»Zwei Stunden Theater machen«

Akrobatik, Clownerie und Tierdressuren: Der »Circus Gebrüder Barelli« gastiert vom 30. Juli bis 28. August in Gießen. Das Publikum soll zwei Stunden in eine »faszinierende Welt« entführt werden.
Gießen. Der Zirkus kommt in die Stadt. Solche Ankündigungen hatten einst einen besonderen Klang, wirkten elektrisierend. Denn Zirkusluft verhieß nicht nur Stallgeruch, sondern vor allem Abenteuer und Exotik aus der weiten Welt. Inzwischen werden derlei Gastspiele immer seltener. Das hat auch mit Corona zu tun. In Gießen wird nun allerdings die Wiese neben »Neils & Kraft« in der Marburger Straße 308 für einen Monat zum Schauplatz für Akrobatik, Clownerie und Tierdressur. Der »Circus Gebrüder Barelli« schlägt dort vom 30. Juli bis 28. August im wahrsten Sinne seine Zelte auf. Angesichts der aktuell vielen Konflikte und Herausforderungen wolle man das Publikum »für mindestens zwei Stunden aus dieser Welt herausholen und in unsere faszinierende Welt entführen«, betont Direktor Timmy Spindler-Barelli im Gespräch mit dem Anzeiger. Und zeigt sich erleichtert, endlich wieder auftreten zu können.
Im März 2019 von den aus einer traditionsreichen Zirkusfamilie stammenden Geschwistern Timmy, Franz und Ramona Spindler-Barelli neu gegründet, durchkreuzte die Pandemie nach einer guten ersten Saison sämtliche Pläne. So wurde aus dem Anfang 2020 bezogenen Winterquartier im nordhessischen Burgwald-Ernsthausen eine dauerhafte Bleibe - ohne Shows für fast zweieinhalb Jahre. Eine echte Belastung für Menschen, die damit einerseits Geld verdienen und andererseits von sich sagen: »Wir leben für den Zirkus und können uns ein Leben ohne Zirkus gar nicht vorstellen.«
Als ein »wirkliches Geschenk« haben es die Barellis daher empfunden, dass sie das am Mercedes-Autohaus gelegene Gelände kostenlos nutzen dürfen. Diese Vereinbarung sei auf der Suche nach einer geeigneten Fläche eher zufällig zustandegekommen. »Wir fuhren dort entlang und ich dachte, das ist ein toller Ort, auf dem müssten wir eigentlich unser Zelt aufbauen«, erzählt Timmy Spindler-Barelli. »Mehr schon aus Verzweiflung« habe er daraufhin einfach mal bei Geschäftsführer Michael Kraft angerufen und prompt eine Zusage erhalten. »Großes Kino«, schwärmt der Direktor, so viel Hilfsbereitschaft sei nämlich keineswegs mehr selbstverständlich.
Mit Herz und Seele
Das gilt offenbar auch für das generelle Engagement in einem Zirkus. »Qualifiziertes Personal zu finden, das zudem mit Herz und Seele bei der Sache ist, wird immer komplizierter«, weiß Timmy Spindler-Barelli, der sich selbst als Perfektionisten bezeichnet. Kaum ein Artist wolle noch in einem Wohnwagen umherreisen, anderen fehle es an Disziplin. Und auch die Jugend lasse sich nicht mehr unbedingt dafür begeistern. Gleichzeitig räumt er ein, dass der Aufwand, damit das Ambiente stimmt, rund um die Vorstellungen enorm sei. Zum Beispiel würden circa 40 Lkw an Material und Equipment nach Gießen gebracht. Zusätzlich fallen regelmäßig handwerkliche Tätigkeiten an. Jeder Handschlag werde selbst erledigt, doch Jammern sei keine Option, »sonst hätten wir den falschen Beruf gewählt«, schildert der Direktor. »Trotzdem steckt eben jede Menge Arbeit dahinter, um für zwei Stunden in der Manege ein bisschen Theater zu machen. Davon bekommt das Publikum gar nichts mit.«
In Gießen sind etwa 50 Leute im Einsatz, Künstlerinnen und Künstler, ebenso Helferinnen und Helfer, die sich um Organisatorisches kümmern. »Zu normalen Zeiten haben wir eine Größenordnung von über 100 Personen.« Noch herrsche indes keine Normalität. »Aber natürlich geben wir unser Bestes, um den Zuschauerinnen und Zuschauern ein tolles Programm zu bieten.«
Timmy Spindler-Barelli ist dabei selbst als Clown, Comedian und »Tausendsassa der guten Laune« für den humorvollen Part zuständig - mal mit Esel Manolito, mal mit Saxophon, mal mit zwei Kühen. Musikalische Virtuosität, Wortwitz und Situationskomik seien seine Stärken. »Der Clown hat den schwierigsten Job im Zirkus«, sagt er. Er brauche eine gute Menschenkenntnis und ein Gespür dafür, was er mit dem Publikum anstellen könne. »Jede Show verläuft da anders.«
Sein jüngerer Bruder Franz zeichnet für die Dressuren verantwortlich - ob mit der Kamelkarawane, Alpakas, Ponys oder Araber-Hengsten. Und da auch den Brüdern bekannt ist, dass es oft Kritik an Tieren in Zirkussen gibt, laden sie »alle Tierfreunde ein, sich gerne vor Ort einen Eindruck von unserer Tierhaltung zu verschaffen«. Timmy Spindler-Barelli betont: »Ich weiß, dass es unseren Tieren gutgeht, dafür tun wir alles, weil sie für uns wie Familienmitglieder sind.«
Ramona Spindler-Barelli ist wiederum am Ringtrapez hoch in der Luft zu bewundern, ihre Tochter Ashley tanzt mit den Reifen. Zur Show gehören unter anderem noch Edi Laforte mit seiner Hunde-Rasselbande, ein Handstandkünstler aus Marokko und Salima Folco, die Enkelin des legendären Franz Althoff, die ihr außergewöhnliches Reit-Talent unter Beweis stellt und zur »phantastischen Flugreise an langen Seidentüchern« bittet. Für Luftakrobatik und Jonglage konnten übrigens zwei Artisten aus der Ukraine engagiert werden. Timmy Spindler-Barelli jedenfalls verspricht: »Der Zirkus hat seinen Reiz längst nicht verloren.«
Die Vorstellungen finden mittwochs bis samstags um 16 Uhr und um 19.30 Uhr sowie sonntags um 11 Uhr und 15 Uhr (Einlass ab jeweils einer Stunde vorher). Montag und Dienstag ist Ruhetag.
Familientag : An jedem Mittwoch und Donnerstag um 16 Uhr kostet der Eintritt für Groß und Klein zehn Euro auf allen Plätzen (außer in der Loge: 15 Euro).
Kinder-Mitmachtag an jeden Freitag ab 16 Uhr. Erwachsene zahlen Kinderpreise.
Mutti-Tag : An jedem Sonntag gibt es um 15 Uhr freien Eintritt für alle Mütter in Begleitung eines ihrer minderjährigen Kinder.
Kartenvorverkauf (zum Preis von 15 bis 30 Euro) ab Samstag, 30. Juli, täglich von 11 bis 12 Uhr (außer Montag und Dienstag) sowie je eine Stunde vor Beginn der Vorstellung an der Kasse (keine Zahlung per EC- oder Kreditkarte). Eine Ticketreservierung ist ebenfalls telefonisch unter der Nummer 0178/2544902 (auch per WhatsApp) oder per E-Mail an gebr.barelli@gmx.de möglich.
Aufgebaut wird außerdem »Barellis Hüpfburgenwelt« . Öffnungszeiten sind mittwochs bis freitags von 14 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Kinder zahlen sechs Euro Eintritt, Erwachsene drei Euro.
Der Gießener Anzeiger verlost für die Premiere am Samstag, 30. Juli, um 16 Uhr zehn mal zwei Freikarten (Loge). Wer mitmachen möchte, kann sich heute zwischen 10 und 10.30 Uhr unter der Telefonnummer 0641/3003-364 melden. Schnell sein, lohnt sich, denn die ersten zehn Anrufer gewinnen. Die Namen der Gewinner werden an den Zirkus übermittelt, die Tickets können dann gegen Vorlage des Personalausweises an der Tageskasse abgeholt werden.
