Kein Diesel mehr aus Russland: Was das für Deutschlands Autofahrer an der Tankstelle bedeuten könnte
Wegen des Ukraine-Kriegs kappt die EU die Rohstoffgeschäfte mit Russland. Nun erfolgt ein Importstopp für Diesel & Co. Das könnte Folgen für die Preise an der Zapfsäule haben.
Brüssel - Vor knapp einem Jahr begann der Ukraine-Krieg. Die EU und andere Staaten reagieren auf den Einmarsch russischer Truppen in das Nachbarland mit Waffenlieferungen und Embargos. Die Embargos zielen vor allem auf russischen Rohstofflieferungen ab, mit deren Erlöse Wladimir Putin auch seinen Angriffskrieg finanziert.
Energie-Embargo im Ukraine-Krieg: Ab dem 5. Februar gilt ein Preisdeckel für russische Raffinerieprodukte
Bereits Anfang Dezember hatten die EU, die G7 und Australien einen Preisdeckel für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel verhängt und es darf kein russisches Rohöl mehr per Tanker in die EU eingeführt werden. Seit Anfang Januar verzichtet Deutschland auf Importe über die Pipeline Druschba.
Heute, am 5. Februar, ist das neueste Embargo in Kraft getreten. Ab diesem Sonntag gilt der von der EU, den G7-Staaten und Australien beschlossene Preisdeckel für russische Raffinerieprodukte, wenn Drittstaaten sie kaufen. Die Preisobergrenzen liegen bei 100 US-Dollar pro Barrel (rund 93 Euro für 159 Liter) für Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin und Benzin und 45 Dollar (rund 42 Euro) pro Barrel für weniger hochwertige Produkte wie Heizöl. Die Kombination aus Importstopp und Preisdeckel soll Russlands Einnahmen „signifikant reduzieren“ und zugleich die globalen Preise stabilisieren.

Wie soll der Preisdeckel durchgesetzt werden? Indem wichtige Dienstleistungen für die russischen Exporte, dazu zählen Transporte westlicher Reedereien oder Versicherungen, nur dann erlaubt sein sollen, wenn der Preis des exportierten Guts die gesetzte Obergrenze einhält.
Embargo für russische Raffinerieprodukte: Diesel könnte in Deutschland teurer werden
Doch nicht nur Russland wird der Preisdeckel treffen, auch für Deutschland sind Folgen zu erwarten. Dabei geht es geht vor allem um Diesel. 2022 deckte Deutschland laut dem Branchenverband Fuels und Energie rund 12,5 Prozent seines Diesel-Verbrauchs aus Russland, Ersatz komme aus den USA, Westeuropa und dem arabischen Raum. Für den Notfall gebe es eine Kraftstoffreserve für 90 Tage. Eine Versorgungslücke gibt es laut Fuels und Energie nicht. Benzin werde nicht aus Russland importiert.
Dennoch kann es nicht ausgeschlossen werden, dass Diesel an der Zapfsäule teurer wird. Doch mögliche Preisanstiege sind nach Ansicht des Düsseldorfer Energieexperten Jens Südekum begrenzt. Grund ist, dass vor Inkrafttreten des Embargos in den wichtigen Häfen Rotterdam, Antwerpen oder Amsterdam „Hamsterkäufe“ getätigt wurden. „Das heißt, man hat vor dem Embargo rangeschafft, was noch ging. Die Diesellager sind voll bis zum Anschlag“, so der Ökonom.
Allerdings weist Thomas Puls vom Institut der Deutschen Wirtschaft weist darauf hin, dass Diesel auf dem Weltmarkt knapp sei. Wenn die EU nicht mehr in Russland kaufe, müsse der Treibstoff aus entfernteren Gegenden kommen, etwa aus Saudi-Arabien. Die Kapazität der Spezialschiffe sei begrenzt, die Wege seien länger, die Transporte somit teurer.
Energielieferungen in die EU: Russland lieferte bisher täglich 600.000 Barrel Diesel
Der russische Energieexperte Alexej Belogorjew bezweifelt allerdings, dass die EU russische Lieferungen einfach so ersetzen kann. Allein an Diesel habe Russland bisher täglich 600.000 Barrel geliefert, die USA, Saudi-Arabien und Indien zusammen kämen auf 200.000 Barrel. Trotzdem erwarten Experten, dass die Sanktionen die russische Erzeugung von Erdölprodukten in diesem Jahr um 15 Prozent auf etwa 230 Millionen Tonnen senken werden.
Um welche Einnahmen es für Russland geht, zeigen folgende Zahlen. Noch im Oktober 2022 exportierte das Land nach den jüngsten Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat Erdölerzeugnisse wie Diesel im Wert von mehr als 2,3 Milliarden Euro in die EU. Allein nach Deutschland gingen damals Produkte im Wert von rund 558 Millionen Euro.
Folge der Energiesanktionen für Russland: Der Kreml gibt sich gelassen
Russland gibt es zwar nicht zu, doch die Sanktionen bei den Energielieferungen treffen das Land hart, wenn auch erst in der Zukunft. Denn 2022 sind Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl nach Angaben von Vize-Regierungschef Alexander Nowak noch um knapp ein Drittel gestiegen. Die Ausfuhr von Erdöl habe um sieben Prozent zugelegt. Das EU-Embargo gegen Rohöl auf Tankern griff aber erst zum 5. Dezember. Bei Gas gibt es kein Embargo, sondern Russland selbst hat die Exporte in die EU gedrosselt.
Die Führung in Moskau selbst gibt sich gelassen. Das Öl vermische sich ohnehin auf dem Weltmarkt, es finden sich andere Absatzwege, in Indien etwa. Allerdings muss Russland große Preisnachlässe gewähren, nach Südekums Angaben etwa 30 Prozent im Vergleich zu westlichen Ölsorten.
Embargo für russische Raffinerieprodukte: Drittstaaten profitieren von Schlupflöchern
Doch Russland scheint nach einer Recherche der britischen Wochenzeitung The Economist Wege gefunden zu haben, das Ölembargo zu umgehen. Demnach entwickelt sich ein Graumarkt mit eigenen Schiffs- und Versicherungskapazitäten, teils gestützt auf Garantien des russischen Staats. Gegen den internationalen Preisdeckel für Rohöl wehrte sich Putin mit der Anordnung, ab 1. Februar nicht mehr in Länder zu liefern, die ihn einhalten.
Südekum sieht auch bei der neuen Embargostufe Schlupflöcher: „Ein Haupteffekt des Embargos wird sein, dass russischer Diesel nicht mehr direkt in die EU gelangt, wohl aber indirekt. Russland liefert an Nationen wie Indien oder Saudi-Arabien, die das billige Öl einkaufen, in ihren Raffinerien verarbeiten und uns dann den Diesel verkaufen.“ Das sei nicht Sinn des Embargos.