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Zweibeiner auf Krötenwanderung

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Im Licht der Taschenlampe gut zu sehen: ein Feuersalamander. Foto: Schneider © Schneider

Interessante Führung durch den Gießener Stadtwald: Mit HGON-Biologin Inga Hundertmark begaben sich Interessierte auf die Suche nach Feuersalamandern, Molchen und Co. Sie wurden fündig.

Gießen . Bei einer »Amphibienwanderung« dürften die meisten an das Fortkommen von Fröschen und Kröten denken. Vergangenen Samstag aber waren es interessierte Menschen, die sich unter Anleitung von Inga Hundertmark von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) aufmachten, um Kröten, Molchen und Feuersalamandern zu begegnen. Die Wanderung begann um 19.30 Uhr, da die Tiere hauptsächlich nachtaktiv sind. Hundertmark, die hauptberuflich für das Gießener Umweltamt arbeitet, vermittelte den Besuchern dabei allerlei Wissenswertes aus der Welt der Amphibien.

Das regnerische Wetter mag zwar einige abgeschreckt haben, für die Beobachtung der Feuchtigkeit liebenden Amphibien erwies es sich aber als ideal: Gleich ein halbes Dutzend Feuersalamander konnte die Gruppe im Gießener Stadtwald aufspüren. Auch die Larven des Salamanders mit ihren typischen hellen Flecken an den Beinen konnte die Biologin den Besuchern zeigen.

Doch auch Kröten und Molche ließen sich blicken. Neben Berg- und Teichmolchen hatte sogar der seltene Kammmolch seinen Auftritt: Sowohl ein Männchen als auch ein Weibchen der Spezies bekamen die Wanderer zu Gesicht. Der Grasfrosch war während der Wanderung zwar nicht zu entdecken, seine Laichballen aber konnten begutachtet werden. Dabei erklärte Hundertmark einige der Eigenarten des Laichverhaltens von Fröschen und Kröten.

So ist beispielsweise nicht jeder Ruf einer Erdkröte während der Laichsaison automatisch ein Paarungsruf: Mit sogenannten Befreiungsrufen versuchen männliche Kröten andere Männchen darauf aufmerksam zu machen, dass sie keine Weibchen sind. Denn: »Während der Paarungszeit umschlingen Krötenmännchen erbarmungslos alles, was sie zu fassen bekommen: Feuersalamander, Eichhörnchen - oder eben andere Krötenmännchen«.

Obwohl Gießen mit zehn Amphibienarten im Stadtgebiet relativ gut ausgestattet ist, droht den Tieren gleich von mehreren Seiten Gefahr. So gefährdet etwa der Klimawandel die Laichgebiete von Kröten und Fröschen, mahnt die HGON-Expertin. Besonders problematisch ist, dass Laich von den Tieren häufig in Ufernähe abgelegt wird. Fällt dann der Wasserstand zu schnell, trocknen die Laichballen bzw. -schnüre ohne Kontakt zum Wasser aus. Auch würden sich die Tiere gar nicht erst zum Laichen aufmachen, wenn das Wetter zu trocken sei. Doch auch andere Tiere stellen eine Bedrohung für Amphibien dar: In Hessen sei es insbesondere der eingeschleppte Waschbär, der Kröten das Leben schwer mache. »Alle unsere Amphibien sind giftig«, so Hundertmark.

Der Waschbär aber habe einen Weg gefunden, um das Gift in der Haut der Tiere nicht aufnehmen zu müssen: »Die häuten die,« erklärt Inga Hundertmark. Dabei verweist sie auf einen Vorfall, bei dem gleich über hundert »auf links gedrehte« Kröten gefunden wurden. Und: »Auch Amphibien sind Feinde der Amphibien«, führt sie weiter aus. In einem von ihr gedrehten Video ist zu sehen, wie Molche Kaulquappen, die aus einem Laichballen schlüpfen, auffressen. Aber auch Pilze stellen eine Gefahr dar: Die »Salamander-Pest« beispielsweise bedroht das wichtigste Organ der Schwanzlurche: die Haut. Hier bilden sich bei einem befallenen Tier teils flächige Nekrosen.

Die größte Bedrohung ist und bleibt aber das Verkehrswesen - also der Mensch. Insbesondere an Radfahrer, die von Annerod nach Gießen oder umgekehrt radeln, richtet die Fachfrau eine Bitte: »Wer nachts bei Regen im Wald unterwegs ist, vor allem während der Amphibienwanderung im Frühjahr, der sollte möglichst gut beleuchtet sein, denn auf den Wegen befinden sich viele Amphibien, besonders Feuersalamander.«

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Seltene Entdeckung im Stadtwald: Auch einen Kammmolch konnte die Biologin den Teilnehmern zeigen. Foto: Schneider © Schneider

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