die energetischen Anforderungen des KfW 70 eingehalten werden und zusätzlich alle Wohnungen im Erdgeschoss für Rollstuhlbenutzer nach DIN 18040 Teil 2 mit »R" Anforderungen geplant werden sowie sämtliche Wohnungen im Gebäude, ihre Zubehörräume und die Freiflächen barrierefrei zugänglich sind«.
Barrierefreiheit
Der Mieterverein dazu: »Damit legt man die Latte für Neubauten sehr hoch, denn der KfW-Standard 55 ist überaus baukostenintensiv. Die Förderung des barrierefreien Wohnens im Erdgeschoss erscheint uns sinnvoll, weil so das große Defizit von Wohnungen für Menschen mit Behinderung verringert wird. Ob aber auch ein reduzierter Zuschuss in Höhe von 12 500 Euro je Wohneinheit zweckmäßig ist, wenn die energetischen Anforderungen der Energieeinsparverordnung eingehalten werden und wenn alle Wohnungen im Erdgeschoss, ihre Zubehörräume und die Freiflächen schwellenfrei zugänglich sind und die Wohnungen der anderen Geschosse ebenfalls schwellenfrei geplant sind, wie die Stadt es verlangt, kann man bezweifeln«.
Der Begriff »Schwellenfrei« sei eindeutig uneindeutig, denn: »Die schwellenfreie Bauweise ist mit keinen strikten Auflagen verbunden. Sie suggeriert zwar gleichermaßen die uneingeschränkte Zugänglichkeit für alle Menschen, was das konkret bedeutet, ist aber nicht näher definiert«, erklärt man dazu beim Mieterverein.